In wiefern aber die Hallischen Professoren ein Recht hatten, gegen ein Theater in Halle selbst zu remonstriren und dasselbe, als der Akademie höchst nachtheilig zu verschreien, ist eine andre Frage? In Halle muß es nicht wenig auffallen, daß Professoren sich über ein Theater formalisiren, das in der Stadt errichtet werden soll, und das immer unter der Hallischen Polizey stehen würde, da doch eben die- se Professoren noch nicht das Geringste gethan ha- ben, um dem Unwesen und dem Schaden zu steu- ren, welchen die Akademie jährlich in der soge- nannten Badezeit durch die Lauchstädter Komödie leidet. Sobald das Lauchstädter Theater eröffnet wird, scheint die ganze Hallische Studenten- und Bürgerschaft wie von einem elektrischen Schlag getroffen zu seyn; alles strampelt und jubelt, und aus den Fenstern ruft man sich einander zu: Wis- sen Sie nicht, was heute gegeben wird? Können Sie mir nicht sagen, wenn Maria Stuart, wenn Abällino, wenn Don Juan u. s. w. gegeben wird? Ja, ruft der Student, Gott strafe mich, heute muß ich nach Lauchstädt: Die Räuber werden ge- geben, und das ist kein Hund. Ich muß hinüber, und sollt es Karbatschenstiele regnen. -- Der Vor- satz des Bürgers, und des Studenten wird auch auf alle Fälle ausgeführt, Lauchstädt wird besucht,
In wiefern aber die Halliſchen Profeſſoren ein Recht hatten, gegen ein Theater in Halle ſelbſt zu remonſtriren und daſſelbe, als der Akademie hoͤchſt nachtheilig zu verſchreien, iſt eine andre Frage? In Halle muß es nicht wenig auffallen, daß Profeſſoren ſich uͤber ein Theater formaliſiren, das in der Stadt errichtet werden ſoll, und das immer unter der Halliſchen Polizey ſtehen wuͤrde, da doch eben die- ſe Profeſſoren noch nicht das Geringſte gethan ha- ben, um dem Unweſen und dem Schaden zu ſteu- ren, welchen die Akademie jaͤhrlich in der ſoge- nannten Badezeit durch die Lauchſtaͤdter Komoͤdie leidet. Sobald das Lauchſtaͤdter Theater eroͤffnet wird, ſcheint die ganze Halliſche Studenten- und Buͤrgerſchaft wie von einem elektriſchen Schlag getroffen zu ſeyn; alles ſtrampelt und jubelt, und aus den Fenſtern ruft man ſich einander zu: Wiſ- ſen Sie nicht, was heute gegeben wird? Koͤnnen Sie mir nicht ſagen, wenn Maria Stuart, wenn Abaͤllino, wenn Don Juan u. ſ. w. gegeben wird? Ja, ruft der Student, Gott ſtrafe mich, heute muß ich nach Lauchſtaͤdt: Die Raͤuber werden ge- geben, und das iſt kein Hund. Ich muß hinuͤber, und ſollt es Karbatſchenſtiele regnen. — Der Vor- ſatz des Buͤrgers, und des Studenten wird auch auf alle Faͤlle ausgefuͤhrt, Lauchſtaͤdt wird beſucht,
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In wiefern aber die Halliſchen Profeſſoren ein
Recht hatten, gegen ein Theater in Halle ſelbſt zu
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nachtheilig zu verſchreien, iſt eine andre Frage? In
Halle muß es nicht wenig auffallen, daß Profeſſoren
ſich uͤber ein Theater formaliſiren, das in der Stadt
errichtet werden ſoll, und das immer unter der
Halliſchen Polizey ſtehen wuͤrde, da doch eben die-
ſe Profeſſoren noch nicht das Geringſte gethan ha-
ben, um dem Unweſen und dem Schaden zu ſteu-
ren, welchen die Akademie jaͤhrlich in der ſoge-
nannten Badezeit durch die Lauchſtaͤdter Komoͤdie
leidet. Sobald das Lauchſtaͤdter Theater eroͤffnet
wird, ſcheint die ganze Halliſche Studenten- und
Buͤrgerſchaft wie von einem elektriſchen Schlag
getroffen zu ſeyn; alles ſtrampelt und jubelt, und
aus den Fenſtern ruft man ſich einander zu: Wiſ-
ſen Sie nicht, was heute gegeben wird? Koͤnnen
Sie mir nicht ſagen, wenn Maria Stuart, wenn
Abaͤllino, wenn Don Juan u. ſ. w. gegeben wird?
Ja, ruft der Student, Gott ſtrafe mich, heute
muß ich nach Lauchſtaͤdt: Die Raͤuber werden ge-
geben, und das iſt kein Hund. Ich muß hinuͤber,
und ſollt es Karbatſchenſtiele regnen. — Der Vor-
ſatz des Buͤrgers, und des Studenten wird auch
auf alle Faͤlle ausgefuͤhrt, Lauchſtaͤdt wird beſucht,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/66>, abgerufen am 23.11.2024.
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