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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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ein solcher von der Kirche, also auch von Gott Ver-
fluchter, noch ein guter katholischer Christ seyn?
Und doch bilden sich manche Exmönche, sogar solche,
die doch nicht scheinen vernagelt zu seyn, in ihrem
Gehirne ein, sie könnten den guten Catholiken und
den anathematisirten Kuttendeserteur in einer Per-
son vereinigen. Aber die Herren, welche so den-
ken, scheinen sich mit der Zeit wieder bekehren zu
wollen: sie wollen nur eine Zeitlang das Vergnü-
gen der Freyheit und des lustigen Lebens genießen,
alsdann beichten, Buße thun, und im Schoos der
alleinseligmachenden Kirche, in der gnadeertheilen-
den Kutte des heiligen Franz, oder des heiligen
Dominicus sterben. So war zum Beyspiel seit
1792 ein gewisser Exmönch Succard hier in Halle,
welcher im Lateinischen Stunden gab, ohne das
Latein zu verstehen: denn Succard war nicht im
Stande, eine Zeile in einem Schriftsteller zu er-
klären. Das Dutzen im Lateinischen, meynte er,
sey Grobheit, ehedem in den groben Zeiten eines
Cicero und Virgilius mögte das so hingegangen
seyn; aber wir müßten die Sache besser verstehn',
und statt des ungeschliffenen Ciceronianischen: si
vales, bene est,
sagen: si vestra dominatio se bene
portat;
wäre es ein Geistlicher, müsse man vestra
Reverentia
sagen, zu einem Fürsten spräche der je-
tzige Lateiner vestra Serenitas, und zu einem Köni-

ein ſolcher von der Kirche, alſo auch von Gott Ver-
fluchter, noch ein guter katholiſcher Chriſt ſeyn?
Und doch bilden ſich manche Exmoͤnche, ſogar ſolche,
die doch nicht ſcheinen vernagelt zu ſeyn, in ihrem
Gehirne ein, ſie koͤnnten den guten Catholiken und
den anathematiſirten Kuttendeſerteur in einer Per-
ſon vereinigen. Aber die Herren, welche ſo den-
ken, ſcheinen ſich mit der Zeit wieder bekehren zu
wollen: ſie wollen nur eine Zeitlang das Vergnuͤ-
gen der Freyheit und des luſtigen Lebens genießen,
alsdann beichten, Buße thun, und im Schoos der
alleinſeligmachenden Kirche, in der gnadeertheilen-
den Kutte des heiligen Franz, oder des heiligen
Dominicus ſterben. So war zum Beyſpiel ſeit
1792 ein gewiſſer Exmoͤnch Succard hier in Halle,
welcher im Lateiniſchen Stunden gab, ohne das
Latein zu verſtehen: denn Succard war nicht im
Stande, eine Zeile in einem Schriftſteller zu er-
klaͤren. Das Dutzen im Lateiniſchen, meynte er,
ſey Grobheit, ehedem in den groben Zeiten eines
Cicero und Virgilius moͤgte das ſo hingegangen
ſeyn; aber wir muͤßten die Sache beſſer verſtehn',
und ſtatt des ungeſchliffenen Ciceronianiſchen: ſi
vales, bene eſt,
ſagen: ſi veſtra dominatio ſe bene
portat;
waͤre es ein Geiſtlicher, muͤſſe man veſtra
Reverentia
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tzige Lateiner veſtra Serenitas, und zu einem Koͤni-

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[85/0093] ein ſolcher von der Kirche, alſo auch von Gott Ver- fluchter, noch ein guter katholiſcher Chriſt ſeyn? Und doch bilden ſich manche Exmoͤnche, ſogar ſolche, die doch nicht ſcheinen vernagelt zu ſeyn, in ihrem Gehirne ein, ſie koͤnnten den guten Catholiken und den anathematiſirten Kuttendeſerteur in einer Per- ſon vereinigen. Aber die Herren, welche ſo den- ken, ſcheinen ſich mit der Zeit wieder bekehren zu wollen: ſie wollen nur eine Zeitlang das Vergnuͤ- gen der Freyheit und des luſtigen Lebens genießen, alsdann beichten, Buße thun, und im Schoos der alleinſeligmachenden Kirche, in der gnadeertheilen- den Kutte des heiligen Franz, oder des heiligen Dominicus ſterben. So war zum Beyſpiel ſeit 1792 ein gewiſſer Exmoͤnch Succard hier in Halle, welcher im Lateiniſchen Stunden gab, ohne das Latein zu verſtehen: denn Succard war nicht im Stande, eine Zeile in einem Schriftſteller zu er- klaͤren. Das Dutzen im Lateiniſchen, meynte er, ſey Grobheit, ehedem in den groben Zeiten eines Cicero und Virgilius moͤgte das ſo hingegangen ſeyn; aber wir muͤßten die Sache beſſer verſtehn', und ſtatt des ungeſchliffenen Ciceronianiſchen: ſi vales, bene eſt, ſagen: ſi veſtra dominatio ſe bene portat; waͤre es ein Geiſtlicher, muͤſſe man veſtra Reverentia ſagen, zu einem Fuͤrſten ſpraͤche der je- tzige Lateiner veſtra Serenitas, und zu einem Koͤni-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/93>, abgerufen am 27.04.2024.