nommen wurde: denn damals dachte man noch nicht daran, daß Preußen und Frankreich so bald Frieden machen würden. Der Oberste sagte mir, daß ich nur immer ausruhen mögte: er wollte mir einen Quartierzettel geben lassen; und wirklich kam ich in eine Mühle zu liegen, deren Eigenthümer ein großer Verehrer des vorigen Königs in Preußen war, und mich also gut behandelte. Ich erhielt hier auch kaiserliches Traktament, welches, wie der Oberste sagte, sein Herr meinem Könige be- rechnen würde.
Die Emigranten lagen hier auf Werbung, das heißt, es war ihnen erlaubt, die aus Frankreich zurückkehrenden Soldaten, die ausgenommen, welche vorher dem Kaiser gedient hatten, anzuneh- men. Sie machten sich auch an mich, ich hatte aber keine Lust, unter dem Gesindel zu dienen, und brach also kurz ab. Ich ließ mich aber -- wie unstät ich, leider, einmal bin -- nicht lange hernach doch vom Satan blenden, wie man bald hören wird, und trat in ihre Dienste.
In der Mühle wurde mir ein Stübchen hin- ten im Hofe angewiesen, wo mich ein Unterof- fizier von den kaiserlichen Kanoniren besuchte, der, wie ich bald merkte, mit der Magd des Müllers liebelte, und mit ihr in meiner Stube zusammen kam. Ich konnte dieses um so mehr
nommen wurde: denn damals dachte man noch nicht daran, daß Preußen und Frankreich ſo bald Frieden machen wuͤrden. Der Oberſte ſagte mir, daß ich nur immer ausruhen moͤgte: er wollte mir einen Quartierzettel geben laſſen; und wirklich kam ich in eine Muͤhle zu liegen, deren Eigenthuͤmer ein großer Verehrer des vorigen Koͤnigs in Preußen war, und mich alſo gut behandelte. Ich erhielt hier auch kaiſerliches Traktament, welches, wie der Oberſte ſagte, ſein Herr meinem Koͤnige be- rechnen wuͤrde.
Die Emigranten lagen hier auf Werbung, das heißt, es war ihnen erlaubt, die aus Frankreich zuruͤckkehrenden Soldaten, die ausgenommen, welche vorher dem Kaiſer gedient hatten, anzuneh- men. Sie machten ſich auch an mich, ich hatte aber keine Luſt, unter dem Geſindel zu dienen, und brach alſo kurz ab. Ich ließ mich aber — wie unſtaͤt ich, leider, einmal bin — nicht lange hernach doch vom Satan blenden, wie man bald hoͤren wird, und trat in ihre Dienſte.
In der Muͤhle wurde mir ein Stuͤbchen hin- ten im Hofe angewieſen, wo mich ein Unterof- fizier von den kaiſerlichen Kanoniren beſuchte, der, wie ich bald merkte, mit der Magd des Muͤllers liebelte, und mit ihr in meiner Stube zuſammen kam. Ich konnte dieſes um ſo mehr
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nommen wurde: denn damals dachte man noch
nicht daran, daß Preußen und Frankreich ſo bald
Frieden machen wuͤrden. Der Oberſte ſagte mir,
daß ich nur immer ausruhen moͤgte: er wollte mir
einen Quartierzettel geben laſſen; und wirklich kam
ich in eine Muͤhle zu liegen, deren Eigenthuͤmer
ein großer Verehrer des vorigen Koͤnigs in Preußen
war, und mich alſo gut behandelte. Ich erhielt
hier auch kaiſerliches Traktament, welches, wie
der Oberſte ſagte, ſein Herr meinem Koͤnige be-
rechnen wuͤrde.
Die Emigranten lagen hier auf Werbung, das
heißt, es war ihnen erlaubt, die aus Frankreich
zuruͤckkehrenden Soldaten, die ausgenommen,
welche vorher dem Kaiſer gedient hatten, anzuneh-
men. Sie machten ſich auch an mich, ich hatte
aber keine Luſt, unter dem Geſindel zu dienen,
und brach alſo kurz ab. Ich ließ mich aber —
wie unſtaͤt ich, leider, einmal bin — nicht lange
hernach doch vom Satan blenden, wie man bald
hoͤren wird, und trat in ihre Dienſte.
In der Muͤhle wurde mir ein Stuͤbchen hin-
ten im Hofe angewieſen, wo mich ein Unterof-
fizier von den kaiſerlichen Kanoniren beſuchte,
der, wie ich bald merkte, mit der Magd des
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/175>, abgerufen am 24.11.2024.
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