Um also das angefangne Werk durch Priester- Intriguen nicht länger hindern zu lassen, richteten die Jakobiner Adresse über Adresse an den Natio- nal-Convent, daß er Maaßregeln ergreifen mögte, dem Unfuge vorzubeugen, welchen die Priester ohne Aufhören stifteten. Aber der Konvent, hieß es endlich, kann nicht helfen, so lange wir noch überhaupt Priester haben. Es war nämlich be- kannt geworden, wenigstens hatte man es in ganz Frankreich ausgesprengt, daß der Papst den Prie- stern heimlich erlaubt habe, den National-Eid zu schwören, daß sie aber an diesen Eid dennoch gar nicht gebunden, sondern vielmehr verpflichtet seyn sollten, gerade gegen das Interesse der Republik, zum Besten der Monarchie und der Kirche unter der Hand mitzuwirken.
Ich kann nicht sagen, ob diese Erlaubniß des Papstes eine Erdichtung der Jakobiner gewesen sey, oder nicht. War es eine Erdichtung: so ha- ben die Jakobiner nach ihrem Princip konsequent gehandelt: denn dieses bestand darin, daß man Alles thun dürfe, wenn es nur zur Gründung und Befestigung der Freyheit abzwecke: man müsse übrigens nicht so sehr auf die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Sache selbst sehen. Hat aber der Papst eine solche Dispensation wirklich gege- ben: so hat auch er seinen jesuitisch-monarchischen
Um alſo das angefangne Werk durch Prieſter- Intriguen nicht laͤnger hindern zu laſſen, richteten die Jakobiner Adreſſe uͤber Adreſſe an den Natio- nal-Convent, daß er Maaßregeln ergreifen moͤgte, dem Unfuge vorzubeugen, welchen die Prieſter ohne Aufhoͤren ſtifteten. Aber der Konvent, hieß es endlich, kann nicht helfen, ſo lange wir noch uͤberhaupt Prieſter haben. Es war naͤmlich be- kannt geworden, wenigſtens hatte man es in ganz Frankreich ausgeſprengt, daß der Papſt den Prie- ſtern heimlich erlaubt habe, den National-Eid zu ſchwoͤren, daß ſie aber an dieſen Eid dennoch gar nicht gebunden, ſondern vielmehr verpflichtet ſeyn ſollten, gerade gegen das Intereſſe der Republik, zum Beſten der Monarchie und der Kirche unter der Hand mitzuwirken.
Ich kann nicht ſagen, ob dieſe Erlaubniß des Papſtes eine Erdichtung der Jakobiner geweſen ſey, oder nicht. War es eine Erdichtung: ſo ha- ben die Jakobiner nach ihrem Princip konſequent gehandelt: denn dieſes beſtand darin, daß man Alles thun duͤrfe, wenn es nur zur Gruͤndung und Befeſtigung der Freyheit abzwecke: man muͤſſe uͤbrigens nicht ſo ſehr auf die Rechtmaͤßigkeit oder Unrechtmaͤßigkeit der Sache ſelbſt ſehen. Hat aber der Papſt eine ſolche Diſpenſation wirklich gege- ben: ſo hat auch er ſeinen jeſuitiſch-monarchiſchen
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0265"n="261"/><p>Um alſo das angefangne Werk durch Prieſter-<lb/>
Intriguen nicht laͤnger hindern zu laſſen, richteten<lb/>
die Jakobiner Adreſſe uͤber Adreſſe an den Natio-<lb/>
nal-Convent, daß er Maaßregeln ergreifen moͤgte,<lb/>
dem Unfuge vorzubeugen, welchen die Prieſter<lb/>
ohne Aufhoͤren ſtifteten. Aber der Konvent, hieß<lb/>
es endlich, kann nicht helfen, ſo lange wir noch<lb/>
uͤberhaupt Prieſter haben. Es war naͤmlich be-<lb/>
kannt geworden, wenigſtens hatte man es in ganz<lb/>
Frankreich ausgeſprengt, daß der Papſt den Prie-<lb/>ſtern heimlich erlaubt habe, den National-Eid zu<lb/>ſchwoͤren, daß ſie aber an dieſen Eid dennoch gar<lb/>
nicht gebunden, ſondern vielmehr verpflichtet ſeyn<lb/>ſollten, gerade gegen das Intereſſe der Republik,<lb/>
zum Beſten der Monarchie und der Kirche unter<lb/>
der Hand mitzuwirken.</p><lb/><p>Ich kann nicht ſagen, ob dieſe Erlaubniß des<lb/>
Papſtes eine Erdichtung der Jakobiner geweſen<lb/>ſey, oder nicht. War es eine Erdichtung: ſo ha-<lb/>
ben die Jakobiner nach ihrem Princip konſequent<lb/>
gehandelt: denn dieſes beſtand darin, daß man<lb/>
Alles thun duͤrfe, wenn es nur zur Gruͤndung und<lb/>
Befeſtigung der Freyheit abzwecke: man muͤſſe<lb/>
uͤbrigens nicht ſo ſehr auf die Rechtmaͤßigkeit oder<lb/>
Unrechtmaͤßigkeit der Sache ſelbſt ſehen. Hat aber<lb/>
der Papſt eine ſolche Diſpenſation wirklich gege-<lb/>
ben: ſo hat auch er ſeinen jeſuitiſch-monarchiſchen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[261/0265]
Um alſo das angefangne Werk durch Prieſter-
Intriguen nicht laͤnger hindern zu laſſen, richteten
die Jakobiner Adreſſe uͤber Adreſſe an den Natio-
nal-Convent, daß er Maaßregeln ergreifen moͤgte,
dem Unfuge vorzubeugen, welchen die Prieſter
ohne Aufhoͤren ſtifteten. Aber der Konvent, hieß
es endlich, kann nicht helfen, ſo lange wir noch
uͤberhaupt Prieſter haben. Es war naͤmlich be-
kannt geworden, wenigſtens hatte man es in ganz
Frankreich ausgeſprengt, daß der Papſt den Prie-
ſtern heimlich erlaubt habe, den National-Eid zu
ſchwoͤren, daß ſie aber an dieſen Eid dennoch gar
nicht gebunden, ſondern vielmehr verpflichtet ſeyn
ſollten, gerade gegen das Intereſſe der Republik,
zum Beſten der Monarchie und der Kirche unter
der Hand mitzuwirken.
Ich kann nicht ſagen, ob dieſe Erlaubniß des
Papſtes eine Erdichtung der Jakobiner geweſen
ſey, oder nicht. War es eine Erdichtung: ſo ha-
ben die Jakobiner nach ihrem Princip konſequent
gehandelt: denn dieſes beſtand darin, daß man
Alles thun duͤrfe, wenn es nur zur Gruͤndung und
Befeſtigung der Freyheit abzwecke: man muͤſſe
uͤbrigens nicht ſo ſehr auf die Rechtmaͤßigkeit oder
Unrechtmaͤßigkeit der Sache ſelbſt ſehen. Hat aber
der Papſt eine ſolche Diſpenſation wirklich gege-
ben: ſo hat auch er ſeinen jeſuitiſch-monarchiſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/265>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.