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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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bleibt aber immer Staude: einen Rosmarin-Baum
habe ich nicht gesehen. Hat also ein gewisser Hal-
lischer Naturforscher im Kollegio gesagt: in der
Provence gäbe es Rosmarinbäume so groß wie die
höchsten Fichten -- sit fides penes auctorem.

Das ganze Land des Comtats war vor der Re-
volution voll Klöster, heiliger Kapellen, Kruzi-
fixe und anderer Insignien des Katholicismus. Al-
les dieses ist jezt zerstöhrt. -- Fast in jeder Kirche
war ein Gnadenbild, und man fand häufig wun-
derthätige Reliquien. Aber alle Wunderkraft war
nicht im Stande, den reißenden Strohm einer Re-
volution zu hemmen, die sie zernichtete. Hier,
wo der Aberglaube gleichsam sein Hauptwesen so
lange gehabt hatte, ist er endlich auch gefallen. *)


*) Wunder sind denn wohl nicht von Gott: sonst wäre Gott
hier w[id]er sich selbst gewesen. Wunder sind ein Product der
Unwissenheit des trägen Glaubens und des politischen und re-
ligiösen Dunstmachens. -- Aber wen macht es nicht lachen,
wenn eben die Maria, die ihre und andere Klotzbilder in Frank-
reich ungestöhrt zernichten ließ, in Oestreich jezt weinet, um den
Pöbel gegen Frankreich erst hintendrein aufzubringen! --
Kurz, wie der Glaube selig macht, so macht auch nur der
Glaube Wunder; denn wo dieser verschwindet, verschwinden
auch jene; und Gott bleibt Gott. Ganz Frankreich hält sich
fest am Irrdischen, und befindet sich wohl; und was das Ueber-
irrdische betrifft, so ist jezt jedes hellen Franzosen Frage und
Antwort kurz diese:
De Iove quid sentis? -- Minimum est, quod scire
laboro:
Iupiter est, quodcunque vides, quocunque moveris.

Und damit ist seine Theologie zu Ende. Und doch, wer über-
windet ihn!

bleibt aber immer Staude: einen Rosmarin-Baum
habe ich nicht geſehen. Hat alſo ein gewiſſer Hal-
liſcher Naturforſcher im Kollegio geſagt: in der
Provence gaͤbe es Rosmarinbaͤume ſo groß wie die
hoͤchſten Fichten — ſit fides penes auctorem.

Das ganze Land des Comtats war vor der Re-
volution voll Kloͤſter, heiliger Kapellen, Kruzi-
fixe und anderer Inſignien des Katholicismus. Al-
les dieſes iſt jezt zerſtoͤhrt. — Faſt in jeder Kirche
war ein Gnadenbild, und man fand haͤufig wun-
derthaͤtige Reliquien. Aber alle Wunderkraft war
nicht im Stande, den reißenden Strohm einer Re-
volution zu hemmen, die ſie zernichtete. Hier,
wo der Aberglaube gleichſam ſein Hauptweſen ſo
lange gehabt hatte, iſt er endlich auch gefallen. *)


*) Wunder ſind denn wohl nicht von Gott: ſonſt wäre Gott
hier w[id]er ſich ſelbſt geweſen. Wunder ſind ein Product der
Unwiſſenheit des trägen Glaubens und des politiſchen und re-
ligiöſen Dunſtmachens. — Aber wen macht es nicht lachen,
wenn eben die Maria, die ihre und andere Klotzbilder in Frank-
reich ungeſtöhrt zernichten ließ, in Oeſtreich jezt weinet, um den
Pöbel gegen Frankreich erſt hintendrein aufzubringen! —
Kurz, wie der Glaube ſelig macht, ſo macht auch nur der
Glaube Wunder; denn wo dieſer verſchwindet, verſchwinden
auch jene; und Gott bleibt Gott. Ganz Frankreich hält ſich
feſt am Irrdiſchen, und befindet ſich wohl; und was das Ueber-
irrdiſche betrifft, ſo iſt jezt jedes hellen Franzoſen Frage und
Antwort kurz dieſe:
De Iove quid ſentis? — Minimum eſt, quod ſcire
laboro:
Iupiter eſt, quodcunque vides, quocunque moveris.

Und damit iſt ſeine Theologie zu Ende. Und doch, wer über-
windet ihn!
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[389/0393] bleibt aber immer Staude: einen Rosmarin-Baum habe ich nicht geſehen. Hat alſo ein gewiſſer Hal- liſcher Naturforſcher im Kollegio geſagt: in der Provence gaͤbe es Rosmarinbaͤume ſo groß wie die hoͤchſten Fichten — ſit fides penes auctorem. Das ganze Land des Comtats war vor der Re- volution voll Kloͤſter, heiliger Kapellen, Kruzi- fixe und anderer Inſignien des Katholicismus. Al- les dieſes iſt jezt zerſtoͤhrt. — Faſt in jeder Kirche war ein Gnadenbild, und man fand haͤufig wun- derthaͤtige Reliquien. Aber alle Wunderkraft war nicht im Stande, den reißenden Strohm einer Re- volution zu hemmen, die ſie zernichtete. Hier, wo der Aberglaube gleichſam ſein Hauptweſen ſo lange gehabt hatte, iſt er endlich auch gefallen. *) *) Wunder ſind denn wohl nicht von Gott: ſonſt wäre Gott hier wider ſich ſelbſt geweſen. Wunder ſind ein Product der Unwiſſenheit des trägen Glaubens und des politiſchen und re- ligiöſen Dunſtmachens. — Aber wen macht es nicht lachen, wenn eben die Maria, die ihre und andere Klotzbilder in Frank- reich ungeſtöhrt zernichten ließ, in Oeſtreich jezt weinet, um den Pöbel gegen Frankreich erſt hintendrein aufzubringen! — Kurz, wie der Glaube ſelig macht, ſo macht auch nur der Glaube Wunder; denn wo dieſer verſchwindet, verſchwinden auch jene; und Gott bleibt Gott. Ganz Frankreich hält ſich feſt am Irrdiſchen, und befindet ſich wohl; und was das Ueber- irrdiſche betrifft, ſo iſt jezt jedes hellen Franzoſen Frage und Antwort kurz dieſe: De Iove quid ſentis? — Minimum eſt, quod ſcire laboro: Iupiter eſt, quodcunque vides, quocunque moveris. Und damit iſt ſeine Theologie zu Ende. Und doch, wer über- windet ihn!

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/393>, abgerufen am 25.11.2024.