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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le
Francois ne rabat pas
(der Franzose zieht nichts ab)
erwiederte er, und gab sein Geld.

Das schöne Rockenbrod, welches in Koblenz geba-
cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen:
sie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur dessen
Rinde: die Krume kneteten sie in Kügelchen und
benutzten sie zu Neckwürfen bey Tische. Andere
warfen die Krume geradezu aus dem Fenster.
Dieses Benehmen hat jedoch selbst die Koblenzer
geärgert; und ich dachte mehrmals:

Exiget ah dignas ultrix Rhamnusia poenas!

Oder: Nur Geduld! es wird schon eine Zeit
kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben
werdet.

Das ist auch bald hernach eingetroffen: denn
schon auf der Retirade, im October 1792, haben
die saubern Herren mehr Noth gelitten, als wir
Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da-
mals abbrühten und aßen vor lauter Hunger, wie
man dereinst sehen wird.

Die Emigranten waren alle -- lustige Brüder
und Windbeutel von der ersten Klasse. Den gan-
zen Tag schäkerten sie auf der Straße herum,
sangen, hüpften und tanzten, daß es eine Lust war,
anzusehn. Sie giengen alle prächtig gekleidet,
und trugen schreckliche Säbel. Die Säbel wur-

zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le
François ne rabat pas
(der Franzoſe zieht nichts ab)
erwiederte er, und gab ſein Geld.

Das ſchoͤne Rockenbrod, welches in Koblenz geba-
cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen:
ſie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur deſſen
Rinde: die Krume kneteten ſie in Kuͤgelchen und
benutzten ſie zu Neckwuͤrfen bey Tiſche. Andere
warfen die Krume geradezu aus dem Fenſter.
Dieſes Benehmen hat jedoch ſelbſt die Koblenzer
geaͤrgert; und ich dachte mehrmals:

Exiget ah dignas ultrix Rhamnuſia poenas!

Oder: Nur Geduld! es wird ſchon eine Zeit
kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben
werdet.

Das iſt auch bald hernach eingetroffen: denn
ſchon auf der Retirade, im October 1792, haben
die ſaubern Herren mehr Noth gelitten, als wir
Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da-
mals abbruͤhten und aßen vor lauter Hunger, wie
man dereinſt ſehen wird.

Die Emigranten waren alle — luſtige Bruͤder
und Windbeutel von der erſten Klaſſe. Den gan-
zen Tag ſchaͤkerten ſie auf der Straße herum,
ſangen, huͤpften und tanzten, daß es eine Luſt war,
anzuſehn. Sie giengen alle praͤchtig gekleidet,
und trugen ſchreckliche Saͤbel. Die Saͤbel wur-

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[37/0049] zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le François ne rabat pas (der Franzoſe zieht nichts ab) erwiederte er, und gab ſein Geld. Das ſchoͤne Rockenbrod, welches in Koblenz geba- cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen: ſie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur deſſen Rinde: die Krume kneteten ſie in Kuͤgelchen und benutzten ſie zu Neckwuͤrfen bey Tiſche. Andere warfen die Krume geradezu aus dem Fenſter. Dieſes Benehmen hat jedoch ſelbſt die Koblenzer geaͤrgert; und ich dachte mehrmals: Exiget ah dignas ultrix Rhamnuſia poenas! Oder: Nur Geduld! es wird ſchon eine Zeit kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben werdet. Das iſt auch bald hernach eingetroffen: denn ſchon auf der Retirade, im October 1792, haben die ſaubern Herren mehr Noth gelitten, als wir Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da- mals abbruͤhten und aßen vor lauter Hunger, wie man dereinſt ſehen wird. Die Emigranten waren alle — luſtige Bruͤder und Windbeutel von der erſten Klaſſe. Den gan- zen Tag ſchaͤkerten ſie auf der Straße herum, ſangen, huͤpften und tanzten, daß es eine Luſt war, anzuſehn. Sie giengen alle praͤchtig gekleidet, und trugen ſchreckliche Saͤbel. Die Saͤbel wur-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/49>, abgerufen am 21.11.2024.