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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Liebe und Minneglück gebildet haben, womit die
Bordellerey und Menscherey ganz und gar incom-
patibel ist? Alte Sündenböcke, und rohe Kerle
ohne Erziehung werden zwar der niedern Lust nach-
rennen: denn diese kennen und verlangen weiter
nichts als Genugthuung für ihren Kitzel, aber der
Jüngling hat Ansprüche, welche ihm keine Bor-
delnymphe und kein Thürmer gewähren kann.
Fast immer ist die Verführung andrer Schuld,
wenn junge Leute sich der Ausschweifung ergeben,
und dadurch unglücklich werden. Wenn die Neu-
linge oder Füchse ankommen, werden sie sofort von
den Veteranen angeführt, und mit allem bekannt
gemacht, was diese betreiben: die Buffe oder Bor-
delle werden bey diesen Instructionen nicht vergessen,
und kaum ist der Fuchs drey Tage auf der Akade-
mie, so kennt er schon alle Löcher, und die in den-
selben commandirenden Buffpatronen, und die ser-
virenden Buffmenscher. Dieß ist beynahe auf al-
len deutschen Universitäten so. Die Polizey ist
zwar dann und wann aufmerksam auf diese Unstä-
tereyen, aber sie verfehlt fast allemal ihren Zweck:
denn das Visitiren der Bordelle, welches das Ein-
zige ist, das man bisher zur Stöhrung dieser Un-
ordnungen vorgenommen hat, wird größtentheils
schon vorher bekannt, und dann finden die suchen-
den Häscherpatronisten selten einen Studenten in

Liebe und Minnegluͤck gebildet haben, womit die
Bordellerey und Menſcherey ganz und gar incom-
patibel iſt? Alte Suͤndenboͤcke, und rohe Kerle
ohne Erziehung werden zwar der niedern Luſt nach-
rennen: denn dieſe kennen und verlangen weiter
nichts als Genugthuung fuͤr ihren Kitzel, aber der
Juͤngling hat Anſpruͤche, welche ihm keine Bor-
delnymphe und kein Thuͤrmer gewaͤhren kann.
Faſt immer iſt die Verfuͤhrung andrer Schuld,
wenn junge Leute ſich der Ausſchweifung ergeben,
und dadurch ungluͤcklich werden. Wenn die Neu-
linge oder Fuͤchſe ankommen, werden ſie ſofort von
den Veteranen angefuͤhrt, und mit allem bekannt
gemacht, was dieſe betreiben: die Buffe oder Bor-
delle werden bey dieſen Inſtructionen nicht vergeſſen,
und kaum iſt der Fuchs drey Tage auf der Akade-
mie, ſo kennt er ſchon alle Loͤcher, und die in den-
ſelben commandirenden Buffpatronen, und die ſer-
virenden Buffmenſcher. Dieß iſt beynahe auf al-
len deutſchen Univerſitaͤten ſo. Die Polizey iſt
zwar dann und wann aufmerkſam auf dieſe Unſtaͤ-
tereyen, aber ſie verfehlt faſt allemal ihren Zweck:
denn das Viſitiren der Bordelle, welches das Ein-
zige iſt, das man bisher zur Stoͤhrung dieſer Un-
ordnungen vorgenommen hat, wird groͤßtentheils
ſchon vorher bekannt, und dann finden die ſuchen-
den Haͤſcherpatroniſten ſelten einen Studenten in

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[133/0141] Liebe und Minnegluͤck gebildet haben, womit die Bordellerey und Menſcherey ganz und gar incom- patibel iſt? Alte Suͤndenboͤcke, und rohe Kerle ohne Erziehung werden zwar der niedern Luſt nach- rennen: denn dieſe kennen und verlangen weiter nichts als Genugthuung fuͤr ihren Kitzel, aber der Juͤngling hat Anſpruͤche, welche ihm keine Bor- delnymphe und kein Thuͤrmer gewaͤhren kann. Faſt immer iſt die Verfuͤhrung andrer Schuld, wenn junge Leute ſich der Ausſchweifung ergeben, und dadurch ungluͤcklich werden. Wenn die Neu- linge oder Fuͤchſe ankommen, werden ſie ſofort von den Veteranen angefuͤhrt, und mit allem bekannt gemacht, was dieſe betreiben: die Buffe oder Bor- delle werden bey dieſen Inſtructionen nicht vergeſſen, und kaum iſt der Fuchs drey Tage auf der Akade- mie, ſo kennt er ſchon alle Loͤcher, und die in den- ſelben commandirenden Buffpatronen, und die ſer- virenden Buffmenſcher. Dieß iſt beynahe auf al- len deutſchen Univerſitaͤten ſo. Die Polizey iſt zwar dann und wann aufmerkſam auf dieſe Unſtaͤ- tereyen, aber ſie verfehlt faſt allemal ihren Zweck: denn das Viſitiren der Bordelle, welches das Ein- zige iſt, das man bisher zur Stoͤhrung dieſer Un- ordnungen vorgenommen hat, wird groͤßtentheils ſchon vorher bekannt, und dann finden die ſuchen- den Haͤſcherpatroniſten ſelten einen Studenten in

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/141>, abgerufen am 27.04.2024.