sie grobe Flegel heiße. In Coblenz ward mein Premßler dem Generalchirurgus bekannt, und die- ser versezte ihn zum Feldlazareth, wo er auch bis an das Ende des Kriegs geblieben ist. Ich sah ihn diese Zeit über nur selten, da ihm seine Ge- schäfte nicht erlaubten, weite Turen zu unter- nehmen. Als ich 1795 wieder nach Halle kam, fand ich meinen Freund Premßler daselbst, und nun wurde unser Umgang wie ehedem fortgesetzt. Wir waren fast täglich beysammen, vorzüglich auf der Mail und auf dem Keller, wo seit 1796 un- ser gemeinschaftlicher Freund, Herr Heynemann, Pächter war.
Premßler war in der Stadt als ein geschickter Mann bekannt, und viele Leute bedienten sich sei- nes Raths und seiner Hülfe in Nothfällen. Ein gewisser Herr von Adel, der damals hier studierte, hatte sich bey einem inficirten Mädchen so verdor- ben, daß er weder gehen noch stehen konnte. Premßler curirte ihn glücklich. Der gnädige Herr ließ sich die Rechnung machen, fand sie billig, und versprach nicht nur bald zu bezahlen, sondern noch obendrein ein gutes Präsent zu geben. Premß- ler erzählte mir dieß, und meynte, nun wäre es schon so gut, als wenn er sein Honorar und das Präsent schon wirklich in Händen hätte. Ich kannte aber die Studenten besser, und besonders jene,
L 2
ſie grobe Flegel heiße. In Coblenz ward mein Premßler dem Generalchirurgus bekannt, und die- ſer verſezte ihn zum Feldlazareth, wo er auch bis an das Ende des Kriegs geblieben iſt. Ich ſah ihn dieſe Zeit uͤber nur ſelten, da ihm ſeine Ge- ſchaͤfte nicht erlaubten, weite Turen zu unter- nehmen. Als ich 1795 wieder nach Halle kam, fand ich meinen Freund Premßler daſelbſt, und nun wurde unſer Umgang wie ehedem fortgeſetzt. Wir waren faſt taͤglich beyſammen, vorzuͤglich auf der Mail und auf dem Keller, wo ſeit 1796 un- ſer gemeinſchaftlicher Freund, Herr Heynemann, Paͤchter war.
Premßler war in der Stadt als ein geſchickter Mann bekannt, und viele Leute bedienten ſich ſei- nes Raths und ſeiner Huͤlfe in Nothfaͤllen. Ein gewiſſer Herr von Adel, der damals hier ſtudierte, hatte ſich bey einem inficirten Maͤdchen ſo verdor- ben, daß er weder gehen noch ſtehen konnte. Premßler curirte ihn gluͤcklich. Der gnaͤdige Herr ließ ſich die Rechnung machen, fand ſie billig, und verſprach nicht nur bald zu bezahlen, ſondern noch obendrein ein gutes Praͤſent zu geben. Premß- ler erzaͤhlte mir dieß, und meynte, nun waͤre es ſchon ſo gut, als wenn er ſein Honorar und das Praͤſent ſchon wirklich in Haͤnden haͤtte. Ich kannte aber die Studenten beſſer, und beſonders jene,
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0171"n="163"/>ſie grobe Flegel heiße. In Coblenz ward mein<lb/>
Premßler dem Generalchirurgus bekannt, und die-<lb/>ſer verſezte ihn zum Feldlazareth, wo er auch bis<lb/>
an das Ende des Kriegs geblieben iſt. Ich ſah<lb/>
ihn dieſe Zeit uͤber nur ſelten, da ihm ſeine Ge-<lb/>ſchaͤfte nicht erlaubten, weite Turen zu unter-<lb/>
nehmen. Als ich 1795 wieder nach Halle kam,<lb/>
fand ich meinen Freund Premßler daſelbſt, und<lb/>
nun wurde unſer Umgang wie ehedem fortgeſetzt.<lb/>
Wir waren faſt taͤglich beyſammen, vorzuͤglich auf<lb/>
der Mail und auf dem Keller, wo ſeit 1796 un-<lb/>ſer gemeinſchaftlicher Freund, Herr Heynemann,<lb/>
Paͤchter war.</p><lb/><p>Premßler war in der Stadt als ein geſchickter<lb/>
Mann bekannt, und viele Leute bedienten ſich ſei-<lb/>
nes Raths und ſeiner Huͤlfe in Nothfaͤllen. Ein<lb/>
gewiſſer Herr von Adel, der damals hier ſtudierte,<lb/>
hatte ſich bey einem inficirten Maͤdchen ſo verdor-<lb/>
ben, daß er weder gehen noch ſtehen konnte.<lb/>
Premßler curirte ihn gluͤcklich. Der gnaͤdige Herr<lb/>
ließ ſich die Rechnung machen, fand ſie billig,<lb/>
und verſprach nicht nur bald zu bezahlen, ſondern<lb/>
noch obendrein ein gutes Praͤſent zu geben. Premß-<lb/>
ler erzaͤhlte mir dieß, und meynte, nun waͤre es<lb/>ſchon ſo gut, als wenn er ſein Honorar und das<lb/>
Praͤſent ſchon wirklich in Haͤnden haͤtte. Ich<lb/>
kannte aber die Studenten beſſer, und beſonders jene,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[163/0171]
ſie grobe Flegel heiße. In Coblenz ward mein
Premßler dem Generalchirurgus bekannt, und die-
ſer verſezte ihn zum Feldlazareth, wo er auch bis
an das Ende des Kriegs geblieben iſt. Ich ſah
ihn dieſe Zeit uͤber nur ſelten, da ihm ſeine Ge-
ſchaͤfte nicht erlaubten, weite Turen zu unter-
nehmen. Als ich 1795 wieder nach Halle kam,
fand ich meinen Freund Premßler daſelbſt, und
nun wurde unſer Umgang wie ehedem fortgeſetzt.
Wir waren faſt taͤglich beyſammen, vorzuͤglich auf
der Mail und auf dem Keller, wo ſeit 1796 un-
ſer gemeinſchaftlicher Freund, Herr Heynemann,
Paͤchter war.
Premßler war in der Stadt als ein geſchickter
Mann bekannt, und viele Leute bedienten ſich ſei-
nes Raths und ſeiner Huͤlfe in Nothfaͤllen. Ein
gewiſſer Herr von Adel, der damals hier ſtudierte,
hatte ſich bey einem inficirten Maͤdchen ſo verdor-
ben, daß er weder gehen noch ſtehen konnte.
Premßler curirte ihn gluͤcklich. Der gnaͤdige Herr
ließ ſich die Rechnung machen, fand ſie billig,
und verſprach nicht nur bald zu bezahlen, ſondern
noch obendrein ein gutes Praͤſent zu geben. Premß-
ler erzaͤhlte mir dieß, und meynte, nun waͤre es
ſchon ſo gut, als wenn er ſein Honorar und das
Praͤſent ſchon wirklich in Haͤnden haͤtte. Ich
kannte aber die Studenten beſſer, und beſonders jene,
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/171>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.