zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le Francois ne rabat pas (der Franzose zieht nichts ab) erwiederte er, und gab sein Geld.
Das schöne Rockenbrod, welches in Koblenz geba- cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen: sie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur dessen Rinde: die Krume kneteten sie in Kügelchen und benutzten sie zu Neckwürfen bey Tische. Andere warfen die Krume geradezu aus dem Fenster. Dieses Benehmen hat jedoch selbst die Koblenzer geärgert; und ich dachte mehrmals:
Exiget ah dignas ultrix Rhamnusia poenas!
Oder: Nur Geduld! es wird schon eine Zeit kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben werdet.
Das ist auch bald hernach eingetroffen: denn schon auf der Retirade, im October 1792, haben die saubern Herren mehr Noth gelitten, als wir Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da- mals abbrühten und aßen vor lauter Hunger, wie man dereinst sehen wird.
Die Emigranten waren alle -- lustige Brüder und Windbeutel von der ersten Klasse. Den gan- zen Tag schäkerten sie auf der Straße herum, sangen, hüpften und tanzten, daß es eine Lust war, anzusehn. Sie giengen alle prächtig gekleidet, und trugen schreckliche Säbel. Die Säbel wur-
zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le François ne rabat pas (der Franzoſe zieht nichts ab) erwiederte er, und gab ſein Geld.
Das ſchoͤne Rockenbrod, welches in Koblenz geba- cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen: ſie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur deſſen Rinde: die Krume kneteten ſie in Kuͤgelchen und benutzten ſie zu Neckwuͤrfen bey Tiſche. Andere warfen die Krume geradezu aus dem Fenſter. Dieſes Benehmen hat jedoch ſelbſt die Koblenzer geaͤrgert; und ich dachte mehrmals:
Exiget ah dignas ultrix Rhamnuſia poenas!
Oder: Nur Geduld! es wird ſchon eine Zeit kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben werdet.
Das iſt auch bald hernach eingetroffen: denn ſchon auf der Retirade, im October 1792, haben die ſaubern Herren mehr Noth gelitten, als wir Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da- mals abbruͤhten und aßen vor lauter Hunger, wie man dereinſt ſehen wird.
Die Emigranten waren alle — luſtige Bruͤder und Windbeutel von der erſten Klaſſe. Den gan- zen Tag ſchaͤkerten ſie auf der Straße herum, ſangen, huͤpften und tanzten, daß es eine Luſt war, anzuſehn. Sie giengen alle praͤchtig gekleidet, und trugen ſchreckliche Saͤbel. Die Saͤbel wur-
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zu einem, daß er etwas zu theuer bezahle: le
François ne rabat pas (der Franzoſe zieht nichts ab)
erwiederte er, und gab ſein Geld.
Das ſchoͤne Rockenbrod, welches in Koblenz geba-
cken wird, wollte den edlen Herren nicht behagen:
ſie aßen daher lauter Weitzenbrod, und nur deſſen
Rinde: die Krume kneteten ſie in Kuͤgelchen und
benutzten ſie zu Neckwuͤrfen bey Tiſche. Andere
warfen die Krume geradezu aus dem Fenſter.
Dieſes Benehmen hat jedoch ſelbſt die Koblenzer
geaͤrgert; und ich dachte mehrmals:
Exiget ah dignas ultrix Rhamnuſia poenas!
Oder: Nur Geduld! es wird ſchon eine Zeit
kommen, wo ihr weder Krume noch Rinde haben
werdet.
Das iſt auch bald hernach eingetroffen: denn
ſchon auf der Retirade, im October 1792, haben
die ſaubern Herren mehr Noth gelitten, als wir
Preußen, wenn gleich auch wir rohen Weitzen da-
mals abbruͤhten und aßen vor lauter Hunger, wie
man dereinſt ſehen wird.
Die Emigranten waren alle — luſtige Bruͤder
und Windbeutel von der erſten Klaſſe. Den gan-
zen Tag ſchaͤkerten ſie auf der Straße herum,
ſangen, huͤpften und tanzten, daß es eine Luſt war,
anzuſehn. Sie giengen alle praͤchtig gekleidet,
und trugen ſchreckliche Saͤbel. Die Saͤbel wur-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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