Grundsätzen sehr gemäß gehandelt: denn diese er- lauben alles, wenn nur das hohe Wohl der Kirche -- dadurch befördert und erhalten wird.
Kurz, man fand, daß so lange noch Priester und öffentliche Religionsübungen seyn würden, die Republik nicht bestehen könnte. Die Sache we- gen der Religion kam demnach oft vor in den Be- rathschlagungen des Konvents, bis endlich der konstitutionelle Bischof von Paris -- sein Name fällt mir nicht gleich bey -- selbst öffentlich im Namen der gut- und ehrlich gesinnten Geistlich- keit antrug, daß man alle positive Religion ab- schaffen, und die Vernunft allein, als die hinrei- chende, und einzig sichere und reine Quelle der Wahrheit, und als die unwidersprechlichste Lehr- meisterin der menschlichen Glückseligkeit ansehen, und öffentlich autorisiren mögte: Und dieser Vor- schlag, auf den man freilich schon lange gedacht hatte, wurde angenommen. Das geschah gegen das Ende des Jahres 1793.
Der National-Konvent dekretirte also, daß in Zukunft kein öffentlicher Gottesdienst, keine öf- fentliche Religion statt haben, und daß alle Sym- bole derselben, alle äußere Zeichen abgeschafft seyn sollten. *)
*) Das Dekret, welches den 3ten Ventos über die Ausübung des Gottesdienstes gegeben wurde, war wörtlich folgendes:
Grundſaͤtzen ſehr gemaͤß gehandelt: denn dieſe er- lauben alles, wenn nur das hohe Wohl der Kirche — dadurch befoͤrdert und erhalten wird.
Kurz, man fand, daß ſo lange noch Prieſter und oͤffentliche Religionsuͤbungen ſeyn wuͤrden, die Republik nicht beſtehen koͤnnte. Die Sache we- gen der Religion kam demnach oft vor in den Be- rathſchlagungen des Konvents, bis endlich der konſtitutionelle Biſchof von Paris — ſein Name faͤllt mir nicht gleich bey — ſelbſt oͤffentlich im Namen der gut- und ehrlich geſinnten Geiſtlich- keit antrug, daß man alle poſitive Religion ab- ſchaffen, und die Vernunft allein, als die hinrei- chende, und einzig ſichere und reine Quelle der Wahrheit, und als die unwiderſprechlichſte Lehr- meiſterin der menſchlichen Gluͤckſeligkeit anſehen, und oͤffentlich autoriſiren moͤgte: Und dieſer Vor- ſchlag, auf den man freilich ſchon lange gedacht hatte, wurde angenommen. Das geſchah gegen das Ende des Jahres 1793.
Der National-Konvent dekretirte alſo, daß in Zukunft kein oͤffentlicher Gottesdienſt, keine oͤf- fentliche Religion ſtatt haben, und daß alle Sym- bole derſelben, alle aͤußere Zeichen abgeſchafft ſeyn ſollten. *)
*) Das Dekret, welches den 3ten Ventos über die Ausübung des Gottesdienſtes gegeben wurde, war wörtlich folgendes:
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Grundſaͤtzen ſehr gemaͤß gehandelt: denn dieſe er-
lauben alles, wenn nur das hohe Wohl der Kirche
— dadurch befoͤrdert und erhalten wird.
Kurz, man fand, daß ſo lange noch Prieſter
und oͤffentliche Religionsuͤbungen ſeyn wuͤrden, die
Republik nicht beſtehen koͤnnte. Die Sache we-
gen der Religion kam demnach oft vor in den Be-
rathſchlagungen des Konvents, bis endlich der
konſtitutionelle Biſchof von Paris — ſein Name
faͤllt mir nicht gleich bey — ſelbſt oͤffentlich im
Namen der gut- und ehrlich geſinnten Geiſtlich-
keit antrug, daß man alle poſitive Religion ab-
ſchaffen, und die Vernunft allein, als die hinrei-
chende, und einzig ſichere und reine Quelle der
Wahrheit, und als die unwiderſprechlichſte Lehr-
meiſterin der menſchlichen Gluͤckſeligkeit anſehen,
und oͤffentlich autoriſiren moͤgte: Und dieſer Vor-
ſchlag, auf den man freilich ſchon lange gedacht
hatte, wurde angenommen. Das geſchah gegen
das Ende des Jahres 1793.
Der National-Konvent dekretirte alſo, daß in
Zukunft kein oͤffentlicher Gottesdienſt, keine oͤf-
fentliche Religion ſtatt haben, und daß alle Sym-
bole derſelben, alle aͤußere Zeichen abgeſchafft ſeyn
ſollten. *)
*) Das Dekret, welches den 3ten Ventos über die Ausübung
des Gottesdienſtes gegeben wurde, war wörtlich folgendes:
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/266>, abgerufen am 22.11.2024.
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