Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des Himmels aus deinem Proselyten zu machen gedächtest -- hüte dich vor Bekehrungssucht! Bleibe da, wo der Herr dich hingestellet, in dem Berufe, den Seine alles lenkende Hand dir angewiesen hat. Gehe ohne bestimm- ten neuen Beruf nicht aus diesem Berufe heraus! Stel- le unberufen keine Reisen an, um Menschen zu deiner Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge- winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver- ständige und gute Menschen blendet, dieß beruflose Leh- ren und Belehren. Aber wahrlich, es ist Verletzung unserer ersten, heiligsten Pflichten -- und wie thöricht, sich selbst Läste aufzuladen, die man zu tragen doch nicht Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit sei- ner Weisheit und Kraft ausgerüstet dich senden, wenn Er dich brauchen will. Unterstehe dich nicht, etwas, das in eines andern Beruf einschlägt, und nicht in dei- nem bestimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne seinen ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünstelte Veranlassung zu thun. Laß dein Licht leuchten vorMatth. V. 16. den Menschen, auf daß sie deine gute Werke sehen, und den Vater, der im Himmel ist, preisen. Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottseeligkeit,1. Tim. VI. 11. 12. dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; Ergreife das ewige Leben. Kein Pro- phet des alten, kein Apostel des neuen Testaments that etwas ausserordentliches ohne ausserordentlichen Be- ruf -- Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be- vollmächtiget und gesendet zu werden.
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Heuchleriſche Bekehrungsſucht der ꝛc.
Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des Himmels aus deinem Proſelyten zu machen gedächteſt — hüte dich vor Bekehrungsſucht! Bleibe da, wo der Herr dich hingeſtellet, in dem Berufe, den Seine alles lenkende Hand dir angewieſen hat. Gehe ohne beſtimm- ten neuen Beruf nicht aus dieſem Berufe heraus! Stel- le unberufen keine Reiſen an, um Menſchen zu deiner Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge- winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver- ſtändige und gute Menſchen blendet, dieß berufloſe Leh- ren und Belehren. Aber wahrlich, es iſt Verletzung unſerer erſten, heiligſten Pflichten — und wie thöricht, ſich ſelbſt Läſte aufzuladen, die man zu tragen doch nicht Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit ſei- ner Weisheit und Kraft ausgerüſtet dich ſenden, wenn Er dich brauchen will. Unterſtehe dich nicht, etwas, das in eines andern Beruf einſchlägt, und nicht in dei- nem beſtimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne ſeinen ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünſtelte Veranlaſſung zu thun. Laß dein Licht leuchten vorMatth. V. 16. den Menſchen, auf daß ſie deine gute Werke ſehen, und den Vater, der im Himmel iſt, preiſen. Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottſeeligkeit,1. Tim. VI. 11. 12. dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; Ergreife das ewige Leben. Kein Pro- phet des alten, kein Apoſtel des neuen Teſtaments that etwas auſſerordentliches ohne auſſerordentlichen Be- ruf — Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be- vollmächtiget und geſendet zu werden.
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Heuchleriſche Bekehrungsſucht der ꝛc.
Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des
Himmels aus deinem Proſelyten zu machen gedächteſt —
hüte dich vor Bekehrungsſucht! Bleibe da, wo der
Herr dich hingeſtellet, in dem Berufe, den Seine alles
lenkende Hand dir angewieſen hat. Gehe ohne beſtimm-
ten neuen Beruf nicht aus dieſem Berufe heraus! Stel-
le unberufen keine Reiſen an, um Menſchen zu deiner
Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge-
winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver-
ſtändige und gute Menſchen blendet, dieß berufloſe Leh-
ren und Belehren. Aber wahrlich, es iſt Verletzung
unſerer erſten, heiligſten Pflichten — und wie thöricht,
ſich ſelbſt Läſte aufzuladen, die man zu tragen doch nicht
Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit ſei-
ner Weisheit und Kraft ausgerüſtet dich ſenden, wenn
Er dich brauchen will. Unterſtehe dich nicht, etwas,
das in eines andern Beruf einſchlägt, und nicht in dei-
nem beſtimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne ſeinen
ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünſtelte
Veranlaſſung zu thun. Laß dein Licht leuchten vor
den Menſchen, auf daß ſie deine gute Werke
ſehen, und den Vater, der im Himmel iſt, preiſen.
Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottſeeligkeit,
dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der
Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des
Glaubens; Ergreife das ewige Leben. Kein Pro-
phet des alten, kein Apoſtel des neuen Teſtaments
that etwas auſſerordentliches ohne auſſerordentlichen Be-
ruf — Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be-
vollmächtiget und geſendet zu werden.
Matth.
V. 16.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 361[381]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/389>, abgerufen am 23.11.2024.
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