Welt, und die dort genannten Mamsellen Spa- dille und Manille sind bloß erdichtete Personen. Dieß ist meine Erklärung, welche mehr gelten muß, als alle Auslegungen müßiger Köpfe, auf welche der Spruch des Terentius *) angewendet werden kaun:
Faciunt nae intellegenda, ut nihil intellegant.
Indessen hat mir doch diese fatale Auslegung, welche wer weiß von wem zuerst ist aufgebracht worden, gar viel Verdruß zugezogen. Erstlich machte mir die Madam Ilschnerin selbst Vorwürfe drüber, und ich hatte alle Mühe anzuwenden, um sie nur gewisser Maaßen zu beruhigen, und dann hielten sich andre gleichfalls für beleidiget, und gingen mir zu Leibe: einer davon drohte mir sogar mit einer Klage. Ein gewißer Herr will sogar in der Rathsstube gesagt haben, von Mad. I. könne man skandolöse Nachrichten in Laukhards Büchern finden, und ein anderer wollte sich sogar drauf, als auf ein Document berufen. Man denkt leicht, daß mir so Etwas nicht gleichgültig seyn konnte: ich kümmere mich zwar sehr wenig um die Urtheile andrer Leute, aber ich mag doch nicht haben, daß man mich als einen Diffamanten ausschreie -- und das würde ich auf alle Fälle seyn, wenn ich wirk-
*)Terent. Andriae prolog.
Welt, und die dort genannten Mamſellen Spa- dille und Manille ſind bloß erdichtete Perſonen. Dieß iſt meine Erklaͤrung, welche mehr gelten muß, als alle Auslegungen muͤßiger Koͤpfe, auf welche der Spruch des Terentius *) angewendet werden kaun:
Faciunt nae intellegenda, ut nihil intellegant.
Indeſſen hat mir doch dieſe fatale Auslegung, welche wer weiß von wem zuerſt iſt aufgebracht worden, gar viel Verdruß zugezogen. Erſtlich machte mir die Madam Ilſchnerin ſelbſt Vorwuͤrfe druͤber, und ich hatte alle Muͤhe anzuwenden, um ſie nur gewiſſer Maaßen zu beruhigen, und dann hielten ſich andre gleichfalls fuͤr beleidiget, und gingen mir zu Leibe: einer davon drohte mir ſogar mit einer Klage. Ein gewißer Herr will ſogar in der Rathsſtube geſagt haben, von Mad. I. koͤnne man ſkandoloͤſe Nachrichten in Laukhards Buͤchern finden, und ein anderer wollte ſich ſogar drauf, als auf ein Document berufen. Man denkt leicht, daß mir ſo Etwas nicht gleichguͤltig ſeyn konnte: ich kuͤmmere mich zwar ſehr wenig um die Urtheile andrer Leute, aber ich mag doch nicht haben, daß man mich als einen Diffamanten ausſchreie — und das wuͤrde ich auf alle Faͤlle ſeyn, wenn ich wirk-
*)Terent. Andriae prolog.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0298"n="290"/>
Welt, und die dort genannten Mamſellen Spa-<lb/>
dille und Manille ſind bloß erdichtete Perſonen.<lb/>
Dieß iſt meine Erklaͤrung, welche mehr gelten<lb/>
muß, als alle Auslegungen muͤßiger Koͤpfe, auf<lb/>
welche der Spruch des Terentius <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#aq">Terent. Andriae prolog.</hi></note> angewendet<lb/>
werden kaun:</p><lb/><p><hirendition="#et"><hirendition="#aq">Faciunt nae intellegenda, ut nihil intellegant.</hi></hi></p><lb/><p>Indeſſen hat mir doch dieſe fatale Auslegung,<lb/>
welche wer weiß von wem zuerſt iſt aufgebracht<lb/>
worden, gar viel Verdruß zugezogen. Erſtlich<lb/>
machte mir die Madam Ilſchnerin ſelbſt Vorwuͤrfe<lb/>
druͤber, und ich hatte alle Muͤhe anzuwenden, um<lb/>ſie nur gewiſſer Maaßen zu beruhigen, und dann<lb/>
hielten ſich andre gleichfalls fuͤr beleidiget, und<lb/>
gingen mir zu Leibe: einer davon drohte mir ſogar<lb/>
mit einer Klage. Ein gewißer Herr will ſogar in<lb/>
der Rathsſtube geſagt haben, von Mad. I. koͤnne<lb/>
man ſkandoloͤſe Nachrichten in Laukhards Buͤchern<lb/>
finden, und ein anderer wollte ſich ſogar drauf, als<lb/>
auf ein Document berufen. Man denkt leicht,<lb/>
daß mir ſo Etwas nicht gleichguͤltig ſeyn konnte:<lb/>
ich kuͤmmere mich zwar ſehr wenig um die Urtheile<lb/>
andrer Leute, aber ich mag doch nicht haben, daß<lb/>
man mich als einen Diffamanten ausſchreie — und<lb/>
das wuͤrde ich auf alle Faͤlle ſeyn, wenn ich wirk-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[290/0298]
Welt, und die dort genannten Mamſellen Spa-
dille und Manille ſind bloß erdichtete Perſonen.
Dieß iſt meine Erklaͤrung, welche mehr gelten
muß, als alle Auslegungen muͤßiger Koͤpfe, auf
welche der Spruch des Terentius *) angewendet
werden kaun:
Faciunt nae intellegenda, ut nihil intellegant.
Indeſſen hat mir doch dieſe fatale Auslegung,
welche wer weiß von wem zuerſt iſt aufgebracht
worden, gar viel Verdruß zugezogen. Erſtlich
machte mir die Madam Ilſchnerin ſelbſt Vorwuͤrfe
druͤber, und ich hatte alle Muͤhe anzuwenden, um
ſie nur gewiſſer Maaßen zu beruhigen, und dann
hielten ſich andre gleichfalls fuͤr beleidiget, und
gingen mir zu Leibe: einer davon drohte mir ſogar
mit einer Klage. Ein gewißer Herr will ſogar in
der Rathsſtube geſagt haben, von Mad. I. koͤnne
man ſkandoloͤſe Nachrichten in Laukhards Buͤchern
finden, und ein anderer wollte ſich ſogar drauf, als
auf ein Document berufen. Man denkt leicht,
daß mir ſo Etwas nicht gleichguͤltig ſeyn konnte:
ich kuͤmmere mich zwar ſehr wenig um die Urtheile
andrer Leute, aber ich mag doch nicht haben, daß
man mich als einen Diffamanten ausſchreie — und
das wuͤrde ich auf alle Faͤlle ſeyn, wenn ich wirk-
*) Terent. Andriae prolog.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/298>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.