Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Dienst ehrlich verrichten, und darum als National-
Franzosen gehalten werden.

Gegen das Ende des J. 1793 hob der Konvent
auch die Pension auf, die den Deserteurs war ver-
sprochen worden, und ließ ihnen fernerhin nichts,
als die Subsistenz der Kriegsgefangnen.

Indessen ließ man doch den fremden Deserteurs
alle bürgerliche Freyheit: wer arbeiten wollte oder
konnte, durfte alles treiben, womit er etwas zu ver-
dienen hoffte; und es ist beynahe kein Dorf in
ganz Frankreich, wo nicht Deserteurs wären, welche
den Bauern aushelfen, oder Handwerke treiben.
Sehr viele haben in Frankreich geheurathet, und
sind Bürger geworden, genießen auch alle Vorrechte
der Nationalen, und erhalten noch immer ihre täg-
liche Subsistenz von der Nation.

Die Aufführung der meisten Deserteurs war,
wie man sie von solchem Gesindel nur erwar-
ten konnte, das heißt, über allen Begriff schlecht
und infam. Das sogenannte Luderleben schien
ihre einzige Kunst zu seyn, und ich werde weiterhin,
wenn ich von den Desertören in Dijon, wo zu mei-
ner Zeit einige Tausend waren, zu reden komme,
einige frappante Beyspiele von dem verfluchten Be-
tragen dieser Schurken anbringen.

Es giebt in Frankreich jezt eine doppelte Klasse
Deserteurs: solche, die der Republik gedient haben,

Dienſt ehrlich verrichten, und darum als National-
Franzoſen gehalten werden.

Gegen das Ende des J. 1793 hob der Konvent
auch die Penſion auf, die den Deſerteurs war ver-
ſprochen worden, und ließ ihnen fernerhin nichts,
als die Subſiſtenz der Kriegsgefangnen.

Indeſſen ließ man doch den fremden Deſerteurs
alle buͤrgerliche Freyheit: wer arbeiten wollte oder
konnte, durfte alles treiben, womit er etwas zu ver-
dienen hoffte; und es iſt beynahe kein Dorf in
ganz Frankreich, wo nicht Deſerteurs waͤren, welche
den Bauern aushelfen, oder Handwerke treiben.
Sehr viele haben in Frankreich geheurathet, und
ſind Buͤrger geworden, genießen auch alle Vorrechte
der Nationalen, und erhalten noch immer ihre taͤg-
liche Subſiſtenz von der Nation.

Die Auffuͤhrung der meiſten Deſerteurs war,
wie man ſie von ſolchem Geſindel nur erwar-
ten konnte, das heißt, uͤber allen Begriff ſchlecht
und infam. Das ſogenannte Luderleben ſchien
ihre einzige Kunſt zu ſeyn, und ich werde weiterhin,
wenn ich von den Deſertoͤren in Dijon, wo zu mei-
ner Zeit einige Tauſend waren, zu reden komme,
einige frappante Beyſpiele von dem verfluchten Be-
tragen dieſer Schurken anbringen.

Es giebt in Frankreich jezt eine doppelte Klaſſe
Deſerteurs: ſolche, die der Republik gedient haben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0415" n="411"/>
Dien&#x017F;t ehrlich verrichten, und darum als National-<lb/>
Franzo&#x017F;en gehalten werden.</p><lb/>
        <p>Gegen das Ende des J. 1793 hob der Konvent<lb/>
auch die Pen&#x017F;ion auf, die den De&#x017F;erteurs war ver-<lb/>
&#x017F;prochen worden, und ließ ihnen fernerhin nichts,<lb/>
als die Sub&#x017F;i&#x017F;tenz der Kriegsgefangnen.</p><lb/>
        <p>Inde&#x017F;&#x017F;en ließ man doch den fremden De&#x017F;erteurs<lb/>
alle bu&#x0364;rgerliche Freyheit: wer arbeiten wollte oder<lb/>
konnte, durfte alles treiben, womit er etwas zu ver-<lb/>
dienen hoffte; und es i&#x017F;t beynahe kein Dorf in<lb/>
ganz Frankreich, wo nicht De&#x017F;erteurs wa&#x0364;ren, welche<lb/>
den Bauern aushelfen, oder Handwerke treiben.<lb/>
Sehr viele haben in Frankreich geheurathet, und<lb/>
&#x017F;ind Bu&#x0364;rger geworden, genießen auch alle Vorrechte<lb/>
der Nationalen, und erhalten noch immer ihre ta&#x0364;g-<lb/>
liche Sub&#x017F;i&#x017F;tenz von der Nation.</p><lb/>
        <p>Die Auffu&#x0364;hrung der mei&#x017F;ten De&#x017F;erteurs war,<lb/>
wie man &#x017F;ie von &#x017F;olchem Ge&#x017F;indel nur erwar-<lb/>
ten konnte, das heißt, u&#x0364;ber allen Begriff &#x017F;chlecht<lb/>
und infam. Das &#x017F;ogenannte Luderleben &#x017F;chien<lb/>
ihre einzige Kun&#x017F;t zu &#x017F;eyn, und ich werde weiterhin,<lb/>
wenn ich von den De&#x017F;erto&#x0364;ren in Dijon, wo zu mei-<lb/>
ner Zeit einige Tau&#x017F;end waren, zu reden komme,<lb/>
einige frappante Bey&#x017F;piele von dem verfluchten Be-<lb/>
tragen die&#x017F;er Schurken anbringen.</p><lb/>
        <p>Es giebt in Frankreich jezt eine doppelte Kla&#x017F;&#x017F;e<lb/>
De&#x017F;erteurs: &#x017F;olche, die der Republik gedient haben,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0415] Dienſt ehrlich verrichten, und darum als National- Franzoſen gehalten werden. Gegen das Ende des J. 1793 hob der Konvent auch die Penſion auf, die den Deſerteurs war ver- ſprochen worden, und ließ ihnen fernerhin nichts, als die Subſiſtenz der Kriegsgefangnen. Indeſſen ließ man doch den fremden Deſerteurs alle buͤrgerliche Freyheit: wer arbeiten wollte oder konnte, durfte alles treiben, womit er etwas zu ver- dienen hoffte; und es iſt beynahe kein Dorf in ganz Frankreich, wo nicht Deſerteurs waͤren, welche den Bauern aushelfen, oder Handwerke treiben. Sehr viele haben in Frankreich geheurathet, und ſind Buͤrger geworden, genießen auch alle Vorrechte der Nationalen, und erhalten noch immer ihre taͤg- liche Subſiſtenz von der Nation. Die Auffuͤhrung der meiſten Deſerteurs war, wie man ſie von ſolchem Geſindel nur erwar- ten konnte, das heißt, uͤber allen Begriff ſchlecht und infam. Das ſogenannte Luderleben ſchien ihre einzige Kunſt zu ſeyn, und ich werde weiterhin, wenn ich von den Deſertoͤren in Dijon, wo zu mei- ner Zeit einige Tauſend waren, zu reden komme, einige frappante Beyſpiele von dem verfluchten Be- tragen dieſer Schurken anbringen. Es giebt in Frankreich jezt eine doppelte Klaſſe Deſerteurs: ſolche, die der Republik gedient haben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/415
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/415>, abgerufen am 25.11.2024.