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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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ler seine corrupte Wirthschaft führte. Geheimniß-
voll blinkte mir das Männchen, und nahm mich
mit in die große Wirthsstube, die er ausdrücklich
hatte heizen lassen, und wo wir allein seyn konn-
ten. Hier entdeckte er mir bey einem Glas Brey-
han sein Anliegen. "Ich bin ein Adeptus, sagte
er, und habe durch lange Erfahrungen, große Rei-
sen, tiefe Untersuchungen endlich die Geheimnisse der
Natur entdeckt, welche vor den Augen der Men-
schen, auch der allerklügsten und allergelehrtesten
verborgen sind. Ich mache zwar weder Gold noch
Silber, denn das ist vielleicht unmöglich, wel-
ches ich jedoch nicht behaupten will, da ich die
Sache nicht genau genug untersucht habe; aber
wenigstens ist das Goldmachen unnütz und über-
flüssig: denn Gold und Silber giebt es genug in
der Welt, um Handel und Wandel zu unterhal-
ten, und dieß ist hinreichend. Aber ich habe weit
köstlichere Arcanen, ich besitze die Kunst, das Le-
ben der Menschen zu verlängern und die Gesund-
heit unverletzt zu erhalten. Ich mache es nicht
wie Hufeland in Jena, welcher Diät und Ord-
nung befiehlt: nein! wer mir folgen will, kann
nach Herzenslust ausschweifen, kann sich alle Ta-
ge zehnmal besaufen, kann sich mit Frauenzim-
mern übermäßig begehen, kurz er kann treiben,
was ihm gelüstet zu treiben, und seine Gesund-

ler ſeine corrupte Wirthſchaft fuͤhrte. Geheimniß-
voll blinkte mir das Maͤnnchen, und nahm mich
mit in die große Wirthsſtube, die er ausdruͤcklich
hatte heizen laſſen, und wo wir allein ſeyn konn-
ten. Hier entdeckte er mir bey einem Glas Brey-
han ſein Anliegen. „Ich bin ein Adeptus, ſagte
er, und habe durch lange Erfahrungen, große Rei-
ſen, tiefe Unterſuchungen endlich die Geheimniſſe der
Natur entdeckt, welche vor den Augen der Men-
ſchen, auch der allerkluͤgſten und allergelehrteſten
verborgen ſind. Ich mache zwar weder Gold noch
Silber, denn das iſt vielleicht unmoͤglich, wel-
ches ich jedoch nicht behaupten will, da ich die
Sache nicht genau genug unterſucht habe; aber
wenigſtens iſt das Goldmachen unnuͤtz und uͤber-
fluͤſſig: denn Gold und Silber giebt es genug in
der Welt, um Handel und Wandel zu unterhal-
ten, und dieß iſt hinreichend. Aber ich habe weit
koͤſtlichere Arcanen, ich beſitze die Kunſt, das Le-
ben der Menſchen zu verlaͤngern und die Geſund-
heit unverletzt zu erhalten. Ich mache es nicht
wie Hufeland in Jena, welcher Diaͤt und Ord-
nung befiehlt: nein! wer mir folgen will, kann
nach Herzensluſt ausſchweifen, kann ſich alle Ta-
ge zehnmal beſaufen, kann ſich mit Frauenzim-
mern uͤbermaͤßig begehen, kurz er kann treiben,
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[123/0131] ler ſeine corrupte Wirthſchaft fuͤhrte. Geheimniß- voll blinkte mir das Maͤnnchen, und nahm mich mit in die große Wirthsſtube, die er ausdruͤcklich hatte heizen laſſen, und wo wir allein ſeyn konn- ten. Hier entdeckte er mir bey einem Glas Brey- han ſein Anliegen. „Ich bin ein Adeptus, ſagte er, und habe durch lange Erfahrungen, große Rei- ſen, tiefe Unterſuchungen endlich die Geheimniſſe der Natur entdeckt, welche vor den Augen der Men- ſchen, auch der allerkluͤgſten und allergelehrteſten verborgen ſind. Ich mache zwar weder Gold noch Silber, denn das iſt vielleicht unmoͤglich, wel- ches ich jedoch nicht behaupten will, da ich die Sache nicht genau genug unterſucht habe; aber wenigſtens iſt das Goldmachen unnuͤtz und uͤber- fluͤſſig: denn Gold und Silber giebt es genug in der Welt, um Handel und Wandel zu unterhal- ten, und dieß iſt hinreichend. Aber ich habe weit koͤſtlichere Arcanen, ich beſitze die Kunſt, das Le- ben der Menſchen zu verlaͤngern und die Geſund- heit unverletzt zu erhalten. Ich mache es nicht wie Hufeland in Jena, welcher Diaͤt und Ord- nung befiehlt: nein! wer mir folgen will, kann nach Herzensluſt ausſchweifen, kann ſich alle Ta- ge zehnmal beſaufen, kann ſich mit Frauenzim- mern uͤbermaͤßig begehen, kurz er kann treiben, was ihm geluͤſtet zu treiben, und ſeine Geſund-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/131>, abgerufen am 27.04.2024.