sie an das Evangelium nicht glauben, und daß sie die christliche Religion für ein Werk menschlicher Erfindung halten, wenn solche Menschen sagen: "Christus kann &q;nicht, kann in keinem vernünftigen Sinne bey seinen &q;Jüngern seyn alle Tage bis an das Ende der Welt. &q;Er kann auf keine würksame Weise da gegenwärtig seyn &q;-- wo zween oder drey in seinem Namen versammelt &q;sind" -- so mögte man alles hingehen lassen. Aber, wenn diese Sprache unter Christen allgemein werden will; Ach! wenn Christen denjenigen einen Narren und Schwärmer heissen, der ehrlich und einfältig an Christi Verheissung glaubt, und seinen Glauben ganz unzweydeutig bekennt, auch, wenn er ihn nicht anders beweisen kann als durch Darlegung der Worte Chri- sti -- Ist dann eine stille sanfte Wehklage über den Ver- fall des Christenthums, so geradezu Heucheley, oder Af- fektation? (angenommene Ernsthaftigkeit?)
144. Vergebung der Beleidigungen.
Matth. XVIII.
Da trat Petrus zu ihm und sprach: Herr! Wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir sündiget, vergeben? Ist's genug siebenmahl? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: Nicht sieben- mahl; Sondern siebenzigmahl siebenmahl. Dar- um ist das Himmelreich gleich einem Könige, der mit seinen Knechten rechnen wollte. Und als er anfieng zu rechnen, kam ihm einer vor, der war
ihm
Matthäus XVIII.
ſie an das Evangelium nicht glauben, und daß ſie die chriſtliche Religion für ein Werk menſchlicher Erfindung halten, wenn ſolche Menſchen ſagen: „Chriſtus kann &q;nicht, kann in keinem vernünftigen Sinne bey ſeinen &q;Jüngern ſeyn alle Tage bis an das Ende der Welt. &q;Er kann auf keine würkſame Weiſe da gegenwärtig ſeyn &q;— wo zween oder drey in ſeinem Namen verſammelt &q;ſind„ — ſo mögte man alles hingehen laſſen. Aber, wenn dieſe Sprache unter Chriſten allgemein werden will; Ach! wenn Chriſten denjenigen einen Narren und Schwärmer heiſſen, der ehrlich und einfältig an Chriſti Verheiſſung glaubt, und ſeinen Glauben ganz unzweydeutig bekennt, auch, wenn er ihn nicht anders beweiſen kann als durch Darlegung der Worte Chri- ſti — Iſt dann eine ſtille ſanfte Wehklage über den Ver- fall des Chriſtenthums, ſo geradezu Heucheley, oder Af- fektation? (angenommene Ernſthaftigkeit?)
144. Vergebung der Beleidigungen.
Matth. XVIII.
Da trat Petrus zu ihm und ſprach: Herr! Wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an mir ſündiget, vergeben? Iſt’s genug ſiebenmahl? Jeſus ſprach zu ihm: Ich ſage dir: Nicht ſieben- mahl; Sondern ſiebenzigmahl ſiebenmahl. Dar- um iſt das Himmelreich gleich einem Könige, der mit ſeinen Knechten rechnen wollte. Und als er anfieng zu rechnen, kam ihm einer vor, der war
ihm
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[268[288]/0296]
Matthäus XVIII.
ſie an das Evangelium nicht glauben, und daß ſie die
chriſtliche Religion für ein Werk menſchlicher Erfindung
halten, wenn ſolche Menſchen ſagen: „Chriſtus kann
&q;nicht, kann in keinem vernünftigen Sinne bey ſeinen
&q;Jüngern ſeyn alle Tage bis an das Ende der Welt.
&q;Er kann auf keine würkſame Weiſe da gegenwärtig ſeyn
&q;— wo zween oder drey in ſeinem Namen verſammelt
&q;ſind„ — ſo mögte man alles hingehen laſſen. Aber,
wenn dieſe Sprache unter Chriſten allgemein werden
will; Ach! wenn Chriſten denjenigen einen Narren
und Schwärmer heiſſen, der ehrlich und einfältig an
Chriſti Verheiſſung glaubt, und ſeinen Glauben ganz
unzweydeutig bekennt, auch, wenn er ihn nicht anders
beweiſen kann als durch Darlegung der Worte Chri-
ſti — Iſt dann eine ſtille ſanfte Wehklage über den Ver-
fall des Chriſtenthums, ſo geradezu Heucheley, oder Af-
fektation? (angenommene Ernſthaftigkeit?)
144.
Vergebung der Beleidigungen.
Da trat Petrus zu ihm und ſprach: Herr!
Wie oft muß ich denn meinem Bruder, der an
mir ſündiget, vergeben? Iſt’s genug ſiebenmahl?
Jeſus ſprach zu ihm: Ich ſage dir: Nicht ſieben-
mahl; Sondern ſiebenzigmahl ſiebenmahl. Dar-
um iſt das Himmelreich gleich einem Könige, der
mit ſeinen Knechten rechnen wollte. Und als er
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 268[288]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/296>, abgerufen am 25.11.2024.
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