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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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und als ein Zeichen angeborner Hoheit zer-
schmissen worden. Die Gemälde und andere De-
korationen der Zimmer waren auch nicht mehr, und
in den großen Sälen lag Holz und Stroh.

So was währt denn auch nur eine Zeitlang,
und Palläste sind dem Verderben eben so gut aus-
gesezt, als kleine Hütten! Freilich lassen sich diese
ohne große Mühe niederreißen, aber auch jene
werden eingerissen, und ihr Ruin ist um so sicht-
barer, je fester ihre Struktur vorher war. --

Ich wollte, weil ich in Strasburg Bekannte
hatte, ausgehen, und wendete mich deswegen an
den Commis, welchem die Aufsicht über die Deser-
teurs und Gefangnen anvertraut war: aber dieser
entschuldigte sich, und sagte, daß er das nicht er-
lauben dürfte: vor einigen Tagen habe er auch ei-
nige Gefangne ausgehen lassen, diese aber hätten
schlechte Streiche verübt, und in der Stadt ge-
stohlen. Nun sey es ihm verboten: aber der Kriegs-
kommissär würde am andern Morgen früh kommen,
und der würde mir es wahrscheinlich gestatten.
Früh kam dieser wirklich, und als er hörte, daß
ich den Eulogius Schneider, damals öffent-
lichen Ankläger bey dem Tribunale zu Strasburg,
besuchen wollte, erlaubte er mir nicht nur auszu-
gehen, sondern schenkte mir noch drey Livres in
Papier, pour boire a la sante de la Republique.


und als ein Zeichen angeborner Hoheit zer-
ſchmiſſen worden. Die Gemaͤlde und andere De-
korationen der Zimmer waren auch nicht mehr, und
in den großen Saͤlen lag Holz und Stroh.

So was waͤhrt denn auch nur eine Zeitlang,
und Pallaͤſte ſind dem Verderben eben ſo gut aus-
geſezt, als kleine Huͤtten! Freilich laſſen ſich dieſe
ohne große Muͤhe niederreißen, aber auch jene
werden eingeriſſen, und ihr Ruin iſt um ſo ſicht-
barer, je feſter ihre Struktur vorher war. —

Ich wollte, weil ich in Strasburg Bekannte
hatte, ausgehen, und wendete mich deswegen an
den Commis, welchem die Aufſicht uͤber die Deſer-
teurs und Gefangnen anvertraut war: aber dieſer
entſchuldigte ſich, und ſagte, daß er das nicht er-
lauben duͤrfte: vor einigen Tagen habe er auch ei-
nige Gefangne ausgehen laſſen, dieſe aber haͤtten
ſchlechte Streiche veruͤbt, und in der Stadt ge-
ſtohlen. Nun ſey es ihm verboten: aber der Kriegs-
kommiſſaͤr wuͤrde am andern Morgen fruͤh kommen,
und der wuͤrde mir es wahrſcheinlich geſtatten.
Fruͤh kam dieſer wirklich, und als er hoͤrte, daß
ich den Eulogius Schneider, damals oͤffent-
lichen Anklaͤger bey dem Tribunale zu Strasburg,
beſuchen wollte, erlaubte er mir nicht nur auszu-
gehen, ſondern ſchenkte mir noch drey Livres in
Papier, pour boire à la ſanté de la République.


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[189/0193] und als ein Zeichen angeborner Hoheit zer- ſchmiſſen worden. Die Gemaͤlde und andere De- korationen der Zimmer waren auch nicht mehr, und in den großen Saͤlen lag Holz und Stroh. So was waͤhrt denn auch nur eine Zeitlang, und Pallaͤſte ſind dem Verderben eben ſo gut aus- geſezt, als kleine Huͤtten! Freilich laſſen ſich dieſe ohne große Muͤhe niederreißen, aber auch jene werden eingeriſſen, und ihr Ruin iſt um ſo ſicht- barer, je feſter ihre Struktur vorher war. — Ich wollte, weil ich in Strasburg Bekannte hatte, ausgehen, und wendete mich deswegen an den Commis, welchem die Aufſicht uͤber die Deſer- teurs und Gefangnen anvertraut war: aber dieſer entſchuldigte ſich, und ſagte, daß er das nicht er- lauben duͤrfte: vor einigen Tagen habe er auch ei- nige Gefangne ausgehen laſſen, dieſe aber haͤtten ſchlechte Streiche veruͤbt, und in der Stadt ge- ſtohlen. Nun ſey es ihm verboten: aber der Kriegs- kommiſſaͤr wuͤrde am andern Morgen fruͤh kommen, und der wuͤrde mir es wahrſcheinlich geſtatten. Fruͤh kam dieſer wirklich, und als er hoͤrte, daß ich den Eulogius Schneider, damals oͤffent- lichen Anklaͤger bey dem Tribunale zu Strasburg, beſuchen wollte, erlaubte er mir nicht nur auszu- gehen, ſondern ſchenkte mir noch drey Livres in Papier, pour boire à la ſanté de la République.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/193>, abgerufen am 05.05.2024.