Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.s[t]ellte dessen ganze Geschichte darin auf, nebst Zü- Nur, weil er einsah, daß der öffentliche An- *) "Gott weiß es -- sagte er, als man ihn zu Ende Novem-
bers 1792, bey der neuen Beamtenwahl zu Weißenburg, zum öffentlichen Ankläger ernannt hatte -- Gott weis es, daß ich einen solchen Posten mir nie wünschte[!] Ich rieth daher allen denen, die mir ihre Absicht, mich zu wählen, eröffneten, sich nach einem Manne umzusehen, dem mehr, als mir, damit gedient wäre. Die Verrichtungen eines öffentlichen Anklägers würden meinem Herzen äußerst schwer gefallen seyn. Sie wür- den mich aus meinen litterarischen Beschäftigungen und der Sphäre eines Schriftstellers herausgerissen, und zu Arbeiten verdammt haben, welche mit meiner natürlichen Gemüthsart allzusehr kontrastiren. Doch ein guter Bürger muß die Stim- me des Volks verehren, und jedes Opfer sich gefallen lassen, welches das allgemeine Beste fodert." -- Als die Repräsen- tanten ihm nachher verboten, [s]eine Anklägerstelle aufzugebe[n] erklärte er öffentlich: "Ich bleibe an meinem Posten, und weiß zu sterben für die Sache der Freyheit und Gerechtigkeit. Nicht erst seit gestern wandle ich unter Meucheldolchen." -- ſ[t]ellte deſſen ganze Geſchichte darin auf, nebſt Zuͤ- Nur, weil er einſah, daß der oͤffentliche An- *) „Gott weiß es — ſagte er, als man ihn zu Ende Novem-
bers 1792, bey der neuen Beamtenwahl zu Weißenburg, zum öffentlichen Ankläger ernannt hatte — Gott weis es, daß ich einen ſolchen Poſten mir nie wünſchte[!] Ich rieth daher allen denen, die mir ihre Abſicht, mich zu wählen, eröffneten, ſich nach einem Manne umzuſehen, dem mehr, als mir, damit gedient wäre. Die Verrichtungen eines öffentlichen Anklägers würden meinem Herzen äußerſt ſchwer gefallen ſeyn. Sie wür- den mich aus meinen litterariſchen Beſchäftigungen und der Sphäre eines Schriftſtellers herausgeriſſen, und zu Arbeiten verdammt haben, welche mit meiner natürlichen Gemüthsart allzuſehr kontraſtiren. Doch ein guter Bürger muß die Stim- me des Volks verehren, und jedes Opfer ſich gefallen laſſen, welches das allgemeine Beſte fodert.“ — Als die Repräſen- tanten ihm nachher verboten, [ſ]eine Anklägerſtelle aufzugebe[n] erklärte er öffentlich: „Ich bleibe an meinem Poſten, und weiß zu ſterben für die Sache der Freyheit und Gerechtigkeit. Nicht erſt ſeit geſtern wandle ich unter Meucheldolchen.“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0228" n="224"/> ſ<supplied>t</supplied>ellte deſſen ganze Geſchichte darin auf, nebſt Zuͤ-<lb/> gen aus der Geſchichte und den Sitten der Stras-<lb/> burger. Als er merkte, wie bitterſcharf dieſe Spott-<lb/> ſchrift noch nach einigen Monaten gegen <hi rendition="#g">Dietrich</hi><lb/> wirkte, geſtand er jemanden unter vier Augen: Er<lb/> wolle, er haͤtte das Ding nicht gemacht. — So<lb/> ſchwach war <hi rendition="#g">Schneider</hi>, aber auch ſo gutmuͤ-<lb/> thig! <note place="foot" n="*)">„Gott weiß es — ſagte er, als man ihn zu Ende Novem-<lb/> bers 1792, bey der neuen Beamtenwahl zu Weißenburg, zum<lb/> öffentlichen Ankläger ernannt hatte — Gott weis es, daß ich<lb/> einen ſolchen Poſten mir nie wünſchte<supplied>!</supplied> Ich rieth daher allen<lb/> denen, die mir ihre Abſicht, mich zu wählen, eröffneten, ſich<lb/> nach einem Manne umzuſehen, dem mehr, als mir, damit<lb/> gedient wäre. Die Verrichtungen eines öffentlichen Anklägers<lb/> würden meinem Herzen äußerſt ſchwer gefallen ſeyn. Sie wür-<lb/> den mich aus meinen litterariſchen Beſchäftigungen und der<lb/> Sphäre eines Schriftſtellers herausgeriſſen, und zu Arbeiten<lb/> verdammt haben, welche mit meiner natürlichen Gemüthsart<lb/> allzuſehr kontraſtiren. Doch ein guter Bürger muß die Stim-<lb/> me des Volks verehren, und jedes Opfer ſich gefallen laſſen,<lb/> welches das allgemeine Beſte fodert.“ — Als die Repräſen-<lb/> tanten ihm nachher verboten, <supplied>ſ</supplied>eine Anklägerſtelle aufzugebe<supplied>n</supplied><lb/> erklärte er öffentlich: „Ich bleibe an meinem Poſten, und<lb/> weiß zu ſterben für die Sache der Freyheit und Gerechtigkeit.<lb/> Nicht erſt ſeit geſtern wandle ich unter Meucheldolchen.“ —</note></p><lb/> <p>Nur, weil er einſah, daß der oͤffentliche An-<lb/> klaͤger gegen die Werkzeuge der Gegenrevolution<lb/> gar zu nachſichtig verfuhr, und daß ohne ſtrenge<lb/> Exekution der Geſetze die Republik nie zu Stande<lb/> kommen wuͤrde, trat er ſein Anklaͤger-Amt erſt in<lb/> der Mitte des Februars 1793 an, obgleich er ſchon<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [224/0228]
ſtellte deſſen ganze Geſchichte darin auf, nebſt Zuͤ-
gen aus der Geſchichte und den Sitten der Stras-
burger. Als er merkte, wie bitterſcharf dieſe Spott-
ſchrift noch nach einigen Monaten gegen Dietrich
wirkte, geſtand er jemanden unter vier Augen: Er
wolle, er haͤtte das Ding nicht gemacht. — So
ſchwach war Schneider, aber auch ſo gutmuͤ-
thig! *)
Nur, weil er einſah, daß der oͤffentliche An-
klaͤger gegen die Werkzeuge der Gegenrevolution
gar zu nachſichtig verfuhr, und daß ohne ſtrenge
Exekution der Geſetze die Republik nie zu Stande
kommen wuͤrde, trat er ſein Anklaͤger-Amt erſt in
der Mitte des Februars 1793 an, obgleich er ſchon
*) „Gott weiß es — ſagte er, als man ihn zu Ende Novem-
bers 1792, bey der neuen Beamtenwahl zu Weißenburg, zum
öffentlichen Ankläger ernannt hatte — Gott weis es, daß ich
einen ſolchen Poſten mir nie wünſchte! Ich rieth daher allen
denen, die mir ihre Abſicht, mich zu wählen, eröffneten, ſich
nach einem Manne umzuſehen, dem mehr, als mir, damit
gedient wäre. Die Verrichtungen eines öffentlichen Anklägers
würden meinem Herzen äußerſt ſchwer gefallen ſeyn. Sie wür-
den mich aus meinen litterariſchen Beſchäftigungen und der
Sphäre eines Schriftſtellers herausgeriſſen, und zu Arbeiten
verdammt haben, welche mit meiner natürlichen Gemüthsart
allzuſehr kontraſtiren. Doch ein guter Bürger muß die Stim-
me des Volks verehren, und jedes Opfer ſich gefallen laſſen,
welches das allgemeine Beſte fodert.“ — Als die Repräſen-
tanten ihm nachher verboten, ſeine Anklägerſtelle aufzugeben
erklärte er öffentlich: „Ich bleibe an meinem Poſten, und
weiß zu ſterben für die Sache der Freyheit und Gerechtigkeit.
Nicht erſt ſeit geſtern wandle ich unter Meucheldolchen.“ —
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