Könige, und sehen stolz herab auf Fremde, zu- mal arme. -- Diese Anmerkung haben schon mehrere Reisende gemacht. Hätte ich [ - 1 Zeichen fehlt]ber doch Geld geben können, ich würde gewiß einen Paß erhalten haben: Denn kein Sprichwort ist richti- ger, als das alte: kein Geld, kein Schweizer.
Auf der Straße, nicht weit vom Rathhause, fragte mich ein Franzose nach etwas, worüber ich ihm keine Auskunft geben konnte, und ich wollte eben weiter gehen, als eine Dame, mit der franzö- sischen Kokarde auf ihrem Kopfzeuge, mir zurief: ob ich jezt eben aus Frankreich käme? Ich ant- wortete mit ja, und sie fuhr fort zu fragen, wo in diesem Lande ich mich denn aufgehalten hätte? Als ich nun unter mehrern Städten auch Macon nannte, so bath sie mich, zu ihr herein zu kom- men. Du siehst fatal um die Beine herum aus, Citoyen, sagte sie: du hast, wie es scheint, wohl auch kein Geld, dir Schuhe anzuschaffen? Ich bejahte diese Frage. Nun, du sollst Schuhe ha- ben, fuhr die brave Frau fort: ich bin auch aus Macon, und treibe hier einige Geschäfte: Setze dich. Ich gehorchte, und erzählte ihr dieses und jenes aus Frankreich, auch Manches von meinen eignen Geschichten, und sie hörte mir mit Auf- merksamkeit zu, und bewirthete mich indessen mit Wein und Brod und Knoblauch. Es wurde ein
Koͤnige, und ſehen ſtolz herab auf Fremde, zu- mal arme. — Dieſe Anmerkung haben ſchon mehrere Reiſende gemacht. Haͤtte ich [ – 1 Zeichen fehlt]ber doch Geld geben koͤnnen, ich wuͤrde gewiß einen Paß erhalten haben: Denn kein Sprichwort iſt richti- ger, als das alte: kein Geld, kein Schweizer.
Auf der Straße, nicht weit vom Rathhauſe, fragte mich ein Franzoſe nach etwas, woruͤber ich ihm keine Auskunft geben konnte, und ich wollte eben weiter gehen, als eine Dame, mit der franzoͤ- ſiſchen Kokarde auf ihrem Kopfzeuge, mir zurief: ob ich jezt eben aus Frankreich kaͤme? Ich ant- wortete mit ja, und ſie fuhr fort zu fragen, wo in dieſem Lande ich mich denn aufgehalten haͤtte? Als ich nun unter mehrern Staͤdten auch Mâcon nannte, ſo bath ſie mich, zu ihr herein zu kom- men. Du ſiehſt fatal um die Beine herum aus, Citoyen, ſagte ſie: du haſt, wie es ſcheint, wohl auch kein Geld, dir Schuhe anzuſchaffen? Ich bejahte dieſe Frage. Nun, du ſollſt Schuhe ha- ben, fuhr die brave Frau fort: ich bin auch aus Mâcon, und treibe hier einige Geſchaͤfte: Setze dich. Ich gehorchte, und erzaͤhlte ihr dieſes und jenes aus Frankreich, auch Manches von meinen eignen Geſchichten, und ſie hoͤrte mir mit Auf- merkſamkeit zu, und bewirthete mich indeſſen mit Wein und Brod und Knoblauch. Es wurde ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0171"n="167"/>
Koͤnige, und ſehen ſtolz herab auf Fremde, zu-<lb/>
mal arme. — Dieſe Anmerkung haben ſchon<lb/>
mehrere Reiſende gemacht. Haͤtte ich <gapunit="chars"quantity="1"/>ber doch<lb/>
Geld geben koͤnnen, ich wuͤrde gewiß einen Paß<lb/>
erhalten haben: Denn kein Sprichwort iſt richti-<lb/>
ger, als das alte: kein Geld, kein Schweizer.</p><lb/><p>Auf der Straße, nicht weit vom Rathhauſe,<lb/>
fragte mich ein Franzoſe nach etwas, woruͤber ich ihm<lb/>
keine Auskunft geben konnte, und ich wollte eben<lb/>
weiter gehen, als eine Dame, mit der franzoͤ-<lb/>ſiſchen Kokarde auf ihrem Kopfzeuge, mir zurief:<lb/>
ob ich jezt eben aus Frankreich kaͤme? Ich ant-<lb/>
wortete mit ja, und ſie fuhr fort zu fragen, wo<lb/>
in dieſem Lande ich mich denn aufgehalten haͤtte?<lb/>
Als ich nun unter mehrern Staͤdten auch M<hirendition="#aq">â</hi>con<lb/>
nannte, ſo bath ſie mich, zu ihr herein zu kom-<lb/>
men. Du ſiehſt fatal um die Beine herum aus,<lb/>
Citoyen, ſagte ſie: du haſt, wie es ſcheint, wohl<lb/>
auch kein Geld, dir Schuhe anzuſchaffen? Ich<lb/>
bejahte dieſe Frage. Nun, du ſollſt Schuhe ha-<lb/>
ben, fuhr die brave Frau fort: ich bin auch aus<lb/>
M<hirendition="#aq">â</hi>con, und treibe hier einige Geſchaͤfte: Setze<lb/>
dich. Ich gehorchte, und erzaͤhlte ihr dieſes und<lb/>
jenes aus Frankreich, auch Manches von meinen<lb/>
eignen Geſchichten, und ſie hoͤrte mir mit Auf-<lb/>
merkſamkeit zu, und bewirthete mich indeſſen mit<lb/>
Wein und Brod und Knoblauch. Es wurde ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[167/0171]
Koͤnige, und ſehen ſtolz herab auf Fremde, zu-
mal arme. — Dieſe Anmerkung haben ſchon
mehrere Reiſende gemacht. Haͤtte ich _ber doch
Geld geben koͤnnen, ich wuͤrde gewiß einen Paß
erhalten haben: Denn kein Sprichwort iſt richti-
ger, als das alte: kein Geld, kein Schweizer.
Auf der Straße, nicht weit vom Rathhauſe,
fragte mich ein Franzoſe nach etwas, woruͤber ich ihm
keine Auskunft geben konnte, und ich wollte eben
weiter gehen, als eine Dame, mit der franzoͤ-
ſiſchen Kokarde auf ihrem Kopfzeuge, mir zurief:
ob ich jezt eben aus Frankreich kaͤme? Ich ant-
wortete mit ja, und ſie fuhr fort zu fragen, wo
in dieſem Lande ich mich denn aufgehalten haͤtte?
Als ich nun unter mehrern Staͤdten auch Mâcon
nannte, ſo bath ſie mich, zu ihr herein zu kom-
men. Du ſiehſt fatal um die Beine herum aus,
Citoyen, ſagte ſie: du haſt, wie es ſcheint, wohl
auch kein Geld, dir Schuhe anzuſchaffen? Ich
bejahte dieſe Frage. Nun, du ſollſt Schuhe ha-
ben, fuhr die brave Frau fort: ich bin auch aus
Mâcon, und treibe hier einige Geſchaͤfte: Setze
dich. Ich gehorchte, und erzaͤhlte ihr dieſes und
jenes aus Frankreich, auch Manches von meinen
eignen Geſchichten, und ſie hoͤrte mir mit Auf-
merkſamkeit zu, und bewirthete mich indeſſen mit
Wein und Brod und Knoblauch. Es wurde ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/171>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.