Der König machte indessen Anstalt zu seiner Abreise nach Berlin: die polnischen Händel nöthig- ten ihn, sich an Oerter zu verfügen, wo er densel- ben näher seyn konnte. Er ist auch wirklich den 30ten September von uns abgefahren.
Hier im Lager lernte ich den bekannten Magister Heller kennen, welcher Verfasser von allerley kleinen Schriften mit und ohne Namen ist. Man nennt ihn dort herum Hr. Professor: warum? Das weis ich selbst nicht. Er sagte zu mir, daß wir mit einander bekannt werden müßten, weil unsre Fatalitäten viel Aehnliches hätten. Bey ei- nem Glase Wein legten wir denn einander eine all- gemeine Beichte ab. -- Hr. Heller lebt zu Fran- kenthal, wo er in allerley Dingen Unterricht giebt, und sich so durchbringt. Er hat da ein blutarmes Mädchen geheurathet, mit welchem er, wie er sagte, ganz gut lebt. D[ie] Schweizer Kantons haben ihm schon einigemal für ein Gedicht auf sie ein Präsent gemacht: er hoffte eben auch ein Präsent vom un- serm Könige und beversificirte denselben. Aber der König sah mehr auf Polen; und der Dichter erhielt nichts. Das war aber auch schon recht: denn nichts ist verdächtiger und gerade darum nichts elen- der, als das Lob der Dichter und der Versifexe; und wer nur durch sie denkt berühmt zu werden, hat gewiß nichts lobenswürdiges an sich. Die
Der Koͤnig machte indeſſen Anſtalt zu ſeiner Abreiſe nach Berlin: die polniſchen Haͤndel noͤthig- ten ihn, ſich an Oerter zu verfuͤgen, wo er denſel- ben naͤher ſeyn konnte. Er iſt auch wirklich den 30ten September von uns abgefahren.
Hier im Lager lernte ich den bekannten Magiſter Heller kennen, welcher Verfaſſer von allerley kleinen Schriften mit und ohne Namen iſt. Man nennt ihn dort herum Hr. Profeſſor: warum? Das weis ich ſelbſt nicht. Er ſagte zu mir, daß wir mit einander bekannt werden muͤßten, weil unſre Fatalitaͤten viel Aehnliches haͤtten. Bey ei- nem Glaſe Wein legten wir denn einander eine all- gemeine Beichte ab. — Hr. Heller lebt zu Fran- kenthal, wo er in allerley Dingen Unterricht giebt, und ſich ſo durchbringt. Er hat da ein blutarmes Maͤdchen geheurathet, mit welchem er, wie er ſagte, ganz gut lebt. D[ie] Schweizer Kantons haben ihm ſchon einigemal fuͤr ein Gedicht auf ſie ein Praͤſent gemacht: er hoffte eben auch ein Praͤſent vom un- ſerm Koͤnige und beverſificirte denſelben. Aber der Koͤnig ſah mehr auf Polen; und der Dichter erhielt nichts. Das war aber auch ſchon recht: denn nichts iſt verdaͤchtiger und gerade darum nichts elen- der, als das Lob der Dichter und der Verſifexe; und wer nur durch ſie denkt beruͤhmt zu werden, hat gewiß nichts lobenswuͤrdiges an ſich. Die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0497"n="485"/><p>Der Koͤnig machte indeſſen Anſtalt zu ſeiner<lb/>
Abreiſe nach Berlin: die polniſchen Haͤndel noͤthig-<lb/>
ten ihn, ſich an Oerter zu verfuͤgen, wo er denſel-<lb/>
ben naͤher ſeyn konnte. Er iſt auch wirklich den<lb/>
30ten September von uns abgefahren.</p><lb/><p>Hier im Lager lernte ich den bekannten Magiſter<lb/><hirendition="#g">Heller</hi> kennen, welcher Verfaſſer von allerley<lb/>
kleinen Schriften mit und ohne Namen iſt. Man<lb/>
nennt ihn dort herum Hr. Profeſſor: warum?<lb/>
Das weis ich ſelbſt nicht. Er ſagte zu mir, daß<lb/>
wir mit einander bekannt werden muͤßten, weil<lb/>
unſre Fatalitaͤten viel Aehnliches haͤtten. Bey ei-<lb/>
nem Glaſe Wein legten wir denn einander eine all-<lb/>
gemeine Beichte ab. — Hr. <hirendition="#g">Heller</hi> lebt zu Fran-<lb/>
kenthal, wo er in allerley Dingen Unterricht giebt,<lb/>
und ſich ſo durchbringt. Er hat da ein blutarmes<lb/>
Maͤdchen geheurathet, mit welchem er, wie er ſagte,<lb/>
ganz gut lebt. D<supplied>ie</supplied> Schweizer Kantons haben ihm<lb/>ſchon einigemal fuͤr ein Gedicht auf ſie ein Praͤſent<lb/>
gemacht: er hoffte eben auch ein Praͤſent vom un-<lb/>ſerm Koͤnige und beverſificirte denſelben. Aber der<lb/>
Koͤnig ſah mehr auf Polen; und der Dichter erhielt<lb/>
nichts. Das war aber auch ſchon recht: denn<lb/>
nichts iſt verdaͤchtiger und gerade darum nichts elen-<lb/>
der, als das Lob der Dichter und der Verſifexe;<lb/>
und wer nur durch ſie denkt beruͤhmt zu werden,<lb/>
hat gewiß nichts lobenswuͤrdiges an ſich. Die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[485/0497]
Der Koͤnig machte indeſſen Anſtalt zu ſeiner
Abreiſe nach Berlin: die polniſchen Haͤndel noͤthig-
ten ihn, ſich an Oerter zu verfuͤgen, wo er denſel-
ben naͤher ſeyn konnte. Er iſt auch wirklich den
30ten September von uns abgefahren.
Hier im Lager lernte ich den bekannten Magiſter
Heller kennen, welcher Verfaſſer von allerley
kleinen Schriften mit und ohne Namen iſt. Man
nennt ihn dort herum Hr. Profeſſor: warum?
Das weis ich ſelbſt nicht. Er ſagte zu mir, daß
wir mit einander bekannt werden muͤßten, weil
unſre Fatalitaͤten viel Aehnliches haͤtten. Bey ei-
nem Glaſe Wein legten wir denn einander eine all-
gemeine Beichte ab. — Hr. Heller lebt zu Fran-
kenthal, wo er in allerley Dingen Unterricht giebt,
und ſich ſo durchbringt. Er hat da ein blutarmes
Maͤdchen geheurathet, mit welchem er, wie er ſagte,
ganz gut lebt. Die Schweizer Kantons haben ihm
ſchon einigemal fuͤr ein Gedicht auf ſie ein Praͤſent
gemacht: er hoffte eben auch ein Praͤſent vom un-
ſerm Koͤnige und beverſificirte denſelben. Aber der
Koͤnig ſah mehr auf Polen; und der Dichter erhielt
nichts. Das war aber auch ſchon recht: denn
nichts iſt verdaͤchtiger und gerade darum nichts elen-
der, als das Lob der Dichter und der Verſifexe;
und wer nur durch ſie denkt beruͤhmt zu werden,
hat gewiß nichts lobenswuͤrdiges an ſich. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/497>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.