rere unser Mitleid." -- So dieser fachkundige Mann.
Auf die Frage, warum man denn überhaupt emigrirt sey, erhielt ich größtentheils von allen de- nen, die ich darum befragte, nur Achselzucken zur Antwort; und wenn ich denn so meine Anmerkungen machte, und bewies: daß es doch weit leichter ge- wesen seyn würde, eine Gegenrevolution alsdann zu bewirken, wenn die Herren Prinzen, mit ihrem Anhange in Frankreich geblieben wären, gab man mir meistens Recht. Aus allen Gesprächen aber sah ich, daß die, freilich mit der politischen Lage von Europa sehr unbekannten französischen Prinzen, fest darauf gerechnet hatten, daß alle Könige und alle Mächte von ganz Europa zusammen grei- fen, und ihnen alle Hülfe leisten würden. Da nun dieses sofort nicht geschah, so schimpften sie und die übrigen Emigrirten auch nicht schlecht auf die Höfe unsrer Großen, und schrieben hernach all und jedes Unglück, das die Verbündeten erlitten, dieser Saumseligkeit zur Last. -- Auch hatten die Herren Prinzen auf eine weit stärkere Emigration gehofft, und beyher sogar geglaubt, daß die stehende Armee in Frankreich sich auf ihre Seite schlagen würde, und was der Dinge mehr sind, worauf ein Prinz rechnet, der wohl den Ton des Hofes, aber nicht den der Nation kennt, und dann die Welt,
rere unſer Mitleid.“ — So dieſer fachkundige Mann.
Auf die Frage, warum man denn uͤberhaupt emigrirt ſey, erhielt ich groͤßtentheils von allen de- nen, die ich darum befragte, nur Achſelzucken zur Antwort; und wenn ich denn ſo meine Anmerkungen machte, und bewies: daß es doch weit leichter ge- weſen ſeyn wuͤrde, eine Gegenrevolution alsdann zu bewirken, wenn die Herren Prinzen, mit ihrem Anhange in Frankreich geblieben waͤren, gab man mir meiſtens Recht. Aus allen Geſpraͤchen aber ſah ich, daß die, freilich mit der politiſchen Lage von Europa ſehr unbekannten franzoͤſiſchen Prinzen, feſt darauf gerechnet hatten, daß alle Koͤnige und alle Maͤchte von ganz Europa zuſammen grei- fen, und ihnen alle Huͤlfe leiſten wuͤrden. Da nun dieſes ſofort nicht geſchah, ſo ſchimpften ſie und die uͤbrigen Emigrirten auch nicht ſchlecht auf die Hoͤfe unſrer Großen, und ſchrieben hernach all und jedes Ungluͤck, das die Verbuͤndeten erlitten, dieſer Saumſeligkeit zur Laſt. — Auch hatten die Herren Prinzen auf eine weit ſtaͤrkere Emigration gehofft, und beyher ſogar geglaubt, daß die ſtehende Armee in Frankreich ſich auf ihre Seite ſchlagen wuͤrde, und was der Dinge mehr ſind, worauf ein Prinz rechnet, der wohl den Ton des Hofes, aber nicht den der Nation kennt, und dann die Welt,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0057"n="45"/>
rere unſer Mitleid.“— So dieſer fachkundige<lb/>
Mann.</p><lb/><p>Auf die Frage, warum man denn uͤberhaupt<lb/>
emigrirt ſey, erhielt ich groͤßtentheils von allen de-<lb/>
nen, die ich darum befragte, nur Achſelzucken zur<lb/>
Antwort; und wenn ich denn ſo meine Anmerkungen<lb/>
machte, und bewies: daß es doch weit leichter ge-<lb/>
weſen ſeyn wuͤrde, eine Gegenrevolution alsdann<lb/>
zu bewirken, wenn die Herren Prinzen, mit ihrem<lb/>
Anhange in Frankreich geblieben waͤren, gab man<lb/>
mir meiſtens Recht. Aus allen Geſpraͤchen aber<lb/>ſah ich, daß die, freilich mit der politiſchen Lage<lb/>
von Europa ſehr unbekannten franzoͤſiſchen Prinzen,<lb/>
feſt darauf gerechnet hatten, daß alle Koͤnige und<lb/>
alle Maͤchte von ganz Europa zuſammen grei-<lb/>
fen, und ihnen alle Huͤlfe leiſten wuͤrden. Da<lb/>
nun dieſes ſofort nicht geſchah, ſo ſchimpften ſie<lb/>
und die uͤbrigen Emigrirten auch nicht ſchlecht auf<lb/>
die Hoͤfe unſrer Großen, und ſchrieben hernach all<lb/>
und jedes Ungluͤck, das die Verbuͤndeten erlitten,<lb/>
dieſer Saumſeligkeit zur Laſt. — Auch hatten die<lb/>
Herren Prinzen auf eine weit ſtaͤrkere Emigration<lb/>
gehofft, und beyher ſogar geglaubt, daß die ſtehende<lb/>
Armee in Frankreich ſich auf ihre Seite ſchlagen<lb/>
wuͤrde, und was der Dinge mehr ſind, worauf ein<lb/>
Prinz rechnet, der wohl den Ton des Hofes, aber<lb/>
nicht den der Nation kennt, und dann die Welt,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[45/0057]
rere unſer Mitleid.“ — So dieſer fachkundige
Mann.
Auf die Frage, warum man denn uͤberhaupt
emigrirt ſey, erhielt ich groͤßtentheils von allen de-
nen, die ich darum befragte, nur Achſelzucken zur
Antwort; und wenn ich denn ſo meine Anmerkungen
machte, und bewies: daß es doch weit leichter ge-
weſen ſeyn wuͤrde, eine Gegenrevolution alsdann
zu bewirken, wenn die Herren Prinzen, mit ihrem
Anhange in Frankreich geblieben waͤren, gab man
mir meiſtens Recht. Aus allen Geſpraͤchen aber
ſah ich, daß die, freilich mit der politiſchen Lage
von Europa ſehr unbekannten franzoͤſiſchen Prinzen,
feſt darauf gerechnet hatten, daß alle Koͤnige und
alle Maͤchte von ganz Europa zuſammen grei-
fen, und ihnen alle Huͤlfe leiſten wuͤrden. Da
nun dieſes ſofort nicht geſchah, ſo ſchimpften ſie
und die uͤbrigen Emigrirten auch nicht ſchlecht auf
die Hoͤfe unſrer Großen, und ſchrieben hernach all
und jedes Ungluͤck, das die Verbuͤndeten erlitten,
dieſer Saumſeligkeit zur Laſt. — Auch hatten die
Herren Prinzen auf eine weit ſtaͤrkere Emigration
gehofft, und beyher ſogar geglaubt, daß die ſtehende
Armee in Frankreich ſich auf ihre Seite ſchlagen
wuͤrde, und was der Dinge mehr ſind, worauf ein
Prinz rechnet, der wohl den Ton des Hofes, aber
nicht den der Nation kennt, und dann die Welt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/57>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.