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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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nen braven Mann, ob er mich selbst gleich erst seit einer
Minute kannte. Die Gäste unterhielten sich mit
mir, und ich erzählte ihnen manchesmeiner Aben-
theuer, welches ihnen zu gefallen schien. Unter
andern war ein Grobschmied da, ein Mann von ohu-
gefähr funfzig Jahren, Namens Neulot, der mehr
als die übrigen sich mit mir einließ, und mir end-
lich seyu Haus anbot, wo ich, so lange ich in
Avignon bleiben würde, wohnen könnte. Ich nahm
dieses Anerbieten mit Freuden an, und zog gleich
den folgenden Tag bey Neulot, welcher ohnweit
des Rhone sein Haus hatte, ein. Ich habe in
dem Hause dieses braven Mannes viel Gutes ge-
nossen, und manche frohe Stunde gehabt; und bin
durch ihu mit mehreren bekannt geworden, welche
mir auch manches Vergnügen gemacht haben.

Er misbilligte meinen Vorsatz, mit den Ohne-
hosen weiter herum zu ziehen, und öffnete mir über
sie die Augen merklich. Die Armee revolutionnaire
ist eine Ruthe, sagte er, womit die Rebellen ge-
züchtigt werden mußten. Da aber die Rebellion
jezt ein Ende hat, so darf diese Armee nicht weiter
existiren, die nur Unordnung verbreiten würde. Er
bewies mir hierauf, daß ich wohl thun würde,
wenn ich mich ganz ruhig verhielte, und dasjenige
annähme, was die Republik den fremden Gefang-

Vierter Theil. C c

nen braven Mann, ob er mich ſelbſt gleich erſt ſeit einer
Minute kannte. Die Gaͤſte unterhielten ſich mit
mir, und ich erzaͤhlte ihnen manchesmeiner Aben-
theuer, welches ihnen zu gefallen ſchien. Unter
andern war ein Grobſchmied da, ein Mann von ohu-
gefaͤhr funfzig Jahren, Namens Neulot, der mehr
als die uͤbrigen ſich mit mir einließ, und mir end-
lich ſeyu Haus anbot, wo ich, ſo lange ich in
Avignon bleiben wuͤrde, wohnen koͤnnte. Ich nahm
dieſes Anerbieten mit Freuden an, und zog gleich
den folgenden Tag bey Neulot, welcher ohnweit
des Rhone ſein Haus hatte, ein. Ich habe in
dem Hauſe dieſes braven Mannes viel Gutes ge-
noſſen, und manche frohe Stunde gehabt; und bin
durch ihu mit mehreren bekannt geworden, welche
mir auch manches Vergnuͤgen gemacht haben.

Er misbilligte meinen Vorſatz, mit den Ohne-
hoſen weiter herum zu ziehen, und oͤffnete mir uͤber
ſie die Augen merklich. Die Armee revolutionnaire
iſt eine Ruthe, ſagte er, womit die Rebellen ge-
zuͤchtigt werden mußten. Da aber die Rebellion
jezt ein Ende hat, ſo darf dieſe Armee nicht weiter
exiſtiren, die nur Unordnung verbreiten wuͤrde. Er
bewies mir hierauf, daß ich wohl thun wuͤrde,
wenn ich mich ganz ruhig verhielte, und dasjenige
annaͤhme, was die Republik den fremden Gefang-

Vierter Theil. C c
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[401/0405] nen braven Mann, ob er mich ſelbſt gleich erſt ſeit einer Minute kannte. Die Gaͤſte unterhielten ſich mit mir, und ich erzaͤhlte ihnen manchesmeiner Aben- theuer, welches ihnen zu gefallen ſchien. Unter andern war ein Grobſchmied da, ein Mann von ohu- gefaͤhr funfzig Jahren, Namens Neulot, der mehr als die uͤbrigen ſich mit mir einließ, und mir end- lich ſeyu Haus anbot, wo ich, ſo lange ich in Avignon bleiben wuͤrde, wohnen koͤnnte. Ich nahm dieſes Anerbieten mit Freuden an, und zog gleich den folgenden Tag bey Neulot, welcher ohnweit des Rhone ſein Haus hatte, ein. Ich habe in dem Hauſe dieſes braven Mannes viel Gutes ge- noſſen, und manche frohe Stunde gehabt; und bin durch ihu mit mehreren bekannt geworden, welche mir auch manches Vergnuͤgen gemacht haben. Er misbilligte meinen Vorſatz, mit den Ohne- hoſen weiter herum zu ziehen, und oͤffnete mir uͤber ſie die Augen merklich. Die Armee revolutionnaire iſt eine Ruthe, ſagte er, womit die Rebellen ge- zuͤchtigt werden mußten. Da aber die Rebellion jezt ein Ende hat, ſo darf dieſe Armee nicht weiter exiſtiren, die nur Unordnung verbreiten wuͤrde. Er bewies mir hierauf, daß ich wohl thun wuͤrde, wenn ich mich ganz ruhig verhielte, und dasjenige annaͤhme, was die Republik den fremden Gefang- Vierter Theil. C c

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/405>, abgerufen am 18.05.2024.