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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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aber doch mehr gut als schlecht ist. In Stunden,
wo ich mit meiner Lage ganz zufrieden bin, welche
aber auch nur höchst selten bey mir eintreten, sehe
ich alle erschaffne Wesen für gut, für unverbesser-
lich an; aber im Paroxismus des Unmuths scheint
mir die ganze Welt eine Hölle zu seyn. Vielleicht
geht das meinen Lesern auch so!

In Landau machte ich mit einem jungen mun-
tern Manne Bekanntschaft, welcher Korporal bey
den Stadtkanonierern war. Er war ein Sohn des
Büchsenmachers Brion, der in Paris gebohren,
sich aber in Landau verheurathet hatte, und da zur
Zeit der Revolution die Oberaufsicht über die dasi-
gen Zeughäuser bekommen hatte. Der junge Mann
führte mich in seine Familie ein, und da fand ich
lauter Leute, welche mir baß behagten. Bürger
Brion der ältere war ein trefflicher Mann, ein
angesehner und reicher Bürger, und ein heller Kopf,
der sogar sich, ohne studiert zu haben, mit der Lit-
teratur abgegeben hatte. Er war ehemals der Lieb-
ling des humanen Pfalzgrafen Maximilan von
Zweybrücken
. Seine Frau war eine gute lu-
stige Frau, welche sich gern mit mir abgab, und
gern von meinen Begebenheiten erzählen hörte. Die
Tochter dieser Leute, ein hübsches Mädchen von
19 Jahren, war allemal froh, wenn ich kam, denn
ich tischte dann und wann allerhand Histörchen auf.


aber doch mehr gut als ſchlecht iſt. In Stunden,
wo ich mit meiner Lage ganz zufrieden bin, welche
aber auch nur hoͤchſt ſelten bey mir eintreten, ſehe
ich alle erſchaffne Weſen fuͤr gut, fuͤr unverbeſſer-
lich an; aber im Paroxismus des Unmuths ſcheint
mir die ganze Welt eine Hoͤlle zu ſeyn. Vielleicht
geht das meinen Leſern auch ſo!

In Landau machte ich mit einem jungen mun-
tern Manne Bekanntſchaft, welcher Korporal bey
den Stadtkanonierern war. Er war ein Sohn des
Buͤchſenmachers Brion, der in Paris gebohren,
ſich aber in Landau verheurathet hatte, und da zur
Zeit der Revolution die Oberaufſicht uͤber die daſi-
gen Zeughaͤuſer bekommen hatte. Der junge Mann
fuͤhrte mich in ſeine Familie ein, und da fand ich
lauter Leute, welche mir baß behagten. Buͤrger
Brion der aͤltere war ein trefflicher Mann, ein
angeſehner und reicher Buͤrger, und ein heller Kopf,
der ſogar ſich, ohne ſtudiert zu haben, mit der Lit-
teratur abgegeben hatte. Er war ehemals der Lieb-
ling des humanen Pfalzgrafen Maximilan von
Zweybruͤcken
. Seine Frau war eine gute lu-
ſtige Frau, welche ſich gern mit mir abgab, und
gern von meinen Begebenheiten erzaͤhlen hoͤrte. Die
Tochter dieſer Leute, ein huͤbſches Maͤdchen von
19 Jahren, war allemal froh, wenn ich kam, denn
ich tiſchte dann und wann allerhand Hiſtoͤrchen auf.


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[95/0099] aber doch mehr gut als ſchlecht iſt. In Stunden, wo ich mit meiner Lage ganz zufrieden bin, welche aber auch nur hoͤchſt ſelten bey mir eintreten, ſehe ich alle erſchaffne Weſen fuͤr gut, fuͤr unverbeſſer- lich an; aber im Paroxismus des Unmuths ſcheint mir die ganze Welt eine Hoͤlle zu ſeyn. Vielleicht geht das meinen Leſern auch ſo! In Landau machte ich mit einem jungen mun- tern Manne Bekanntſchaft, welcher Korporal bey den Stadtkanonierern war. Er war ein Sohn des Buͤchſenmachers Brion, der in Paris gebohren, ſich aber in Landau verheurathet hatte, und da zur Zeit der Revolution die Oberaufſicht uͤber die daſi- gen Zeughaͤuſer bekommen hatte. Der junge Mann fuͤhrte mich in ſeine Familie ein, und da fand ich lauter Leute, welche mir baß behagten. Buͤrger Brion der aͤltere war ein trefflicher Mann, ein angeſehner und reicher Buͤrger, und ein heller Kopf, der ſogar ſich, ohne ſtudiert zu haben, mit der Lit- teratur abgegeben hatte. Er war ehemals der Lieb- ling des humanen Pfalzgrafen Maximilan von Zweybruͤcken. Seine Frau war eine gute lu- ſtige Frau, welche ſich gern mit mir abgab, und gern von meinen Begebenheiten erzaͤhlen hoͤrte. Die Tochter dieſer Leute, ein huͤbſches Maͤdchen von 19 Jahren, war allemal froh, wenn ich kam, denn ich tiſchte dann und wann allerhand Hiſtoͤrchen auf.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/99>, abgerufen am 21.11.2024.