Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Indessen hatte der Herzog von Braun-
schweig einige Vortheile bey Trippstadt um Pir-
masens über die Franzosen erfochten, auch einige
gefangen gemacht. Zwey und sechszig kamen durch
Maykammer. Ich habe niemals offnere und festere
Gesichter gesehen, als die dieser Gefangnen. Sie
sangen, tanzten und sprangen, als wenn sie zur
Hochzeit gehen sollten. An der Wache mußten sie
Halt machen. Ich näherte mich und redete einen
von ihnen an. "Du sprichst französisch? fragte
er zur Antwort: du bist wohl gar ein Franzose!"

Ich. Nein, ich bin ein Deutscher: viele
Deutsche sprechen französisch.

Er. (reicht mir die Hand) Willkommen Ka-
merad! Aber wärst du ein Franzose, ein Emigrant,
ein foutu chien d'aristocrate: sieh an (er hob einen
Stein auf) mit diesem Stein zermalmte ich dir
dein Gehirn.


aufmerksam, und bittet, das Gewehrpräsentiren nicht zu ver-
gessen, im Falle sie in das nämliche Thor zuruckkommen soll-
ten. Die Wache spricht darüber, und einer von ihr sagt:
"Was doch die Kurfürsten hier wohl machen mögen! Erst
neulich war der von Trier hier, und jezt der von Kölln."
Dieser, der nicht weit davon, aber außer den Augen der
Wache, eine Anlage betrachtete, hört das, tritt hervor und
sagt: "Ihr lieben Leute, Ihr wißt doch, daß die Kurfürsten
am Rhein viele dumme Streiche gemacht haben: und darum
[ - 4 Zeichen fehlen]en sie jezt die Universität, um kluge zu lernen."

Indeſſen hatte der Herzog von Braun-
ſchweig einige Vortheile bey Trippſtadt um Pir-
maſens uͤber die Franzoſen erfochten, auch einige
gefangen gemacht. Zwey und ſechszig kamen durch
Maykammer. Ich habe niemals offnere und feſtere
Geſichter geſehen, als die dieſer Gefangnen. Sie
ſangen, tanzten und ſprangen, als wenn ſie zur
Hochzeit gehen ſollten. An der Wache mußten ſie
Halt machen. Ich naͤherte mich und redete einen
von ihnen an. „Du ſprichſt franzoͤſiſch? fragte
er zur Antwort: du biſt wohl gar ein Franzoſe!“

Ich. Nein, ich bin ein Deutſcher: viele
Deutſche ſprechen franzoͤſiſch.

Er. (reicht mir die Hand) Willkommen Ka-
merad! Aber waͤrſt du ein Franzoſe, ein Emigrant,
ein foutu chien d'ariſtocrate: ſieh an (er hob einen
Stein auf) mit dieſem Stein zermalmte ich dir
dein Gehirn.


aufmerkſam, und bittet, das Gewehrpraͤſentiren nicht zu ver-
geſſen, im Falle ſie in das naͤmliche Thor zuruckkommen ſoll-
ten. Die Wache ſpricht daruͤber, und einer von ihr ſagt:
„Was doch die Kurfuͤrſten hier wohl machen moͤgen! Erſt
neulich war der von Trier hier, und jezt der von Koͤlln.“
Dieſer, der nicht weit davon, aber außer den Augen der
Wache, eine Anlage betrachtete, hoͤrt das, tritt hervor und
ſagt: „Ihr lieben Leute, Ihr wißt doch, daß die Kurfuͤrſten
am Rhein viele dumme Streiche gemacht haben: und darum
[ – 4 Zeichen fehlen]en ſie jezt die Univerſitaͤt, um kluge zu lernen.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0488" n="476"/>
        <p>Inde&#x017F;&#x017F;en hatte der <hi rendition="#g">Herzog von Braun</hi>-<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;chweig</hi> einige Vortheile bey Tripp&#x017F;tadt um Pir-<lb/>
ma&#x017F;ens u&#x0364;ber die Franzo&#x017F;en erfochten, auch einige<lb/>
gefangen gemacht. Zwey und &#x017F;echszig kamen durch<lb/>
Maykammer. Ich habe niemals offnere und fe&#x017F;tere<lb/>
Ge&#x017F;ichter ge&#x017F;ehen, als die die&#x017F;er Gefangnen. Sie<lb/>
&#x017F;angen, tanzten und &#x017F;prangen, als wenn &#x017F;ie zur<lb/>
Hochzeit gehen &#x017F;ollten. An der Wache mußten &#x017F;ie<lb/>
Halt machen. Ich na&#x0364;herte mich und redete einen<lb/>
von ihnen an. &#x201E;Du &#x017F;prich&#x017F;t franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch? fragte<lb/>
er zur Antwort: du bi&#x017F;t wohl gar ein Franzo&#x017F;e!&#x201C;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Nein, ich bin ein Deut&#x017F;cher: viele<lb/>
Deut&#x017F;che &#x017F;prechen franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Er</hi>. (reicht mir die Hand) Willkommen Ka-<lb/>
merad! Aber wa&#x0364;r&#x017F;t du ein Franzo&#x017F;e, ein Emigrant,<lb/>
ein <hi rendition="#aq">foutu chien d'ari&#x017F;tocrate:</hi> &#x017F;ieh an (er hob einen<lb/>
Stein auf) mit die&#x017F;em Stein zermalmte ich dir<lb/>
dein Gehirn.</p><lb/>
        <note xml:id="note-0488" prev="#note-0487" place="foot" n="*)">aufmerk&#x017F;am, und bittet, das Gewehrpra&#x0364;&#x017F;entiren nicht zu ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, im Falle &#x017F;ie in das na&#x0364;mliche Thor zuruckkommen &#x017F;oll-<lb/>
ten. Die Wache &#x017F;pricht daru&#x0364;ber, und einer von ihr &#x017F;agt:<lb/>
&#x201E;Was doch die Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten hier wohl machen mo&#x0364;gen! Er&#x017F;t<lb/>
neulich war der von Trier hier, und jezt der von Ko&#x0364;lln.&#x201C;<lb/>
Die&#x017F;er, der nicht weit davon, aber außer den Augen der<lb/>
Wache, eine Anlage betrachtete, ho&#x0364;rt das, tritt hervor und<lb/>
&#x017F;agt: &#x201E;Ihr lieben Leute, Ihr wißt doch, daß die Kurfu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
am Rhein viele dumme Streiche gemacht haben: und darum<lb/><gap unit="chars" quantity="4"/>en &#x017F;ie jezt die Univer&#x017F;ita&#x0364;t, um kluge zu lernen.&#x201C;</note><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[476/0488] Indeſſen hatte der Herzog von Braun- ſchweig einige Vortheile bey Trippſtadt um Pir- maſens uͤber die Franzoſen erfochten, auch einige gefangen gemacht. Zwey und ſechszig kamen durch Maykammer. Ich habe niemals offnere und feſtere Geſichter geſehen, als die dieſer Gefangnen. Sie ſangen, tanzten und ſprangen, als wenn ſie zur Hochzeit gehen ſollten. An der Wache mußten ſie Halt machen. Ich naͤherte mich und redete einen von ihnen an. „Du ſprichſt franzoͤſiſch? fragte er zur Antwort: du biſt wohl gar ein Franzoſe!“ Ich. Nein, ich bin ein Deutſcher: viele Deutſche ſprechen franzoͤſiſch. Er. (reicht mir die Hand) Willkommen Ka- merad! Aber waͤrſt du ein Franzoſe, ein Emigrant, ein foutu chien d'ariſtocrate: ſieh an (er hob einen Stein auf) mit dieſem Stein zermalmte ich dir dein Gehirn. *) *) aufmerkſam, und bittet, das Gewehrpraͤſentiren nicht zu ver- geſſen, im Falle ſie in das naͤmliche Thor zuruckkommen ſoll- ten. Die Wache ſpricht daruͤber, und einer von ihr ſagt: „Was doch die Kurfuͤrſten hier wohl machen moͤgen! Erſt neulich war der von Trier hier, und jezt der von Koͤlln.“ Dieſer, der nicht weit davon, aber außer den Augen der Wache, eine Anlage betrachtete, hoͤrt das, tritt hervor und ſagt: „Ihr lieben Leute, Ihr wißt doch, daß die Kurfuͤrſten am Rhein viele dumme Streiche gemacht haben: und darum ____en ſie jezt die Univerſitaͤt, um kluge zu lernen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/488
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/488>, abgerufen am 06.06.2024.