Bürger, oder Landmann. Ein Dorfjunge foderte dessen Tochter zur Ehe. Vater und Tochter woll- ten nicht, und der Büffel bekam den Korb. Darob fuhr das ganze Dorf in Harnisch, verklagte den Edelmann als einen Aristokraten, und er mußte mit seiner Tochter nach Autun wandern, wo er länger als sechs Monate im Gefängniß gesessen ist. Ein andrer Edelmann bey Besancon, dessen Urtheil ich selbst gelesen habe, weigerte sich, das Papiergeld nach dem Maximum anzunehmen. Das hatten freylich mehrere gethan, aber es ging ihnen so hin; nur der Edelmann wurde als Aristo- krat und Royalist angeklagt, und mir nichts dir nichts, hingerichtet.
Wie man die Ex-Edelleute behandelte, so behan- delte man auch die Ex-Priester. Um nicht geneckt zu werden, mußten diese ein Gewerbe treiben, welches mit ihrer ehemaligen Beschäftigung in gar keiner Verbindung stand, und durften gar nichts an sich blicken oder merken lassen, woraus man noch irgend einige Neigung zu ihrer alten Profes- sion hätte schließen können. Wie mancher Priester hat im Gefängniß geschmachtet, welcher der Na- tion Treue geschworen hatte!
Die Gefängnisse, in welche zur Zeit des Ter- rorismus die Unglücklichen, als verdächtig gesteckt wurden, waren wirklich mehr Todtengruften, als
Buͤrger, oder Landmann. Ein Dorfjunge foderte deſſen Tochter zur Ehe. Vater und Tochter woll- ten nicht, und der Buͤffel bekam den Korb. Darob fuhr das ganze Dorf in Harniſch, verklagte den Edelmann als einen Ariſtokraten, und er mußte mit ſeiner Tochter nach Autun wandern, wo er laͤnger als ſechs Monate im Gefaͤngniß geſeſſen iſt. Ein andrer Edelmann bey Beſançon, deſſen Urtheil ich ſelbſt geleſen habe, weigerte ſich, das Papiergeld nach dem Maximum anzunehmen. Das hatten freylich mehrere gethan, aber es ging ihnen ſo hin; nur der Edelmann wurde als Ariſto- krat und Royaliſt angeklagt, und mir nichts dir nichts, hingerichtet.
Wie man die Ex-Edelleute behandelte, ſo behan- delte man auch die Ex-Prieſter. Um nicht geneckt zu werden, mußten dieſe ein Gewerbe treiben, welches mit ihrer ehemaligen Beſchaͤftigung in gar keiner Verbindung ſtand, und durften gar nichts an ſich blicken oder merken laſſen, woraus man noch irgend einige Neigung zu ihrer alten Profeſ- ſion haͤtte ſchließen koͤnnen. Wie mancher Prieſter hat im Gefaͤngniß geſchmachtet, welcher der Na- tion Treue geſchworen hatte!
Die Gefaͤngniſſe, in welche zur Zeit des Ter- rorismus die Ungluͤcklichen, als verdaͤchtig geſteckt wurden, waren wirklich mehr Todtengruften, als
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0107"n="103"/>
Buͤrger, oder Landmann. Ein Dorfjunge foderte<lb/>
deſſen Tochter zur Ehe. Vater und Tochter woll-<lb/>
ten nicht, und der Buͤffel bekam den Korb. Darob<lb/>
fuhr das ganze Dorf in Harniſch, verklagte den<lb/>
Edelmann als einen Ariſtokraten, und er mußte<lb/>
mit ſeiner Tochter nach Autun wandern, wo er<lb/>
laͤnger als ſechs Monate im Gefaͤngniß geſeſſen<lb/>
iſt. Ein andrer Edelmann bey Beſançon, deſſen<lb/>
Urtheil ich ſelbſt geleſen habe, weigerte ſich, das<lb/>
Papiergeld nach dem Maximum anzunehmen.<lb/>
Das hatten freylich mehrere gethan, aber es ging<lb/>
ihnen ſo hin; nur der Edelmann wurde als Ariſto-<lb/>
krat und Royaliſt angeklagt, und mir nichts dir<lb/>
nichts, hingerichtet.</p><lb/><p>Wie man die Ex-Edelleute behandelte, ſo behan-<lb/>
delte man auch die Ex-Prieſter. Um nicht geneckt<lb/>
zu werden, mußten dieſe ein Gewerbe treiben,<lb/>
welches mit ihrer ehemaligen Beſchaͤftigung in gar<lb/>
keiner Verbindung ſtand, und durften gar nichts<lb/>
an ſich blicken oder merken laſſen, woraus man<lb/>
noch irgend einige Neigung zu ihrer alten Profeſ-<lb/>ſion haͤtte ſchließen koͤnnen. Wie mancher Prieſter<lb/>
hat im Gefaͤngniß geſchmachtet, welcher der Na-<lb/>
tion Treue geſchworen hatte!</p><lb/><p>Die Gefaͤngniſſe, in welche zur Zeit des Ter-<lb/>
rorismus die Ungluͤcklichen, als verdaͤchtig geſteckt<lb/>
wurden, waren wirklich mehr Todtengruften, als<lb/></p></div></body></text></TEI>
[103/0107]
Buͤrger, oder Landmann. Ein Dorfjunge foderte
deſſen Tochter zur Ehe. Vater und Tochter woll-
ten nicht, und der Buͤffel bekam den Korb. Darob
fuhr das ganze Dorf in Harniſch, verklagte den
Edelmann als einen Ariſtokraten, und er mußte
mit ſeiner Tochter nach Autun wandern, wo er
laͤnger als ſechs Monate im Gefaͤngniß geſeſſen
iſt. Ein andrer Edelmann bey Beſançon, deſſen
Urtheil ich ſelbſt geleſen habe, weigerte ſich, das
Papiergeld nach dem Maximum anzunehmen.
Das hatten freylich mehrere gethan, aber es ging
ihnen ſo hin; nur der Edelmann wurde als Ariſto-
krat und Royaliſt angeklagt, und mir nichts dir
nichts, hingerichtet.
Wie man die Ex-Edelleute behandelte, ſo behan-
delte man auch die Ex-Prieſter. Um nicht geneckt
zu werden, mußten dieſe ein Gewerbe treiben,
welches mit ihrer ehemaligen Beſchaͤftigung in gar
keiner Verbindung ſtand, und durften gar nichts
an ſich blicken oder merken laſſen, woraus man
noch irgend einige Neigung zu ihrer alten Profeſ-
ſion haͤtte ſchließen koͤnnen. Wie mancher Prieſter
hat im Gefaͤngniß geſchmachtet, welcher der Na-
tion Treue geſchworen hatte!
Die Gefaͤngniſſe, in welche zur Zeit des Ter-
rorismus die Ungluͤcklichen, als verdaͤchtig geſteckt
wurden, waren wirklich mehr Todtengruften, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/107>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.