Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

sche Musik zu hören, sonst ging aber alles sehr an-
ständig zu, wenigstens weit anständiger, als sonst
in der Christmette zu Halle, wo die Studenten
Commerslieder sangen, Tabak rauchten, mit Stras-
senmenschern schäkerten, und diejenigen bescha-
bernakten, bey welchen sie einige Andacht bemer-
ken wollten. Unsre Studenten sind zwar jetzt viel
artiger, als damals, und doch ist es sehr gut, daß
die Christmette in Halle abgeschafft ist. Vielleicht
geschieht dieß auch bald in Nordhausen.

Nach der Christmette gab Hr. Lange eine klei-
ne Collation in seinem Hause, wobey sich unter
andern auch Hr. Koch, der Domküster, einfand.
In Nordhausen ist ein (bisheriges) Immediatstift,
welches man den Dom nennt. An keinem Ort ist so
eine Anstalt überflüßiger als in Nordhausen, wo
beynahe gar keine Katholiken sind, und doch sind
an diesem Stift fünf Canonici, ein Domsyndicus,
ein Cantor und eine Menge andrer Bedienten. Die
Canonici stehen sich recht gut, haben das Recht,
Bier und Schnapps zu schenken, aber nicht über
die Straße zu verkaufen: wer also das gute Dom-
bier schlucken will, muß die Herren selbst besuchen,
wo ihm dann aufgewartet wird. Die Territorial-
gerechtigkeit des Stifts ist mit Pfählen abgesteckt,
und der Domnepp oder Domgerichtsdiener darf sich
nicht über diese Pfähle in seinen Amtsverrichtungen

ſche Muſik zu hoͤren, ſonſt ging aber alles ſehr an-
ſtaͤndig zu, wenigſtens weit anſtaͤndiger, als ſonſt
in der Chriſtmette zu Halle, wo die Studenten
Commerslieder ſangen, Tabak rauchten, mit Straſ-
ſenmenſchern ſchaͤkerten, und diejenigen beſcha-
bernakten, bey welchen ſie einige Andacht bemer-
ken wollten. Unſre Studenten ſind zwar jetzt viel
artiger, als damals, und doch iſt es ſehr gut, daß
die Chriſtmette in Halle abgeſchafft iſt. Vielleicht
geſchieht dieß auch bald in Nordhauſen.

Nach der Chriſtmette gab Hr. Lange eine klei-
ne Collation in ſeinem Hauſe, wobey ſich unter
andern auch Hr. Koch, der Domkuͤſter, einfand.
In Nordhauſen iſt ein (bisheriges) Immediatſtift,
welches man den Dom nennt. An keinem Ort iſt ſo
eine Anſtalt uͤberfluͤßiger als in Nordhauſen, wo
beynahe gar keine Katholiken ſind, und doch ſind
an dieſem Stift fuͤnf Canonici, ein Domſyndicus,
ein Cantor und eine Menge andrer Bedienten. Die
Canonici ſtehen ſich recht gut, haben das Recht,
Bier und Schnapps zu ſchenken, aber nicht uͤber
die Straße zu verkaufen: wer alſo das gute Dom-
bier ſchlucken will, muß die Herren ſelbſt beſuchen,
wo ihm dann aufgewartet wird. Die Territorial-
gerechtigkeit des Stifts iſt mit Pfaͤhlen abgeſteckt,
und der Domnepp oder Domgerichtsdiener darf ſich
nicht uͤber dieſe Pfaͤhle in ſeinen Amtsverrichtungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="207"/>
&#x017F;che Mu&#x017F;ik zu ho&#x0364;ren, &#x017F;on&#x017F;t ging aber alles &#x017F;ehr an-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig zu, wenig&#x017F;tens weit an&#x017F;ta&#x0364;ndiger, als &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
in der Chri&#x017F;tmette zu Halle, wo die Studenten<lb/>
Commerslieder &#x017F;angen, Tabak rauchten, mit Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enmen&#x017F;chern &#x017F;cha&#x0364;kerten, und diejenigen be&#x017F;cha-<lb/>
bernakten, bey welchen &#x017F;ie einige Andacht bemer-<lb/>
ken wollten. Un&#x017F;re Studenten &#x017F;ind zwar jetzt viel<lb/>
artiger, als damals, und doch i&#x017F;t es &#x017F;ehr gut, daß<lb/>
die Chri&#x017F;tmette in Halle abge&#x017F;chafft i&#x017F;t. Vielleicht<lb/>
ge&#x017F;chieht dieß auch bald in Nordhau&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Nach der Chri&#x017F;tmette gab Hr. Lange eine klei-<lb/>
ne Collation in &#x017F;einem Hau&#x017F;e, wobey &#x017F;ich unter<lb/>
andern auch Hr. Koch, der Domku&#x0364;&#x017F;ter, einfand.<lb/>
In Nordhau&#x017F;en i&#x017F;t ein (bisheriges) Immediat&#x017F;tift,<lb/>
welches man den Dom nennt. An keinem Ort i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
eine An&#x017F;talt u&#x0364;berflu&#x0364;ßiger als in Nordhau&#x017F;en, wo<lb/>
beynahe gar keine Katholiken &#x017F;ind, und doch &#x017F;ind<lb/>
an die&#x017F;em Stift fu&#x0364;nf Canonici, ein Dom&#x017F;yndicus,<lb/>
ein Cantor und eine Menge andrer Bedienten. Die<lb/>
Canonici &#x017F;tehen &#x017F;ich recht gut, haben das Recht,<lb/>
Bier und Schnapps zu &#x017F;chenken, aber nicht u&#x0364;ber<lb/>
die Straße zu verkaufen: wer al&#x017F;o das gute Dom-<lb/>
bier &#x017F;chlucken will, muß die Herren &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;uchen,<lb/>
wo ihm dann aufgewartet wird. Die Territorial-<lb/>
gerechtigkeit des Stifts i&#x017F;t mit Pfa&#x0364;hlen abge&#x017F;teckt,<lb/>
und der Domnepp oder Domgerichtsdiener darf &#x017F;ich<lb/>
nicht u&#x0364;ber die&#x017F;e Pfa&#x0364;hle in &#x017F;einen Amtsverrichtungen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0215] ſche Muſik zu hoͤren, ſonſt ging aber alles ſehr an- ſtaͤndig zu, wenigſtens weit anſtaͤndiger, als ſonſt in der Chriſtmette zu Halle, wo die Studenten Commerslieder ſangen, Tabak rauchten, mit Straſ- ſenmenſchern ſchaͤkerten, und diejenigen beſcha- bernakten, bey welchen ſie einige Andacht bemer- ken wollten. Unſre Studenten ſind zwar jetzt viel artiger, als damals, und doch iſt es ſehr gut, daß die Chriſtmette in Halle abgeſchafft iſt. Vielleicht geſchieht dieß auch bald in Nordhauſen. Nach der Chriſtmette gab Hr. Lange eine klei- ne Collation in ſeinem Hauſe, wobey ſich unter andern auch Hr. Koch, der Domkuͤſter, einfand. In Nordhauſen iſt ein (bisheriges) Immediatſtift, welches man den Dom nennt. An keinem Ort iſt ſo eine Anſtalt uͤberfluͤßiger als in Nordhauſen, wo beynahe gar keine Katholiken ſind, und doch ſind an dieſem Stift fuͤnf Canonici, ein Domſyndicus, ein Cantor und eine Menge andrer Bedienten. Die Canonici ſtehen ſich recht gut, haben das Recht, Bier und Schnapps zu ſchenken, aber nicht uͤber die Straße zu verkaufen: wer alſo das gute Dom- bier ſchlucken will, muß die Herren ſelbſt beſuchen, wo ihm dann aufgewartet wird. Die Territorial- gerechtigkeit des Stifts iſt mit Pfaͤhlen abgeſteckt, und der Domnepp oder Domgerichtsdiener darf ſich nicht uͤber dieſe Pfaͤhle in ſeinen Amtsverrichtungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/215
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/215>, abgerufen am 24.11.2024.