te, so konnte ich meine Meynung oft mit großem Beifall derer sagen, die mir zuhörten. Besonders war es den Franzosen angenehm, wenn ich ihnen aus der Geschichte der Griechen, Römer, Schwei- zer und Niederländer etwas erzählte, und ihre neue Republik, mit jenen ältern Freystaaten verglich. Viennot sah allemal gern, wenn ich kam; und meine Zeche war immer gemacht, wenn ich mit Franzosen zusammen trank: denn diese ließen mich niemals mitbezahlen.
Die Franzosen besuchten damals die öffentlichen Wirthshäuser häufiger als sonst. Denn die Jako- biner gaben auf alle Tritte und Schritte der Bür- ger Achtung, und sahen nach ihrer öftern Erfah- rung die Gesellschaften in Privathäusern als ver- dächtig an. Man scheute sich daher, jemand in seinem Hause zu besuchen, wie denn auch niemand einen Besuch gern annahm, weil er nicht wissen konnte, ob der Fremde verdächtig war oder nicht. Die öffentlichen Häuser waren aber von allem Ver- dacht des Royalismus und Foderalismus frey; und da die Franzosen durchaus Gesellschaft haben müs- sen, so wurden diese desto fleißiger besucht. Ich muß gestehen, daß ich in diesen Gesellschaften, worin das lebhafteste Ideen-Commerz herrschte, viel ge- lernt, und meine Begriffe über das Neufränkische System sehr berichtiget habe, welches warlich nichts
te, ſo konnte ich meine Meynung oft mit großem Beifall derer ſagen, die mir zuhoͤrten. Beſonders war es den Franzoſen angenehm, wenn ich ihnen aus der Geſchichte der Griechen, Roͤmer, Schwei- zer und Niederlaͤnder etwas erzaͤhlte, und ihre neue Republik, mit jenen aͤltern Freyſtaaten verglich. Viennot ſah allemal gern, wenn ich kam; und meine Zeche war immer gemacht, wenn ich mit Franzoſen zuſammen trank: denn dieſe ließen mich niemals mitbezahlen.
Die Franzoſen beſuchten damals die oͤffentlichen Wirthshaͤuſer haͤufiger als ſonſt. Denn die Jako- biner gaben auf alle Tritte und Schritte der Buͤr- ger Achtung, und ſahen nach ihrer oͤftern Erfah- rung die Geſellſchaften in Privathaͤuſern als ver- daͤchtig an. Man ſcheute ſich daher, jemand in ſeinem Hauſe zu beſuchen, wie denn auch niemand einen Beſuch gern annahm, weil er nicht wiſſen konnte, ob der Fremde verdaͤchtig war oder nicht. Die oͤffentlichen Haͤuſer waren aber von allem Ver- dacht des Royalismus und Foderalismus frey; und da die Franzoſen durchaus Geſellſchaft haben muͤſ- ſen, ſo wurden dieſe deſto fleißiger beſucht. Ich muß geſtehen, daß ich in dieſen Geſellſchaften, worin das lebhafteſte Ideen-Commerz herrſchte, viel ge- lernt, und meine Begriffe uͤber das Neufraͤnkiſche Syſtem ſehr berichtiget habe, welches warlich nichts
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te, ſo konnte ich meine Meynung oft mit großem
Beifall derer ſagen, die mir zuhoͤrten. Beſonders
war es den Franzoſen angenehm, wenn ich ihnen
aus der Geſchichte der Griechen, Roͤmer, Schwei-
zer und Niederlaͤnder etwas erzaͤhlte, und ihre neue
Republik, mit jenen aͤltern Freyſtaaten verglich.
Viennot ſah allemal gern, wenn ich kam; und
meine Zeche war immer gemacht, wenn ich mit
Franzoſen zuſammen trank: denn dieſe ließen mich
niemals mitbezahlen.
Die Franzoſen beſuchten damals die oͤffentlichen
Wirthshaͤuſer haͤufiger als ſonſt. Denn die Jako-
biner gaben auf alle Tritte und Schritte der Buͤr-
ger Achtung, und ſahen nach ihrer oͤftern Erfah-
rung die Geſellſchaften in Privathaͤuſern als ver-
daͤchtig an. Man ſcheute ſich daher, jemand in
ſeinem Hauſe zu beſuchen, wie denn auch niemand
einen Beſuch gern annahm, weil er nicht wiſſen
konnte, ob der Fremde verdaͤchtig war oder nicht.
Die oͤffentlichen Haͤuſer waren aber von allem Ver-
dacht des Royalismus und Foderalismus frey; und
da die Franzoſen durchaus Geſellſchaft haben muͤſ-
ſen, ſo wurden dieſe deſto fleißiger beſucht. Ich
muß geſtehen, daß ich in dieſen Geſellſchaften, worin
das lebhafteſte Ideen-Commerz herrſchte, viel ge-
lernt, und meine Begriffe uͤber das Neufraͤnkiſche
Syſtem ſehr berichtiget habe, welches warlich nichts
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/484>, abgerufen am 22.11.2024.
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