Der Konvent foderte die Untersuchung des Pro- zesses über Chailler und seine Freunde; allein die Lyoner versagten den Gehorsam, und instruirten den Prozeß dieser Unglücklichen ganz für sich. Sie wurden alle hingerichtet. In Girtanners An- nalen werden nur zwey genannt, es waren aber mehr als dreyßig, welche auf einen Tag mit Chailler guillotinirt wurden.
In Lyon hatte man die Nationalkokarde abge- schaft, und an deren Stelle eine weiße oder die kö- nigliche aufgesteckt. Chailler küßte noch auf der Blutbühne die dreyfarbige Hurschleife; und dafür wurde, nach seiner Hinrichtung, sie zum Spott an seinen abgehackten Kopf genagelt.
Wenn die Guillotine recht geht, so muß der Kopf auf einen Schlag herabfahren, wenigstens kann er nur noch an der untern Haut hängen blei- ben. Aber bey der Hinrichtung des Chaillers wurde das Messer so eingerichtet, daß es dreymal fallen mußte, ehe der Unglückliche sterben konnte. Dieser Umstand von der Barbarey der Lyoner ist in Frankreich allgemein bekannt, und blos aus dieser Ursache ist hernach auch der Henker oder der Guillo- tineur hingerichtet worden: er hatte gegen das Ge- setz einen Menschen bey der Exekution gemartert.
Auch die Volksrepräsentanten mußten jezt Lyon verlassen, und begaben sich nach Paris, wo sie von
Der Konvent foderte die Unterſuchung des Pro- zeſſes uͤber Chailler und ſeine Freunde; allein die Lyoner verſagten den Gehorſam, und inſtruirten den Prozeß dieſer Ungluͤcklichen ganz fuͤr ſich. Sie wurden alle hingerichtet. In Girtanners An- nalen werden nur zwey genannt, es waren aber mehr als dreyßig, welche auf einen Tag mit Chailler guillotinirt wurden.
In Lyon hatte man die Nationalkokarde abge- ſchaft, und an deren Stelle eine weiße oder die koͤ- nigliche aufgeſteckt. Chailler kuͤßte noch auf der Blutbuͤhne die dreyfarbige Hurſchleife; und dafuͤr wurde, nach ſeiner Hinrichtung, ſie zum Spott an ſeinen abgehackten Kopf genagelt.
Wenn die Guillotine recht geht, ſo muß der Kopf auf einen Schlag herabfahren, wenigſtens kann er nur noch an der untern Haut haͤngen blei- ben. Aber bey der Hinrichtung des Chaillers wurde das Meſſer ſo eingerichtet, daß es dreymal fallen mußte, ehe der Ungluͤckliche ſterben konnte. Dieſer Umſtand von der Barbarey der Lyoner iſt in Frankreich allgemein bekannt, und blos aus dieſer Urſache iſt hernach auch der Henker oder der Guillo- tineur hingerichtet worden: er hatte gegen das Ge- ſetz einen Menſchen bey der Exekution gemartert.
Auch die Volksrepraͤſentanten mußten jezt Lyon verlaſſen, und begaben ſich nach Paris, wo ſie von
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[352/0356]
Der Konvent foderte die Unterſuchung des Pro-
zeſſes uͤber Chailler und ſeine Freunde; allein die
Lyoner verſagten den Gehorſam, und inſtruirten den
Prozeß dieſer Ungluͤcklichen ganz fuͤr ſich. Sie
wurden alle hingerichtet. In Girtanners An-
nalen werden nur zwey genannt, es waren aber
mehr als dreyßig, welche auf einen Tag mit
Chailler guillotinirt wurden.
In Lyon hatte man die Nationalkokarde abge-
ſchaft, und an deren Stelle eine weiße oder die koͤ-
nigliche aufgeſteckt. Chailler kuͤßte noch auf der
Blutbuͤhne die dreyfarbige Hurſchleife; und dafuͤr
wurde, nach ſeiner Hinrichtung, ſie zum Spott an
ſeinen abgehackten Kopf genagelt.
Wenn die Guillotine recht geht, ſo muß der
Kopf auf einen Schlag herabfahren, wenigſtens
kann er nur noch an der untern Haut haͤngen blei-
ben. Aber bey der Hinrichtung des Chaillers
wurde das Meſſer ſo eingerichtet, daß es dreymal
fallen mußte, ehe der Ungluͤckliche ſterben konnte.
Dieſer Umſtand von der Barbarey der Lyoner iſt in
Frankreich allgemein bekannt, und blos aus dieſer
Urſache iſt hernach auch der Henker oder der Guillo-
tineur hingerichtet worden: er hatte gegen das Ge-
ſetz einen Menſchen bey der Exekution gemartert.
Auch die Volksrepraͤſentanten mußten jezt Lyon
verlaſſen, und begaben ſich nach Paris, wo ſie von
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/356>, abgerufen am 22.11.2024.
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