meinen Ordnung und Sicherheit zu kleiden, zu be- waffnen und zu löhnen. Jeder Soldat steht am Ende im Solde, folglich auch im Dienste des Bürgers und Landmanns, ohngefähr wie der Be- diente eines Offiziers in dessen Sold und Dienste steht. Wie verkehrt und undankbar es also ein Of- fizier finden würde, sich von seinem Bedienten ne- cken, verachten und insultiren zu lassen, eben so muß dieß auch der Bürger und der Landmann an ihnen finden, wenn sie sich gegen diese benehmen, wie im angenommenen Fall ihr Bedienter gegen sie. Ueberhaupt muß das Militärsystem, sobald es als Schreckenssystem ohne Unterschied herrschen soll, über kurz oder lang überall eben die Folgen haben, die das Robespierrische System in Frankreich ge- habt hat.
Endlich kam ich am 27. Oktober in Halle an. Ich hatte ganz seltsame Empfindungen, als ich mich dieser Stadt, wo ich so viel angenehme und unangenehme, so viel gescheide und närrische Tage verlebt hatte, wieder näherte. Ich gerieth wirk- lich in eine Art von Betäubung, so, daß ich in Schlettau, wo mir mein alter Freund, Herr Haase, Merseburger Bier einschenkte, nicht recht wußte, was ich trank. Ich eilte fort, und bey- nahe hätte mich in Passendorf, wegen der brennen- den Tabackspfeife, der Tagwächter angehalten.
meinen Ordnung und Sicherheit zu kleiden, zu be- waffnen und zu loͤhnen. Jeder Soldat ſteht am Ende im Solde, folglich auch im Dienſte des Buͤrgers und Landmanns, ohngefaͤhr wie der Be- diente eines Offiziers in deſſen Sold und Dienſte ſteht. Wie verkehrt und undankbar es alſo ein Of- fizier finden wuͤrde, ſich von ſeinem Bedienten ne- cken, verachten und inſultiren zu laſſen, eben ſo muß dieß auch der Buͤrger und der Landmann an ihnen finden, wenn ſie ſich gegen dieſe benehmen, wie im angenommenen Fall ihr Bedienter gegen ſie. Ueberhaupt muß das Militaͤrſyſtem, ſobald es als Schreckensſyſtem ohne Unterſchied herrſchen ſoll, uͤber kurz oder lang uͤberall eben die Folgen haben, die das Robespierriſche Syſtem in Frankreich ge- habt hat.
Endlich kam ich am 27. Oktober in Halle an. Ich hatte ganz ſeltſame Empfindungen, als ich mich dieſer Stadt, wo ich ſo viel angenehme und unangenehme, ſo viel geſcheide und naͤrriſche Tage verlebt hatte, wieder naͤherte. Ich gerieth wirk- lich in eine Art von Betaͤubung, ſo, daß ich in Schlettau, wo mir mein alter Freund, Herr Haaſe, Merſeburger Bier einſchenkte, nicht recht wußte, was ich trank. Ich eilte fort, und bey- nahe haͤtte mich in Paſſendorf, wegen der brennen- den Tabackspfeife, der Tagwaͤchter angehalten.
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meinen Ordnung und Sicherheit zu kleiden, zu be-
waffnen und zu loͤhnen. Jeder Soldat ſteht am
Ende im Solde, folglich auch im Dienſte des
Buͤrgers und Landmanns, ohngefaͤhr wie der Be-
diente eines Offiziers in deſſen Sold und Dienſte
ſteht. Wie verkehrt und undankbar es alſo ein Of-
fizier finden wuͤrde, ſich von ſeinem Bedienten ne-
cken, verachten und inſultiren zu laſſen, eben ſo
muß dieß auch der Buͤrger und der Landmann an
ihnen finden, wenn ſie ſich gegen dieſe benehmen,
wie im angenommenen Fall ihr Bedienter gegen ſie.
Ueberhaupt muß das Militaͤrſyſtem, ſobald es als
Schreckensſyſtem ohne Unterſchied herrſchen ſoll,
uͤber kurz oder lang uͤberall eben die Folgen haben,
die das Robespierriſche Syſtem in Frankreich ge-
habt hat.
Endlich kam ich am 27. Oktober in Halle an.
Ich hatte ganz ſeltſame Empfindungen, als ich
mich dieſer Stadt, wo ich ſo viel angenehme und
unangenehme, ſo viel geſcheide und naͤrriſche Tage
verlebt hatte, wieder naͤherte. Ich gerieth wirk-
lich in eine Art von Betaͤubung, ſo, daß ich in
Schlettau, wo mir mein alter Freund, Herr
Haaſe, Merſeburger Bier einſchenkte, nicht recht
wußte, was ich trank. Ich eilte fort, und bey-
nahe haͤtte mich in Paſſendorf, wegen der brennen-
den Tabackspfeife, der Tagwaͤchter angehalten.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/269>, abgerufen am 25.11.2024.
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