Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
Heuchlerische Bekehrungssucht der etc.

Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des
Himmels
aus deinem Proselyten zu machen gedächtest --
hüte dich vor Bekehrungssucht! Bleibe da, wo der
Herr dich hingestellet, in dem Berufe, den Seine alles
lenkende Hand dir angewiesen hat. Gehe ohne bestimm-
ten neuen Beruf nicht aus diesem Berufe heraus! Stel-
le unberufen keine Reisen an, um Menschen zu deiner
Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge-
winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver-
ständige und gute Menschen blendet, dieß beruflose Leh-
ren und Belehren. Aber wahrlich, es ist Verletzung
unserer ersten, heiligsten Pflichten -- und wie thöricht,
sich selbst Läste aufzuladen, die man zu tragen doch nicht
Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit sei-
ner Weisheit und Kraft ausgerüstet dich senden, wenn
Er dich brauchen will. Unterstehe dich nicht, etwas,
das in eines andern Beruf einschlägt, und nicht in dei-
nem bestimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne seinen
ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünstelte
Veranlassung zu thun. Laß dein Licht leuchten vorMatth.
V. 16.

den Menschen, auf daß sie deine gute Werke
sehen, und den Vater, der im Himmel ist, preisen.
Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottseeligkeit,
1. Tim. VI.
11. 12.

dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der
Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des
Glaubens; Ergreife das ewige Leben.
Kein Pro-
phet des alten, kein Apostel des neuen Testaments
that etwas ausserordentliches ohne ausserordentlichen Be-
ruf -- Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be-
vollmächtiget und gesendet zu werden.

169.
Z 5
Heuchleriſche Bekehrungsſucht der ꝛc.

Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des
Himmels
aus deinem Proſelyten zu machen gedächteſt —
hüte dich vor Bekehrungsſucht! Bleibe da, wo der
Herr dich hingeſtellet, in dem Berufe, den Seine alles
lenkende Hand dir angewieſen hat. Gehe ohne beſtimm-
ten neuen Beruf nicht aus dieſem Berufe heraus! Stel-
le unberufen keine Reiſen an, um Menſchen zu deiner
Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge-
winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver-
ſtändige und gute Menſchen blendet, dieß berufloſe Leh-
ren und Belehren. Aber wahrlich, es iſt Verletzung
unſerer erſten, heiligſten Pflichten — und wie thöricht,
ſich ſelbſt Läſte aufzuladen, die man zu tragen doch nicht
Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit ſei-
ner Weisheit und Kraft ausgerüſtet dich ſenden, wenn
Er dich brauchen will. Unterſtehe dich nicht, etwas,
das in eines andern Beruf einſchlägt, und nicht in dei-
nem beſtimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne ſeinen
ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünſtelte
Veranlaſſung zu thun. Laß dein Licht leuchten vorMatth.
V. 16.

den Menſchen, auf daß ſie deine gute Werke
ſehen, und den Vater, der im Himmel iſt, preiſen.
Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottſeeligkeit,
1. Tim. VI.
11. 12.

dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der
Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des
Glaubens; Ergreife das ewige Leben.
Kein Pro-
phet des alten, kein Apoſtel des neuen Teſtaments
that etwas auſſerordentliches ohne auſſerordentlichen Be-
ruf — Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be-
vollmächtiget und geſendet zu werden.

169.
Z 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0389" n="361[381]"/>
            <fw place="top" type="header">Heuchleri&#x017F;che Bekehrungs&#x017F;ucht der &#xA75B;c.</fw><lb/>
            <p>Aber wenn du auch ungeheuchelt einen <hi rendition="#fr">Sohn des<lb/>
Himmels</hi> aus deinem Pro&#x017F;elyten zu machen gedächte&#x017F;t &#x2014;<lb/>
hüte dich vor <hi rendition="#fr">Bekehrungs&#x017F;ucht!</hi> Bleibe da, wo der<lb/>
Herr dich hinge&#x017F;tellet, in dem Berufe, den Seine alles<lb/>
lenkende Hand dir angewie&#x017F;en hat. Gehe ohne be&#x017F;timm-<lb/>
ten neuen Beruf nicht aus die&#x017F;em Berufe heraus! Stel-<lb/>
le unberufen keine Rei&#x017F;en an, um Men&#x017F;chen zu deiner<lb/>
Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge-<lb/>
winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver-<lb/>
&#x017F;tändige und gute Men&#x017F;chen blendet, dieß beruflo&#x017F;e Leh-<lb/>
ren und Belehren. Aber wahrlich, es i&#x017F;t Verletzung<lb/>
un&#x017F;erer er&#x017F;ten, heilig&#x017F;ten Pflichten &#x2014; und wie thöricht,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t Lä&#x017F;te aufzuladen, die man zu tragen doch nicht<lb/>
Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit &#x017F;ei-<lb/>
ner Weisheit und Kraft ausgerü&#x017F;tet dich <hi rendition="#fr">&#x017F;enden,</hi> wenn<lb/>
Er dich brauchen will. Unter&#x017F;tehe dich nicht, etwas,<lb/>
das in eines andern Beruf ein&#x017F;chlägt, und nicht in dei-<lb/>
nem be&#x017F;timmten ordentlichen Beruf liegt, ohne &#x017F;einen<lb/>
ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkün&#x017F;telte<lb/>
Veranla&#x017F;&#x017F;ung zu thun. <hi rendition="#fr">Laß dein Licht leuchten vor</hi><note place="right">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">V.</hi> 16.</note><lb/><hi rendition="#fr">den Men&#x017F;chen, auf daß &#x017F;ie deine gute Werke<lb/>
&#x017F;ehen, und den Vater, der im Himmel i&#x017F;t, prei&#x017F;en.<lb/>
Jage nach der Gerechtigkeit, der Gott&#x017F;eeligkeit,</hi><note place="right">1. Tim. <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/>
11. 12.</note><lb/><hi rendition="#fr">dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der<lb/>
Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des<lb/>
Glaubens; Ergreife das ewige Leben.</hi> Kein Pro-<lb/>
phet des alten, kein Apo&#x017F;tel des neuen Te&#x017F;taments<lb/>
that etwas au&#x017F;&#x017F;erordentliches ohne au&#x017F;&#x017F;erordentlichen Be-<lb/>
ruf &#x2014; Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be-<lb/>
vollmächtiget und ge&#x017F;endet zu werden.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">169.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361[381]/0389] Heuchleriſche Bekehrungsſucht der ꝛc. Aber wenn du auch ungeheuchelt einen Sohn des Himmels aus deinem Proſelyten zu machen gedächteſt — hüte dich vor Bekehrungsſucht! Bleibe da, wo der Herr dich hingeſtellet, in dem Berufe, den Seine alles lenkende Hand dir angewieſen hat. Gehe ohne beſtimm- ten neuen Beruf nicht aus dieſem Berufe heraus! Stel- le unberufen keine Reiſen an, um Menſchen zu deiner Ueberzeugung, deinem Glauben deiner Hoffnung zu ge- winnen. Es hat zwar viel Schein, der oft auch ver- ſtändige und gute Menſchen blendet, dieß berufloſe Leh- ren und Belehren. Aber wahrlich, es iſt Verletzung unſerer erſten, heiligſten Pflichten — und wie thöricht, ſich ſelbſt Läſte aufzuladen, die man zu tragen doch nicht Kraft hat. Der Herr wird dich rufen, wird mit ſei- ner Weisheit und Kraft ausgerüſtet dich ſenden, wenn Er dich brauchen will. Unterſtehe dich nicht, etwas, das in eines andern Beruf einſchlägt, und nicht in dei- nem beſtimmten ordentlichen Beruf liegt, ohne ſeinen ausdrücklichen Auftrag, oder dringende, unerkünſtelte Veranlaſſung zu thun. Laß dein Licht leuchten vor den Menſchen, auf daß ſie deine gute Werke ſehen, und den Vater, der im Himmel iſt, preiſen. Jage nach der Gerechtigkeit, der Gottſeeligkeit, dem Glauben, der Liebe, der Geduld, der Sanftmuth; Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; Ergreife das ewige Leben. Kein Pro- phet des alten, kein Apoſtel des neuen Teſtaments that etwas auſſerordentliches ohne auſſerordentlichen Be- ruf — Keiner gieng irgend wohin, ohne ausdrücklich be- vollmächtiget und geſendet zu werden. Matth. V. 16. 1. Tim. VI. 11. 12. 169. Z 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/389
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 361[381]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/389>, abgerufen am 23.11.2024.