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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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warlich, es reuete mich nicht, des Hn. Assessors
wegen an die Regierung geschrieben zu haben --
und forderte also, daß Hr. Klappenbach mich ein-
stecken mögte. Ich kam nun auf die Bürgerstube,
ein Loch, bey dessen Anblick der Psychologe sowohl,
als der Criminalist und der Satyriker reichlichen
Stoff zu Expectorationen finden kann. Der Psy-
chologe würde sich wundern, daß die Hallenser zu-
geben, daß ein Pißfaß da steht, worin der Urin
mehrere Monate conservirt wird, und würde vom
dreymonatlichen Urin auf den Geschmack unserer
Herren Hallenser schließen, welche die Antiquitäten
auch in diesem Stücke zu lieben scheinen. Der Cri-
minalist würde sagen, das sey doch wohl kein Ge-
fängniß, dessen Wände ein kleiner Junge einstoßen
kann: und der Satyriker vollends -- doch suo
tempore plura!

Mein Hannchen brachte mir Kaffee, den ich frey-
lich erst hätte zu Hause trinken können, und mein
Fritzemann Acke wälzte sich auf dem in der Came-
ra obscura
d. i. dem Schlafzimmer liegenden
Stroh, und ward so voll Läuse, daß ihn meine
Frau in einigen Tagen nicht reinbringen konnte. *)

Kaum war es bekannt worden, Laukhard sey
auf dem Gute, das heißt, auf dem Arrest, so wur-

*) Haec phrasis notetur! Meinst du?

warlich, es reuete mich nicht, des Hn. Aſſeſſors
wegen an die Regierung geſchrieben zu haben —
und forderte alſo, daß Hr. Klappenbach mich ein-
ſtecken moͤgte. Ich kam nun auf die Buͤrgerſtube,
ein Loch, bey deſſen Anblick der Pſychologe ſowohl,
als der Criminaliſt und der Satyriker reichlichen
Stoff zu Expectorationen finden kann. Der Pſy-
chologe wuͤrde ſich wundern, daß die Hallenſer zu-
geben, daß ein Pißfaß da ſteht, worin der Urin
mehrere Monate conſervirt wird, und wuͤrde vom
dreymonatlichen Urin auf den Geſchmack unſerer
Herren Hallenſer ſchließen, welche die Antiquitaͤten
auch in dieſem Stuͤcke zu lieben ſcheinen. Der Cri-
minaliſt wuͤrde ſagen, das ſey doch wohl kein Ge-
faͤngniß, deſſen Waͤnde ein kleiner Junge einſtoßen
kann: und der Satyriker vollends — doch ſuo
tempore plura!

Mein Hannchen brachte mir Kaffee, den ich frey-
lich erſt haͤtte zu Hauſe trinken koͤnnen, und mein
Fritzemann Acke waͤlzte ſich auf dem in der Came-
ra obſcura
d. i. dem Schlafzimmer liegenden
Stroh, und ward ſo voll Laͤuſe, daß ihn meine
Frau in einigen Tagen nicht reinbringen konnte. *)

Kaum war es bekannt worden, Laukhard ſey
auf dem Gute, das heißt, auf dem Arreſt, ſo wur-

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[276/0284] warlich, es reuete mich nicht, des Hn. Aſſeſſors wegen an die Regierung geſchrieben zu haben — und forderte alſo, daß Hr. Klappenbach mich ein- ſtecken moͤgte. Ich kam nun auf die Buͤrgerſtube, ein Loch, bey deſſen Anblick der Pſychologe ſowohl, als der Criminaliſt und der Satyriker reichlichen Stoff zu Expectorationen finden kann. Der Pſy- chologe wuͤrde ſich wundern, daß die Hallenſer zu- geben, daß ein Pißfaß da ſteht, worin der Urin mehrere Monate conſervirt wird, und wuͤrde vom dreymonatlichen Urin auf den Geſchmack unſerer Herren Hallenſer ſchließen, welche die Antiquitaͤten auch in dieſem Stuͤcke zu lieben ſcheinen. Der Cri- minaliſt wuͤrde ſagen, das ſey doch wohl kein Ge- faͤngniß, deſſen Waͤnde ein kleiner Junge einſtoßen kann: und der Satyriker vollends — doch ſuo tempore plura! Mein Hannchen brachte mir Kaffee, den ich frey- lich erſt haͤtte zu Hauſe trinken koͤnnen, und mein Fritzemann Acke waͤlzte ſich auf dem in der Came- ra obſcura d. i. dem Schlafzimmer liegenden Stroh, und ward ſo voll Laͤuſe, daß ihn meine Frau in einigen Tagen nicht reinbringen konnte. *) Kaum war es bekannt worden, Laukhard ſey auf dem Gute, das heißt, auf dem Arreſt, ſo wur- *) Haec phraſis notetur! Meinſt du?

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/284>, abgerufen am 24.11.2024.