Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

worden sind. Außerdem ist Fromm ein Philosoph,
und räsonnirt über alle Gegenstände der Metaphy-
sik, der Moral und der Politik sehr geläufig, aber auch
so grundgelehrt, daß ich bey aller Anstrengung
meiner Aufmerksamkeit, doch nie so glücklich seyn
konnte, ihn zu verstehen. Es giebt jedoch Leute
zu Nordhausen, welche den Mann eben deßwegen
für einen großen Geist und gründlichen Denker
halten, weil er stets so spricht, daß man unmög-
lich absehen kann, wovon eigentlich die Rede ist,
ob von der Revolution in Frankreich oder dem
pomphaften Aufzug des Kaysers von Sina. Die-
ses aber und ähnliche Kleinigkeiten, welche ins
Sonderbare fallen, ausgenommen, ist Fromm ein
kreuzbraver rechtschaffner Mann, welcher das Ver-
trauen aller derer verdient, die mit ihm zu thun
haben.

Herr Bock, der Schuster, hat mir während
meines Aufenthalts in Nordhausen manche ver-
gnügte Stunde gemacht. Der Justizcommissar
kann diesen Mann wohl leiden, wegen seiner Origi-
nal[i]tät, und seine hübsche junge Frau wird ihm auch
gewiß keine Feinde machen, da er, wahrscheinlich
weil ers nicht nöthig hat, durchaus nicht eifersüch-
tig ist. Es ist auch überhaupt eine ganz närrische
Sache um die Eifersucht, die auf jeden Fall überflüs-
sig und nachtheilig ist, da der Eifersüchtige stets är-

worden ſind. Außerdem iſt Fromm ein Philoſoph,
und raͤſonnirt uͤber alle Gegenſtaͤnde der Metaphy-
ſik, der Moral und der Politik ſehr gelaͤufig, aber auch
ſo grundgelehrt, daß ich bey aller Anſtrengung
meiner Aufmerkſamkeit, doch nie ſo gluͤcklich ſeyn
konnte, ihn zu verſtehen. Es giebt jedoch Leute
zu Nordhauſen, welche den Mann eben deßwegen
fuͤr einen großen Geiſt und gruͤndlichen Denker
halten, weil er ſtets ſo ſpricht, daß man unmoͤg-
lich abſehen kann, wovon eigentlich die Rede iſt,
ob von der Revolution in Frankreich oder dem
pomphaften Aufzug des Kayſers von Sina. Die-
ſes aber und aͤhnliche Kleinigkeiten, welche ins
Sonderbare fallen, ausgenommen, iſt Fromm ein
kreuzbraver rechtſchaffner Mann, welcher das Ver-
trauen aller derer verdient, die mit ihm zu thun
haben.

Herr Bock, der Schuſter, hat mir waͤhrend
meines Aufenthalts in Nordhauſen manche ver-
gnuͤgte Stunde gemacht. Der Juſtizcommiſſar
kann dieſen Mann wohl leiden, wegen ſeiner Origi-
nal[i]taͤt, und ſeine huͤbſche junge Frau wird ihm auch
gewiß keine Feinde machen, da er, wahrſcheinlich
weil ers nicht noͤthig hat, durchaus nicht eiferſuͤch-
tig iſt. Es iſt auch uͤberhaupt eine ganz naͤrriſche
Sache um die Eiferſucht, die auf jeden Fall uͤberfluͤſ-
ſig und nachtheilig iſt, da der Eiferſuͤchtige ſtets aͤr-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
worden &#x017F;ind. Außerdem i&#x017F;t Fromm ein Philo&#x017F;oph,<lb/>
und ra&#x0364;&#x017F;onnirt u&#x0364;ber alle Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde der Metaphy-<lb/>
&#x017F;ik, der Moral und der Politik &#x017F;ehr gela&#x0364;ufig, aber auch<lb/>
&#x017F;o grundgelehrt, daß ich bey aller An&#x017F;trengung<lb/>
meiner Aufmerk&#x017F;amkeit, doch nie &#x017F;o glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn<lb/>
konnte, ihn zu ver&#x017F;tehen. Es giebt jedoch Leute<lb/>
zu Nordhau&#x017F;en, welche den Mann eben deßwegen<lb/>
fu&#x0364;r einen großen Gei&#x017F;t und gru&#x0364;ndlichen Denker<lb/>
halten, weil er &#x017F;tets &#x017F;o &#x017F;pricht, daß man unmo&#x0364;g-<lb/>
lich ab&#x017F;ehen kann, wovon eigentlich die Rede i&#x017F;t,<lb/>
ob von der Revolution in Frankreich oder dem<lb/>
pomphaften Aufzug des Kay&#x017F;ers von Sina. Die-<lb/>
&#x017F;es aber und a&#x0364;hnliche Kleinigkeiten, welche ins<lb/>
Sonderbare fallen, ausgenommen, i&#x017F;t Fromm ein<lb/>
kreuzbraver recht&#x017F;chaffner Mann, welcher das Ver-<lb/>
trauen aller derer verdient, die mit ihm zu thun<lb/>
haben.</p><lb/>
        <p>Herr Bock, der Schu&#x017F;ter, hat mir wa&#x0364;hrend<lb/>
meines Aufenthalts in Nordhau&#x017F;en manche ver-<lb/>
gnu&#x0364;gte Stunde gemacht. Der Ju&#x017F;tizcommi&#x017F;&#x017F;ar<lb/>
kann die&#x017F;en Mann wohl leiden, wegen &#x017F;einer Origi-<lb/>
nal<supplied>i</supplied>ta&#x0364;t, und &#x017F;eine hu&#x0364;b&#x017F;che junge Frau wird ihm auch<lb/>
gewiß keine Feinde machen, da er, wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
weil ers nicht no&#x0364;thig hat, durchaus nicht eifer&#x017F;u&#x0364;ch-<lb/>
tig i&#x017F;t. Es i&#x017F;t auch u&#x0364;berhaupt eine ganz na&#x0364;rri&#x017F;che<lb/>
Sache um die Eifer&#x017F;ucht, die auf jeden Fall u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ig und nachtheilig i&#x017F;t, da der Eifer&#x017F;u&#x0364;chtige &#x017F;tets a&#x0364;r-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] worden ſind. Außerdem iſt Fromm ein Philoſoph, und raͤſonnirt uͤber alle Gegenſtaͤnde der Metaphy- ſik, der Moral und der Politik ſehr gelaͤufig, aber auch ſo grundgelehrt, daß ich bey aller Anſtrengung meiner Aufmerkſamkeit, doch nie ſo gluͤcklich ſeyn konnte, ihn zu verſtehen. Es giebt jedoch Leute zu Nordhauſen, welche den Mann eben deßwegen fuͤr einen großen Geiſt und gruͤndlichen Denker halten, weil er ſtets ſo ſpricht, daß man unmoͤg- lich abſehen kann, wovon eigentlich die Rede iſt, ob von der Revolution in Frankreich oder dem pomphaften Aufzug des Kayſers von Sina. Die- ſes aber und aͤhnliche Kleinigkeiten, welche ins Sonderbare fallen, ausgenommen, iſt Fromm ein kreuzbraver rechtſchaffner Mann, welcher das Ver- trauen aller derer verdient, die mit ihm zu thun haben. Herr Bock, der Schuſter, hat mir waͤhrend meines Aufenthalts in Nordhauſen manche ver- gnuͤgte Stunde gemacht. Der Juſtizcommiſſar kann dieſen Mann wohl leiden, wegen ſeiner Origi- nalitaͤt, und ſeine huͤbſche junge Frau wird ihm auch gewiß keine Feinde machen, da er, wahrſcheinlich weil ers nicht noͤthig hat, durchaus nicht eiferſuͤch- tig iſt. Es iſt auch uͤberhaupt eine ganz naͤrriſche Sache um die Eiferſucht, die auf jeden Fall uͤberfluͤſ- ſig und nachtheilig iſt, da der Eiferſuͤchtige ſtets aͤr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/210
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/210>, abgerufen am 02.05.2024.