Ich: Herr Leutnant, ich diene nicht um Hand- geld: ich muß aus Noth dienen: es fehlt mir an Allem; also sehen Sie wohl, daß ich diesen Punkt ganz Ihnen überlassen muß.
Er: Gut, mein Freund: ich geb' Ihm vier Karolins: so viel giebt der Stand, und keinen Heller mehr: Zwey sogleich, und zwey nach einem Jahre. Ist er damit zufrieden?
Ich: Es bleibt dabey.
Er: Und aus meinem Sack gebe ich Ihm noch zwey Kronenthaler. Komm Er jezt mit in die Schenke.
In der Schenke befahl der Leutnant dem Wir- the, mich zu pflegen, und mir auf seine Kosten alles zu reichen, was ich begehren würde. Dar- auf zählte er mir zehn Kronenthaler auf den Tisch. Ich hoffe, sezte er hinzu, Er wird kein Schurke seyn, und gab mir die Hand, und ging.
Ich habe bey den Schwaben viel Vertrauen auf die Ehrlichkeit ihrer Soldaten gefunden: von keinem wurde voraus gesezt, daß er zum Henker laufen würde: daher wurde auch keiner eingesperrt, keiner in besondere Obacht genommen, und wenn auch noch so viele abfuhren, so wurden die andern deswegen doch nicht im geringsten mehr einge- schränkt. Ganz anders war es sonst bey den Preußen, und noch jezt ist die persönliche Freyheit
Ich: Herr Leutnant, ich diene nicht um Hand- geld: ich muß aus Noth dienen: es fehlt mir an Allem; alſo ſehen Sie wohl, daß ich dieſen Punkt ganz Ihnen uͤberlaſſen muß.
Er: Gut, mein Freund: ich geb' Ihm vier Karolins: ſo viel giebt der Stand, und keinen Heller mehr: Zwey ſogleich, und zwey nach einem Jahre. Iſt er damit zufrieden?
Ich: Es bleibt dabey.
Er: Und aus meinem Sack gebe ich Ihm noch zwey Kronenthaler. Komm Er jezt mit in die Schenke.
In der Schenke befahl der Leutnant dem Wir- the, mich zu pflegen, und mir auf ſeine Koſten alles zu reichen, was ich begehren wuͤrde. Dar- auf zaͤhlte er mir zehn Kronenthaler auf den Tiſch. Ich hoffe, ſezte er hinzu, Er wird kein Schurke ſeyn, und gab mir die Hand, und ging.
Ich habe bey den Schwaben viel Vertrauen auf die Ehrlichkeit ihrer Soldaten gefunden: von keinem wurde voraus geſezt, daß er zum Henker laufen wuͤrde: daher wurde auch keiner eingeſperrt, keiner in beſondere Obacht genommen, und wenn auch noch ſo viele abfuhren, ſo wurden die andern deswegen doch nicht im geringſten mehr einge- ſchraͤnkt. Ganz anders war es ſonſt bey den Preußen, und noch jezt iſt die perſoͤnliche Freyheit
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Ich: Herr Leutnant, ich diene nicht um Hand-
geld: ich muß aus Noth dienen: es fehlt mir
an Allem; alſo ſehen Sie wohl, daß ich dieſen
Punkt ganz Ihnen uͤberlaſſen muß.
Er: Gut, mein Freund: ich geb' Ihm vier
Karolins: ſo viel giebt der Stand, und keinen
Heller mehr: Zwey ſogleich, und zwey nach einem
Jahre. Iſt er damit zufrieden?
Ich: Es bleibt dabey.
Er: Und aus meinem Sack gebe ich Ihm noch
zwey Kronenthaler. Komm Er jezt mit in die
Schenke.
In der Schenke befahl der Leutnant dem Wir-
the, mich zu pflegen, und mir auf ſeine Koſten
alles zu reichen, was ich begehren wuͤrde. Dar-
auf zaͤhlte er mir zehn Kronenthaler auf den Tiſch.
Ich hoffe, ſezte er hinzu, Er wird kein Schurke
ſeyn, und gab mir die Hand, und ging.
Ich habe bey den Schwaben viel Vertrauen
auf die Ehrlichkeit ihrer Soldaten gefunden: von
keinem wurde voraus geſezt, daß er zum Henker
laufen wuͤrde: daher wurde auch keiner eingeſperrt,
keiner in beſondere Obacht genommen, und wenn
auch noch ſo viele abfuhren, ſo wurden die andern
deswegen doch nicht im geringſten mehr einge-
ſchraͤnkt. Ganz anders war es ſonſt bey den
Preußen, und noch jezt iſt die perſoͤnliche Freyheit
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/198>, abgerufen am 27.11.2024.
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