gestellt, wobey ich damals als Soldat stand. Ich ward sehr bald mit ihm bekannt, und von der er- sten Zeit unsrer Bekanntschaft waren wir unzer- trennliche Freunde. Wir liebten beyde muntere Gesellschaften, und muntere Unterhaltung, und so trafen wir uns fast täglich auf dem Rathskeller oder bey Sander in den neuen Häusern, oder sonst wo lustige Leute zusammen kamen, und sich die Zeit vertrieben. Ich will nicht sagen, daß Premß- ler ein Freund von der Völlerey und andern Aus- schweifungen gewesen sey: selten, sehr selten sahe ich ihn betrunken. Sein Umgang war angenehm, wenn er aber jemand, besonders ein Frauenzimmer, herumholen wollte, wußte er seinen Gegenstand so hübsch aufs Korn zu nehmen, daß ihm die Augen hätten übergehen mögen. Meiner damali- gen Wirthin, der Frau Gruneberg, ward es im- mer Angst und bange, wenn Premßler in ihr Zim- mer trat, und ein frommes Gespräch mit ihr an- fing, welches sich immer auf Sarcasmen endigte.
Als wir 1792 ins Feld zogen, blieb Premßler bis Coblenz bey der Compagnie, und vertheidigte mich in Gießen gegen den groben Müller, der mich bey meinem Hauptmann verklagt hatte: denn die groben Flegel, so grob und impertinent sie auch immer seyn mögen, wollen es doch nicht leiden, daß man ihnen den kompetenten Namen gebe, und
geſtellt, wobey ich damals als Soldat ſtand. Ich ward ſehr bald mit ihm bekannt, und von der er- ſten Zeit unſrer Bekanntſchaft waren wir unzer- trennliche Freunde. Wir liebten beyde muntere Geſellſchaften, und muntere Unterhaltung, und ſo trafen wir uns faſt taͤglich auf dem Rathskeller oder bey Sander in den neuen Haͤuſern, oder ſonſt wo luſtige Leute zuſammen kamen, und ſich die Zeit vertrieben. Ich will nicht ſagen, daß Premß- ler ein Freund von der Voͤllerey und andern Aus- ſchweifungen geweſen ſey: ſelten, ſehr ſelten ſahe ich ihn betrunken. Sein Umgang war angenehm, wenn er aber jemand, beſonders ein Frauenzimmer, herumholen wollte, wußte er ſeinen Gegenſtand ſo huͤbſch aufs Korn zu nehmen, daß ihm die Augen haͤtten uͤbergehen moͤgen. Meiner damali- gen Wirthin, der Frau Gruneberg, ward es im- mer Angſt und bange, wenn Premßler in ihr Zim- mer trat, und ein frommes Geſpraͤch mit ihr an- fing, welches ſich immer auf Sarcasmen endigte.
Als wir 1792 ins Feld zogen, blieb Premßler bis Coblenz bey der Compagnie, und vertheidigte mich in Gießen gegen den groben Muͤller, der mich bey meinem Hauptmann verklagt hatte: denn die groben Flegel, ſo grob und impertinent ſie auch immer ſeyn moͤgen, wollen es doch nicht leiden, daß man ihnen den kompetenten Namen gebe, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0170"n="162"/>
geſtellt, wobey ich damals als Soldat ſtand. Ich<lb/>
ward ſehr bald mit ihm bekannt, und von der er-<lb/>ſten Zeit unſrer Bekanntſchaft waren wir unzer-<lb/>
trennliche Freunde. Wir liebten beyde muntere<lb/>
Geſellſchaften, und muntere Unterhaltung, und<lb/>ſo trafen wir uns faſt taͤglich auf dem Rathskeller<lb/>
oder bey Sander in den neuen Haͤuſern, oder ſonſt<lb/>
wo luſtige Leute zuſammen kamen, und ſich die<lb/>
Zeit vertrieben. Ich will nicht ſagen, daß Premß-<lb/>
ler ein Freund von der Voͤllerey und andern Aus-<lb/>ſchweifungen geweſen ſey: ſelten, ſehr ſelten ſahe<lb/>
ich ihn betrunken. Sein Umgang war angenehm,<lb/>
wenn er aber jemand, beſonders ein Frauenzimmer,<lb/>
herumholen wollte, wußte er ſeinen Gegenſtand<lb/>ſo huͤbſch aufs Korn zu nehmen, daß ihm die<lb/>
Augen haͤtten uͤbergehen moͤgen. Meiner damali-<lb/>
gen Wirthin, der Frau Gruneberg, ward es im-<lb/>
mer Angſt und bange, wenn Premßler in ihr Zim-<lb/>
mer trat, und ein frommes Geſpraͤch mit ihr an-<lb/>
fing, welches ſich immer auf Sarcasmen endigte.</p><lb/><p>Als wir 1792 ins Feld zogen, blieb Premßler<lb/>
bis Coblenz bey der Compagnie, und vertheidigte<lb/>
mich in Gießen gegen den groben Muͤller, der mich<lb/>
bey meinem Hauptmann verklagt hatte: denn die<lb/>
groben Flegel, ſo grob und impertinent ſie auch<lb/>
immer ſeyn moͤgen, wollen es doch nicht leiden,<lb/>
daß man ihnen den kompetenten Namen gebe, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[162/0170]
geſtellt, wobey ich damals als Soldat ſtand. Ich
ward ſehr bald mit ihm bekannt, und von der er-
ſten Zeit unſrer Bekanntſchaft waren wir unzer-
trennliche Freunde. Wir liebten beyde muntere
Geſellſchaften, und muntere Unterhaltung, und
ſo trafen wir uns faſt taͤglich auf dem Rathskeller
oder bey Sander in den neuen Haͤuſern, oder ſonſt
wo luſtige Leute zuſammen kamen, und ſich die
Zeit vertrieben. Ich will nicht ſagen, daß Premß-
ler ein Freund von der Voͤllerey und andern Aus-
ſchweifungen geweſen ſey: ſelten, ſehr ſelten ſahe
ich ihn betrunken. Sein Umgang war angenehm,
wenn er aber jemand, beſonders ein Frauenzimmer,
herumholen wollte, wußte er ſeinen Gegenſtand
ſo huͤbſch aufs Korn zu nehmen, daß ihm die
Augen haͤtten uͤbergehen moͤgen. Meiner damali-
gen Wirthin, der Frau Gruneberg, ward es im-
mer Angſt und bange, wenn Premßler in ihr Zim-
mer trat, und ein frommes Geſpraͤch mit ihr an-
fing, welches ſich immer auf Sarcasmen endigte.
Als wir 1792 ins Feld zogen, blieb Premßler
bis Coblenz bey der Compagnie, und vertheidigte
mich in Gießen gegen den groben Muͤller, der mich
bey meinem Hauptmann verklagt hatte: denn die
groben Flegel, ſo grob und impertinent ſie auch
immer ſeyn moͤgen, wollen es doch nicht leiden,
daß man ihnen den kompetenten Namen gebe, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/170>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.