Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus XXIII.
nossen, deine Freunde, vielleicht deine Lehrer und Füh-
rer hassen und von der sie selbst nichts wollen. Sie
können dir nichts geben, sie sind elend und jämmerlich
und blind und krank und nackt wie du, -- aber dir soll
nicht geholfen werden, weil sie sich nicht helfen lassen
wollen; -- Sie wollen nicht essen, darum sollst du auch
hungern -- Sie wollen nicht trinken, darum sollst du
fortdürsten, obgleich Speise und Trank im Ueberfluß
wäre.

Wer einem Dürftigen nicht geben kann oder will,
was er bedarf -- und ihn doch hindert, es von einem
Menschen zu empfangen, der's geben kann und will --
wer einen Hungrigen nicht speisen, einen Durstigen
nicht tränken, einen Nackenden nicht kleiden, einen
Kranken nicht gesund machen, einen Unwissenden nicht
belehren, einen Schwachen nicht stärken kann -- und
es ihm doch erschwehret, zu dem zu gehen, der das alles
kann und will -- darum weil er ihn beneidet und haßt,
der ist ein pharisäischer Tyrann, der seinem Weh! nicht
entrinnen wird.

167.
Unmenschlichkeit der Pharisäer gegen die
Wittwen und Waysen.
Matth.
XXIII. 14.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pha-
risäer, ihr Heuchler, dieweil ihr der Wittwen
Häuser fresset und unter dem Scheine lange be-
thet. Darum werdet ihr ein schwereres Gericht
empfangen.

Lange

Matthäus XXIII.
noſſen, deine Freunde, vielleicht deine Lehrer und Füh-
rer haſſen und von der ſie ſelbſt nichts wollen. Sie
können dir nichts geben, ſie ſind elend und jämmerlich
und blind und krank und nackt wie du, — aber dir ſoll
nicht geholfen werden, weil ſie ſich nicht helfen laſſen
wollen; — Sie wollen nicht eſſen, darum ſollſt du auch
hungern — Sie wollen nicht trinken, darum ſollſt du
fortdürſten, obgleich Speiſe und Trank im Ueberfluß
wäre.

Wer einem Dürftigen nicht geben kann oder will,
was er bedarf — und ihn doch hindert, es von einem
Menſchen zu empfangen, der’s geben kann und will —
wer einen Hungrigen nicht ſpeiſen, einen Durſtigen
nicht tränken, einen Nackenden nicht kleiden, einen
Kranken nicht geſund machen, einen Unwiſſenden nicht
belehren, einen Schwachen nicht ſtärken kann — und
es ihm doch erſchwehret, zu dem zu gehen, der das alles
kann und will — darum weil er ihn beneidet und haßt,
der iſt ein phariſäiſcher Tyrann, der ſeinem Weh! nicht
entrinnen wird.

167.
Unmenſchlichkeit der Phariſäer gegen die
Wittwen und Wayſen.
Matth.
XXIII. 14.

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pha-
riſäer, ihr Heuchler, dieweil ihr der Wittwen
Häuſer freſſet und unter dem Scheine lange be-
thet. Darum werdet ihr ein ſchwereres Gericht
empfangen.

Lange
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0386" n="358[378]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">XXIII.</hi></fw><lb/>
no&#x017F;&#x017F;en, deine Freunde, vielleicht deine Lehrer und Füh-<lb/>
rer ha&#x017F;&#x017F;en und von der &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t nichts wollen. Sie<lb/>
können dir nichts geben, &#x017F;ie &#x017F;ind elend und jämmerlich<lb/>
und blind und krank und nackt wie du, &#x2014; aber dir &#x017F;oll<lb/>
nicht geholfen werden, weil &#x017F;ie &#x017F;ich nicht helfen la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wollen; &#x2014; <hi rendition="#fr">Sie</hi> wollen nicht e&#x017F;&#x017F;en, darum &#x017F;oll&#x017F;t du auch<lb/>
hungern &#x2014; <hi rendition="#fr">Sie</hi> wollen nicht trinken, darum &#x017F;oll&#x017F;t du<lb/>
fortdür&#x017F;ten, obgleich Spei&#x017F;e und Trank im Ueberfluß<lb/>
wäre.</p><lb/>
            <p>Wer einem Dürftigen nicht geben kann oder will,<lb/>
was er bedarf &#x2014; und ihn doch hindert, es von einem<lb/>
Men&#x017F;chen zu empfangen, der&#x2019;s geben kann und will &#x2014;<lb/>
wer einen Hungrigen nicht &#x017F;pei&#x017F;en, einen Dur&#x017F;tigen<lb/>
nicht tränken, einen Nackenden nicht kleiden, einen<lb/>
Kranken nicht ge&#x017F;und machen, einen Unwi&#x017F;&#x017F;enden nicht<lb/>
belehren, einen Schwachen nicht &#x017F;tärken kann &#x2014; und<lb/>
es ihm doch er&#x017F;chwehret, zu dem zu gehen, der das alles<lb/>
kann und will &#x2014; darum weil er ihn beneidet und haßt,<lb/>
der i&#x017F;t ein phari&#x017F;äi&#x017F;cher Tyrann, der &#x017F;einem Weh! nicht<lb/>
entrinnen wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>167.<lb/>
Unmen&#x017F;chlichkeit der Phari&#x017F;äer gegen die<lb/>
Wittwen und Way&#x017F;en.</head><lb/>
            <note place="left">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">XXIII.</hi> 14.</note>
            <p> <hi rendition="#fr">Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pha-<lb/>
ri&#x017F;äer, ihr Heuchler, dieweil ihr der Wittwen<lb/>
Häu&#x017F;er fre&#x017F;&#x017F;et und unter dem Scheine lange be-<lb/>
thet. Darum werdet ihr ein &#x017F;chwereres Gericht<lb/>
empfangen.</hi> </p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Lange</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358[378]/0386] Matthäus XXIII. noſſen, deine Freunde, vielleicht deine Lehrer und Füh- rer haſſen und von der ſie ſelbſt nichts wollen. Sie können dir nichts geben, ſie ſind elend und jämmerlich und blind und krank und nackt wie du, — aber dir ſoll nicht geholfen werden, weil ſie ſich nicht helfen laſſen wollen; — Sie wollen nicht eſſen, darum ſollſt du auch hungern — Sie wollen nicht trinken, darum ſollſt du fortdürſten, obgleich Speiſe und Trank im Ueberfluß wäre. Wer einem Dürftigen nicht geben kann oder will, was er bedarf — und ihn doch hindert, es von einem Menſchen zu empfangen, der’s geben kann und will — wer einen Hungrigen nicht ſpeiſen, einen Durſtigen nicht tränken, einen Nackenden nicht kleiden, einen Kranken nicht geſund machen, einen Unwiſſenden nicht belehren, einen Schwachen nicht ſtärken kann — und es ihm doch erſchwehret, zu dem zu gehen, der das alles kann und will — darum weil er ihn beneidet und haßt, der iſt ein phariſäiſcher Tyrann, der ſeinem Weh! nicht entrinnen wird. 167. Unmenſchlichkeit der Phariſäer gegen die Wittwen und Wayſen. Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pha- riſäer, ihr Heuchler, dieweil ihr der Wittwen Häuſer freſſet und unter dem Scheine lange be- thet. Darum werdet ihr ein ſchwereres Gericht empfangen. Lange

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/386
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 358[378]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/386>, abgerufen am 23.11.2024.