Dank zu hören, ließ er mir eine Flasche Wein ge- ben, welche ich mit einem kaiserlichen Offizier, dem Leutnant Zimmer, vom Regiment Wilhelm Schröder, trinken sollte, und ging.
Es währte nicht lange, so kam der auf der Retirade in Gefangenschaft gerathene Chirurgus Ludwig, vom Regiment Prinz Ferdinand von Preußen, nebst noch einem Feldscheer aus Schlett- stadt, und wollten den Hauptmann sprechen. Ihre Absicht war, ihm zu berichten, daß zwey Bursche von den Kaiserlichen, ohnmöglich Morgen mit könnten: es wäre zu besorgen, daß sie unter- wegs auf dem Wagen umkämen. Da ich schon einiges Ansehn bey dem Hauptmann hatte, so nahm ich beyde Feldscheere mit zum Märe, wo der Hauptmann war, und stellte ihm in Beyseyn des Märes vor, daß die Leute in Schettstadt blei- ben müßten. Aber der Märe, ohne des Haupt- manns Antwort abzuwarten, erklärte sofort, daß ihr kleines Spital so voll sey, daß nichts mehr hineinginge: die Leute müßten also weiter nach Colmar geschafft werden. Der Hauptmann fiel rasch ein: "wenn die Leute nicht fort können, ohne Gefahr auf dem Wagen zu sterben, so müssen sie hier bleiben: das wollen wir morgen schon sehen." Er befahl hierauf dem Schlettstädter Chirurgus,
Dank zu hoͤren, ließ er mir eine Flaſche Wein ge- ben, welche ich mit einem kaiſerlichen Offizier, dem Leutnant Zimmer, vom Regiment Wilhelm Schroͤder, trinken ſollte, und ging.
Es waͤhrte nicht lange, ſo kam der auf der Retirade in Gefangenſchaft gerathene Chirurgus Ludwig, vom Regiment Prinz Ferdinand von Preußen, nebſt noch einem Feldſcheer aus Schlett- ſtadt, und wollten den Hauptmann ſprechen. Ihre Abſicht war, ihm zu berichten, daß zwey Burſche von den Kaiſerlichen, ohnmoͤglich Morgen mit koͤnnten: es waͤre zu beſorgen, daß ſie unter- wegs auf dem Wagen umkaͤmen. Da ich ſchon einiges Anſehn bey dem Hauptmann hatte, ſo nahm ich beyde Feldſcheere mit zum Maͤre, wo der Hauptmann war, und ſtellte ihm in Beyſeyn des Maͤres vor, daß die Leute in Schettſtadt blei- ben muͤßten. Aber der Maͤre, ohne des Haupt- manns Antwort abzuwarten, erklaͤrte ſofort, daß ihr kleines Spital ſo voll ſey, daß nichts mehr hineinginge: die Leute muͤßten alſo weiter nach Colmar geſchafft werden. Der Hauptmann fiel raſch ein: „wenn die Leute nicht fort koͤnnen, ohne Gefahr auf dem Wagen zu ſterben, ſo muͤſſen ſie hier bleiben: das wollen wir morgen ſchon ſehen.“ Er befahl hierauf dem Schlettſtaͤdter Chirurgus,
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Dank zu hoͤren, ließ er mir eine Flaſche Wein ge-
ben, welche ich mit einem kaiſerlichen Offizier,
dem Leutnant Zimmer, vom Regiment Wilhelm
Schroͤder, trinken ſollte, und ging.
Es waͤhrte nicht lange, ſo kam der auf der
Retirade in Gefangenſchaft gerathene Chirurgus
Ludwig, vom Regiment Prinz Ferdinand von
Preußen, nebſt noch einem Feldſcheer aus Schlett-
ſtadt, und wollten den Hauptmann ſprechen.
Ihre Abſicht war, ihm zu berichten, daß zwey
Burſche von den Kaiſerlichen, ohnmoͤglich Morgen
mit koͤnnten: es waͤre zu beſorgen, daß ſie unter-
wegs auf dem Wagen umkaͤmen. Da ich ſchon
einiges Anſehn bey dem Hauptmann hatte, ſo
nahm ich beyde Feldſcheere mit zum Maͤre, wo
der Hauptmann war, und ſtellte ihm in Beyſeyn
des Maͤres vor, daß die Leute in Schettſtadt blei-
ben muͤßten. Aber der Maͤre, ohne des Haupt-
manns Antwort abzuwarten, erklaͤrte ſofort, daß
ihr kleines Spital ſo voll ſey, daß nichts mehr
hineinginge: die Leute muͤßten alſo weiter nach
Colmar geſchafft werden. Der Hauptmann fiel
raſch ein: „wenn die Leute nicht fort koͤnnen,
ohne Gefahr auf dem Wagen zu ſterben, ſo muͤſſen
ſie hier bleiben: das wollen wir morgen ſchon ſehen.“
Er befahl hierauf dem Schlettſtaͤdter Chirurgus,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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