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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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leicht noch in dieser Schrift einige Stückchen er-
zählen, welche gar erbaulich zu lesen seyn werden.

Im Jahr 1777 hatte ich eine komische Lieb-
schaft zu Frankfurt am Mayn, welche schon im
ersten Bande meiner Biographie hätte erzählt
werden sollen, aber an jenem Orte aus guten
Gründen, die aber nun wegfallen, übergangen
worden ist. Das Jahr 1777 war das traurigste
für die Universität zu Gießen, wo ich damals stu-
dierte, die antiquissima Gissensis ging damals ganz
schiebes, wie man von einer sich ihrer Auflösung
neigenden gelehrten Innung nicht unfein sagen
würde. Ich selbst kam in große Verlegenheit,
aber nachdem alles Ungemach überstanden und der
Universitätsspektakel, der früh im Frühling ange-
fangen hatte, zu Ende war, welches jedoch erst im
späten Herbst geschah, wie auf den deutschen Uni-
versitäten ex caussis praequantibus et lucrativis *)
Mode ist, machte ich in Gesellschaft einiger Freun-
de, welche selbst Frankfurter waren, eine Reise
nach dieser Reichsstadt. Ich logirte im Thiergar-
ten, aber ich logirte auch nur da: denn verzehrt
habe ich damals in diesem Gasthofe fast gar nichts,
da ich immer Freunde besuchte, oder sonst herum

*) D. t. weil die Herren vom Prorektor an, bis zum Karzer-
knecht Etwas haben verdienen wollen.
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leicht noch in dieſer Schrift einige Stuͤckchen er-
zaͤhlen, welche gar erbaulich zu leſen ſeyn werden.

Im Jahr 1777 hatte ich eine komiſche Lieb-
ſchaft zu Frankfurt am Mayn, welche ſchon im
erſten Bande meiner Biographie haͤtte erzaͤhlt
werden ſollen, aber an jenem Orte aus guten
Gruͤnden, die aber nun wegfallen, uͤbergangen
worden iſt. Das Jahr 1777 war das traurigſte
fuͤr die Univerſitaͤt zu Gießen, wo ich damals ſtu-
dierte, die antiquiſſima Giſſenſis ging damals ganz
ſchiebes, wie man von einer ſich ihrer Aufloͤſung
neigenden gelehrten Innung nicht unfein ſagen
wuͤrde. Ich ſelbſt kam in große Verlegenheit,
aber nachdem alles Ungemach uͤberſtanden und der
Univerſitaͤtsſpektakel, der fruͤh im Fruͤhling ange-
fangen hatte, zu Ende war, welches jedoch erſt im
ſpaͤten Herbſt geſchah, wie auf den deutſchen Uni-
verſitaͤten ex cauſſis praequantibus et lucrativis *)
Mode iſt, machte ich in Geſellſchaft einiger Freun-
de, welche ſelbſt Frankfurter waren, eine Reiſe
nach dieſer Reichsſtadt. Ich logirte im Thiergar-
ten, aber ich logirte auch nur da: denn verzehrt
habe ich damals in dieſem Gaſthofe faſt gar nichts,
da ich immer Freunde beſuchte, oder ſonſt herum

*) D. t. weil die Herren vom Prorektor an, bis zum Karzer-
knecht Etwas haben verdienen wollen.
G 2
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[99/0107] leicht noch in dieſer Schrift einige Stuͤckchen er- zaͤhlen, welche gar erbaulich zu leſen ſeyn werden. Im Jahr 1777 hatte ich eine komiſche Lieb- ſchaft zu Frankfurt am Mayn, welche ſchon im erſten Bande meiner Biographie haͤtte erzaͤhlt werden ſollen, aber an jenem Orte aus guten Gruͤnden, die aber nun wegfallen, uͤbergangen worden iſt. Das Jahr 1777 war das traurigſte fuͤr die Univerſitaͤt zu Gießen, wo ich damals ſtu- dierte, die antiquiſſima Giſſenſis ging damals ganz ſchiebes, wie man von einer ſich ihrer Aufloͤſung neigenden gelehrten Innung nicht unfein ſagen wuͤrde. Ich ſelbſt kam in große Verlegenheit, aber nachdem alles Ungemach uͤberſtanden und der Univerſitaͤtsſpektakel, der fruͤh im Fruͤhling ange- fangen hatte, zu Ende war, welches jedoch erſt im ſpaͤten Herbſt geſchah, wie auf den deutſchen Uni- verſitaͤten ex cauſſis praequantibus et lucrativis *) Mode iſt, machte ich in Geſellſchaft einiger Freun- de, welche ſelbſt Frankfurter waren, eine Reiſe nach dieſer Reichsſtadt. Ich logirte im Thiergar- ten, aber ich logirte auch nur da: denn verzehrt habe ich damals in dieſem Gaſthofe faſt gar nichts, da ich immer Freunde beſuchte, oder ſonſt herum *) D. t. weil die Herren vom Prorektor an, bis zum Karzer- knecht Etwas haben verdienen wollen. G 2

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/107>, abgerufen am 28.04.2024.