diesen Gesetzen die Pflanzschule der Republik (la pepeniere de la republique) genannt wird, und daß man sehr auf die Ausschweifung loszieht.
Wenn dieses geschehen ist, so erinnert sie der Präsident, nach drey Dekaden, oder nach dreißig Tagen wieder zu kommen, um ihre Heurath ein- schreiben zu lassen. Darauf werden Anschlage- zettel in allen Sektionen der Distriktstadt angeklebt. Es sind hiezu eigne Plätze bestimmt, wo man täglich lesen kann, wer heurathen will; und da die Franzosen sehr neugierig sind, so findet man da auch immer Leser. Sind die Brautleute von einem Dorfe, so wird ein solcher Zettel auch auf dem Dorfe angeheftet.
Nach Verlauf von drey Dekaden kommt das Brautpaar mit den Zeugen wieder auf die Muni- cipalität des Distrikts, wo man sie nochmals zur Erfüllung der Bürgerpflichten ermahnt, und sie sodann in die Liste der verehlichten Bürger und Bürgerinnen einschreibt.
Bis hieher kostet der ganze Handel auch nicht einen Heller: wer aber einen Trauschein haben will, zahlt dem Schreiber für seine Mühe, Pa- pier und Pettschaft funfzehn Sous in Papier: und das ist alles!
Die Ehescheidung hält in Frankreich jezt här- ter, als in irgend einem andern Lande. Diese
dieſen Geſetzen die Pflanzſchule der Republik (la pepeniere de la république) genannt wird, und daß man ſehr auf die Ausſchweifung loszieht.
Wenn dieſes geſchehen iſt, ſo erinnert ſie der Praͤſident, nach drey Dekaden, oder nach dreißig Tagen wieder zu kommen, um ihre Heurath ein- ſchreiben zu laſſen. Darauf werden Anſchlage- zettel in allen Sektionen der Diſtriktſtadt angeklebt. Es ſind hiezu eigne Plaͤtze beſtimmt, wo man taͤglich leſen kann, wer heurathen will; und da die Franzoſen ſehr neugierig ſind, ſo findet man da auch immer Leſer. Sind die Brautleute von einem Dorfe, ſo wird ein ſolcher Zettel auch auf dem Dorfe angeheftet.
Nach Verlauf von drey Dekaden kommt das Brautpaar mit den Zeugen wieder auf die Muni- cipalitaͤt des Diſtrikts, wo man ſie nochmals zur Erfuͤllung der Buͤrgerpflichten ermahnt, und ſie ſodann in die Liſte der verehlichten Buͤrger und Buͤrgerinnen einſchreibt.
Bis hieher koſtet der ganze Handel auch nicht einen Heller: wer aber einen Trauſchein haben will, zahlt dem Schreiber fuͤr ſeine Muͤhe, Pa- pier und Pettſchaft funfzehn Sous in Papier: und das iſt alles!
Die Eheſcheidung haͤlt in Frankreich jezt haͤr- ter, als in irgend einem andern Lande. Dieſe
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dieſen Geſetzen die Pflanzſchule der Republik (la
pepeniere de la république) genannt wird, und
daß man ſehr auf die Ausſchweifung loszieht.
Wenn dieſes geſchehen iſt, ſo erinnert ſie der
Praͤſident, nach drey Dekaden, oder nach dreißig
Tagen wieder zu kommen, um ihre Heurath ein-
ſchreiben zu laſſen. Darauf werden Anſchlage-
zettel in allen Sektionen der Diſtriktſtadt angeklebt.
Es ſind hiezu eigne Plaͤtze beſtimmt, wo man
taͤglich leſen kann, wer heurathen will; und da
die Franzoſen ſehr neugierig ſind, ſo findet man
da auch immer Leſer. Sind die Brautleute von
einem Dorfe, ſo wird ein ſolcher Zettel auch auf
dem Dorfe angeheftet.
Nach Verlauf von drey Dekaden kommt das
Brautpaar mit den Zeugen wieder auf die Muni-
cipalitaͤt des Diſtrikts, wo man ſie nochmals zur
Erfuͤllung der Buͤrgerpflichten ermahnt, und ſie
ſodann in die Liſte der verehlichten Buͤrger und
Buͤrgerinnen einſchreibt.
Bis hieher koſtet der ganze Handel auch nicht
einen Heller: wer aber einen Trauſchein haben
will, zahlt dem Schreiber fuͤr ſeine Muͤhe, Pa-
pier und Pettſchaft funfzehn Sous in Papier:
und das iſt alles!
Die Eheſcheidung haͤlt in Frankreich jezt haͤr-
ter, als in irgend einem andern Lande. Dieſe
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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