Worte der Weisheit, die einen Zweck haben, der von aller Vernunft gebilligt werden muß. Ein gutes Herz bringt gute Worte hervor. Böse Worte böses Herz. Schreibe deine Worte eine Woche, einen Tag- lang auf, wenn du ohne äusserlichen Zwang reden konn- test; Du wirst dich bald kennen lernen. Ein einziges Wort kann von den Gesinnungen des Menschen schon erstaunlich viel aufschliessen. Ein einziges Scheltwort, Zornwort, Listwort, Trugwort, Schalckswort, Läster- wort, Lügenwort -- wovon müßte der Mensch Rechen- schaft geben, wenn nicht von einem jeglichen solchen Worte, wofern es nämlich nicht bereut, und das Herz von der Leidenschaft, von welcher es erzeugt ward, gerei- nigt worden? Wie ungeheuer versündigten sich die Feinde des Herrn vornehmlich durch Worte an Ihm! Sie thaten wenig, wollten und durften ihre Hände nicht an Ihn legen -- desto abscheulicher und lästerlicher waren ihre Worte wider Ihn. Unnütze, das heißt, boshafte Worte ha- ben Christum das Leben gekostet. -- "Wär' Er nicht ein Uebelthäter; So hätten wir Ihn dir nicht überliefert. Er verbeut dem Kayser Schoß zu geben. Kreutzige! Kreutzige! Wirst du diesen le- dig lassen; So bist du nicht des Kaysers Freund -- War nicht ein jedes dieser Worte ein Hammerschlag an's Kreutz? Und solche Worte sollten ohne Verantwor- tung vor den Ohren des Himmels ausgesprochen wer- den dürfen? -- -- Wer so reden kann, was kann der thun? Was thut der wirklich! Welche Dolchstösse in's Herz der Unschuld, welche Peitschenschläge für zarte
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Werth unſerer Worte.
Worte der Weisheit, die einen Zweck haben, der von aller Vernunft gebilligt werden muß. Ein gutes Herz bringt gute Worte hervor. Böſe Worte böſes Herz. Schreibe deine Worte eine Woche, einen Tag- lang auf, wenn du ohne äuſſerlichen Zwang reden konn- teſt; Du wirſt dich bald kennen lernen. Ein einziges Wort kann von den Geſinnungen des Menſchen ſchon erſtaunlich viel aufſchlieſſen. Ein einziges Scheltwort, Zornwort, Liſtwort, Trugwort, Schalckswort, Läſter- wort, Lügenwort — wovon müßte der Menſch Rechen- ſchaft geben, wenn nicht von einem jeglichen ſolchen Worte, wofern es nämlich nicht bereut, und das Herz von der Leidenſchaft, von welcher es erzeugt ward, gerei- nigt worden? Wie ungeheuer verſündigten ſich die Feinde des Herrn vornehmlich durch Worte an Ihm! Sie thaten wenig, wollten und durften ihre Hände nicht an Ihn legen — deſto abſcheulicher und läſterlicher waren ihre Worte wider Ihn. Unnütze, das heißt, boshafte Worte ha- ben Chriſtum das Leben gekoſtet. — „Wär’ Er nicht ein Uebelthäter; So hätten wir Ihn dir nicht überliefert. Er verbeut dem Kayſer Schoß zu geben. Kreutzige! Kreutzige! Wirſt du dieſen le- dig laſſen; So biſt du nicht des Kayſers Freund — War nicht ein jedes dieſer Worte ein Hammerſchlag an’s Kreutz? Und ſolche Worte ſollten ohne Verantwor- tung vor den Ohren des Himmels ausgeſprochen wer- den dürfen? — — Wer ſo reden kann, was kann der thun? Was thut der wirklich! Welche Dolchſtöſſe in’s Herz der Unſchuld, welche Peitſchenſchläge für zarte
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Werth unſerer Worte.
Worte der Weisheit, die einen Zweck haben, der von
aller Vernunft gebilligt werden muß. Ein gutes Herz
bringt gute Worte hervor. Böſe Worte böſes
Herz. Schreibe deine Worte eine Woche, einen Tag-
lang auf, wenn du ohne äuſſerlichen Zwang reden konn-
teſt; Du wirſt dich bald kennen lernen. Ein einziges
Wort kann von den Geſinnungen des Menſchen ſchon
erſtaunlich viel aufſchlieſſen. Ein einziges Scheltwort,
Zornwort, Liſtwort, Trugwort, Schalckswort, Läſter-
wort, Lügenwort — wovon müßte der Menſch Rechen-
ſchaft geben, wenn nicht von einem jeglichen ſolchen
Worte, wofern es nämlich nicht bereut, und das Herz
von der Leidenſchaft, von welcher es erzeugt ward, gerei-
nigt worden? Wie ungeheuer verſündigten ſich die Feinde
des Herrn vornehmlich durch Worte an Ihm! Sie thaten
wenig, wollten und durften ihre Hände nicht an Ihn legen
— deſto abſcheulicher und läſterlicher waren ihre Worte
wider Ihn. Unnütze, das heißt, boshafte Worte ha-
ben Chriſtum das Leben gekoſtet. — „Wär’ Er nicht
ein Uebelthäter; So hätten wir Ihn dir nicht
überliefert. Er verbeut dem Kayſer Schoß zu
geben. Kreutzige! Kreutzige! Wirſt du dieſen le-
dig laſſen; So biſt du nicht des Kayſers Freund
— War nicht ein jedes dieſer Worte ein Hammerſchlag
an’s Kreutz? Und ſolche Worte ſollten ohne Verantwor-
tung vor den Ohren des Himmels ausgeſprochen wer-
den dürfen? — — Wer ſo reden kann, was kann der
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 167[187]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/195>, abgerufen am 21.11.2024.
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