Glauben an göttliche Schriften. Seine Herrlichkeit, so wie Er als König in sein Reich kommen würde; Seine Gotteskraft und Hohheit wollte Christus eini- gen seiner Jünger zeigen. Andere, aber nicht geringe- re, sondern höhere Begriffe von Sich und seinem Rei- che wollt' Er ihnen beybringen, als sie hatten. Sie sollten durch das, was sie sähen und hörten, höher ge- stellt werden, als sie wirklich standen -- sollten gegen das Aergerniß, oder die Glaubenshindernisse, die seine Armuth, Niedrigkeit, Verhöhnung, und besonders seine Schmachvolle Hinrichtung nothwendig erregen mußten, verwahret und gestärkt werden. Sie sollten sein genaues (intimes) inniges Verhältniß mit Gott, und seine Erhabenheit über Moses und die Prophe- ten näher kennen lernen. Das grosse Ziel aller seiner Bemühungen, seiner Reden und Thaten, seines Leidens und Todes, seiner Auferstehung und Erhöhung -- das ewige göttliche Reich, wovon sie größtentheils so unrichtige, so rohe Begriffe hatten, sollte ihnen in ei- nem neuen Lichte erscheinen. Etwas davon, so viel nähmlich Menschenaugen, und ihre damahlige Gemüths- art ertragen mochten, sollte ihnen anschaubar werden. Sie sollten so viel wie möglich in das göttliche Reich, in das Erbtheil der Heiligen im Lichte versezt werden.
Ich weiß nicht, wie die heilige Schrift uns in kur- zem von dem, was Reich Gottes, Reich Christi, Himmelreich, Jesus Meßias heißt, einen wahre- ren, brauchbareren, herzlenkenderen Begriff geben
konn-
Matthäus XVII.
Glauben an göttliche Schriften. Seine Herrlichkeit, ſo wie Er als König in ſein Reich kommen würde; Seine Gotteskraft und Hohheit wollte Chriſtus eini- gen ſeiner Jünger zeigen. Andere, aber nicht geringe- re, ſondern höhere Begriffe von Sich und ſeinem Rei- che wollt’ Er ihnen beybringen, als ſie hatten. Sie ſollten durch das, was ſie ſähen und hörten, höher ge- ſtellt werden, als ſie wirklich ſtanden — ſollten gegen das Aergerniß, oder die Glaubenshinderniſſe, die ſeine Armuth, Niedrigkeit, Verhöhnung, und beſonders ſeine Schmachvolle Hinrichtung nothwendig erregen mußten, verwahret und geſtärkt werden. Sie ſollten ſein genaues (intimes) inniges Verhältniß mit Gott, und ſeine Erhabenheit über Moſes und die Prophe- ten näher kennen lernen. Das groſſe Ziel aller ſeiner Bemühungen, ſeiner Reden und Thaten, ſeines Leidens und Todes, ſeiner Auferſtehung und Erhöhung — das ewige göttliche Reich, wovon ſie größtentheils ſo unrichtige, ſo rohe Begriffe hatten, ſollte ihnen in ei- nem neuen Lichte erſcheinen. Etwas davon, ſo viel nähmlich Menſchenaugen, und ihre damahlige Gemüths- art ertragen mochten, ſollte ihnen anſchaubar werden. Sie ſollten ſo viel wie möglich in das göttliche Reich, in das Erbtheil der Heiligen im Lichte verſezt werden.
Ich weiß nicht, wie die heilige Schrift uns in kur- zem von dem, was Reich Gottes, Reich Chriſti, Himmelreich, Jeſus Meßias heißt, einen wahre- ren, brauchbareren, herzlenkenderen Begriff geben
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[232[252]/0260]
Matthäus XVII.
Glauben an göttliche Schriften. Seine Herrlichkeit,
ſo wie Er als König in ſein Reich kommen würde;
Seine Gotteskraft und Hohheit wollte Chriſtus eini-
gen ſeiner Jünger zeigen. Andere, aber nicht geringe-
re, ſondern höhere Begriffe von Sich und ſeinem Rei-
che wollt’ Er ihnen beybringen, als ſie hatten. Sie
ſollten durch das, was ſie ſähen und hörten, höher ge-
ſtellt werden, als ſie wirklich ſtanden — ſollten gegen
das Aergerniß, oder die Glaubenshinderniſſe, die ſeine
Armuth, Niedrigkeit, Verhöhnung, und beſonders
ſeine Schmachvolle Hinrichtung nothwendig erregen
mußten, verwahret und geſtärkt werden. Sie ſollten
ſein genaues (intimes) inniges Verhältniß mit Gott,
und ſeine Erhabenheit über Moſes und die Prophe-
ten näher kennen lernen. Das groſſe Ziel aller ſeiner
Bemühungen, ſeiner Reden und Thaten, ſeines Leidens
und Todes, ſeiner Auferſtehung und Erhöhung — das
ewige göttliche Reich, wovon ſie größtentheils ſo
unrichtige, ſo rohe Begriffe hatten, ſollte ihnen in ei-
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nähmlich Menſchenaugen, und ihre damahlige Gemüths-
art ertragen mochten, ſollte ihnen anſchaubar werden.
Sie ſollten ſo viel wie möglich in das göttliche Reich,
in das Erbtheil der Heiligen im Lichte verſezt
werden.
Ich weiß nicht, wie die heilige Schrift uns in kur-
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 232[252]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/260>, abgerufen am 28.11.2024.
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