Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Eben so war es in diesem Kriege bey Maynz. Bey
unserm Regimente gab es eine ordentliche Huren-
wirthschaft, das heißt, ein ordentliches Bordelzelt,
worin sich vier Dirnen aufhielten, welche, um doch
einen Vorwand zu haben, Kaffee schenkten, und
dann jedem zu Dienste waren. Sie hatten sich
förmlich taxirt, und

Lieschen, die schönste, galt 45 Kreuzer,
Hannchen -- -- -- 24 --
Bärbelchen -- -- -- 12 --
Die alte Katherine -- 8 --

Ein Pfaffe aus der dortigen Gegend besuchte
mich eines Tages, und da ich von seiner Orthodoxie
überzeugt war, so wollte ich doch auch eine Probe
machen, ob er das donum continentiae hätte. Ich
führte ihn also ins Bordelzelt, und wir fingen an

Von den Deutschen zu unsrer Zeit heißt es im III. St. des
Neuen grauen Ungeheuers S. 129: "Hoher Sinn
und Freyheit liegen nicht in unserm Charakter, wohl aber
kleinliche Schmeicheley und niedrige Rachsucht. -- Der
Deutsche ist überall verächtlich geworden: der Franzose nennt
ihn lourd Allemand, der Engländer German dogg, der
Russe Iwan Iwanowitsch, und der Italiäner hat eine
lächerliche Ma[r]ke, die il Tedesco heißt. Warum? weil in
allen diesen Ländern der Deutsche sich zu jedem Geschäfte
brauchen ließ, wozu auch der unehrlichste Eingebohrne zuviel
Ehre hatte. Alle Völker haben etwas für die Freyheit ge-
than, nur der Deutsche nicht: im Gegentheil, wo es auf Un-
terdrückung ausging, waren deutsche Lohnknechte die Werk-
zeuge -- in Amerika, u. s. w.

Eben ſo war es in dieſem Kriege bey Maynz. Bey
unſerm Regimente gab es eine ordentliche Huren-
wirthſchaft, das heißt, ein ordentliches Bordelzelt,
worin ſich vier Dirnen aufhielten, welche, um doch
einen Vorwand zu haben, Kaffee ſchenkten, und
dann jedem zu Dienſte waren. Sie hatten ſich
foͤrmlich taxirt, und

Lieschen, die ſchoͤnſte, galt 45 Kreuzer,
Hannchen — — — 24 —
Baͤrbelchen — — — 12 —
Die alte Katherine — 8 —

Ein Pfaffe aus der dortigen Gegend beſuchte
mich eines Tages, und da ich von ſeiner Orthodoxie
uͤberzeugt war, ſo wollte ich doch auch eine Probe
machen, ob er das donum continentiae haͤtte. Ich
fuͤhrte ihn alſo ins Bordelzelt, und wir fingen an

Von den Deutſchen zu unſrer Zeit heißt es im III. St. des
Neuen grauen Ungeheuers S. 129: „Hoher Sinn
und Freyheit liegen nicht in unſerm Charakter, wohl aber
kleinliche Schmeicheley und niedrige Rachſucht. — Der
Deutſche iſt uͤberall veraͤchtlich geworden: der Franzoſe nennt
ihn lourd Allemand, der Englaͤnder German dogg, der
Ruſſe Iwan Iwanowitſch, und der Italiaͤner hat eine
laͤcherliche Ma[r]ke, die il Tedesco heißt. Warum? weil in
allen dieſen Laͤndern der Deutſche ſich zu jedem Geſchaͤfte
brauchen ließ, wozu auch der unehrlichſte Eingebohrne zuviel
Ehre hatte. Alle Voͤlker haben etwas fuͤr die Freyheit ge-
than, nur der Deutſche nicht: im Gegentheil, wo es auf Un-
terdruͤckung ausging, waren deutſche Lohnknechte die Werk-
zeuge — in Amerika, u. ſ. w.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0398" n="386"/>
        <p>Eben &#x017F;o war es in die&#x017F;em Kriege bey Maynz. Bey<lb/>
un&#x017F;erm Regimente gab es eine ordentliche Huren-<lb/>
wirth&#x017F;chaft, das heißt, ein ordentliches Bordelzelt,<lb/>
worin &#x017F;ich vier Dirnen aufhielten, welche, um doch<lb/>
einen Vorwand zu haben, Kaffee &#x017F;chenkten, und<lb/>
dann jedem zu Dien&#x017F;te waren. Sie hatten &#x017F;ich<lb/>
fo&#x0364;rmlich taxirt, und</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et">Lieschen, die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te, galt 45 Kreuzer,<lb/>
Hannchen &#x2014; &#x2014; &#x2014; 24 &#x2014;<lb/>
Ba&#x0364;rbelchen &#x2014; &#x2014; &#x2014; 12 &#x2014;<lb/>
Die alte Katherine &#x2014; 8 &#x2014;</hi> </p><lb/>
        <p>Ein Pfaffe aus der dortigen Gegend be&#x017F;uchte<lb/>
mich eines Tages, und da ich von &#x017F;einer Orthodoxie<lb/>
u&#x0364;berzeugt war, &#x017F;o wollte ich doch auch eine Probe<lb/>
machen, ob er das <hi rendition="#aq">donum continentiae</hi> ha&#x0364;tte. Ich<lb/>
fu&#x0364;hrte ihn al&#x017F;o ins Bordelzelt, und wir fingen an<lb/><note xml:id="note-0398" prev="#note-0397" place="foot" n="*)">Von den Deut&#x017F;chen zu un&#x017F;rer Zeit heißt es im <hi rendition="#aq">III.</hi> St. des<lb/><hi rendition="#g">Neuen grauen Ungeheuers</hi> S. 129: &#x201E;Hoher Sinn<lb/>
und Freyheit liegen nicht in un&#x017F;erm Charakter, wohl aber<lb/>
kleinliche Schmeicheley und niedrige Rach&#x017F;ucht. &#x2014; Der<lb/>
Deut&#x017F;che i&#x017F;t u&#x0364;berall vera&#x0364;chtlich geworden: der Franzo&#x017F;e nennt<lb/>
ihn <hi rendition="#aq">lourd Allemand,</hi> der Engla&#x0364;nder <hi rendition="#aq">German dogg,</hi> der<lb/>
Ru&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Iwan Iwanowit&#x017F;ch,</hi> und der Italia&#x0364;ner hat eine<lb/>
la&#x0364;cherliche Ma<supplied>r</supplied>ke, die <hi rendition="#aq">il Tedesco</hi> heißt. Warum? weil in<lb/>
allen die&#x017F;en La&#x0364;ndern der <hi rendition="#g">Deut&#x017F;che</hi> &#x017F;ich zu jedem Ge&#x017F;cha&#x0364;fte<lb/>
brauchen ließ, wozu auch der unehrlich&#x017F;te Eingebohrne zuviel<lb/>
Ehre hatte. Alle Vo&#x0364;lker haben etwas fu&#x0364;r die Freyheit ge-<lb/>
than, nur der Deut&#x017F;che nicht: im Gegentheil, wo es auf Un-<lb/>
terdru&#x0364;ckung ausging, waren deut&#x017F;che Lohnknechte die Werk-<lb/>
zeuge &#x2014; in Amerika, u. &#x017F;. w.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[386/0398] Eben ſo war es in dieſem Kriege bey Maynz. Bey unſerm Regimente gab es eine ordentliche Huren- wirthſchaft, das heißt, ein ordentliches Bordelzelt, worin ſich vier Dirnen aufhielten, welche, um doch einen Vorwand zu haben, Kaffee ſchenkten, und dann jedem zu Dienſte waren. Sie hatten ſich foͤrmlich taxirt, und Lieschen, die ſchoͤnſte, galt 45 Kreuzer, Hannchen — — — 24 — Baͤrbelchen — — — 12 — Die alte Katherine — 8 — Ein Pfaffe aus der dortigen Gegend beſuchte mich eines Tages, und da ich von ſeiner Orthodoxie uͤberzeugt war, ſo wollte ich doch auch eine Probe machen, ob er das donum continentiae haͤtte. Ich fuͤhrte ihn alſo ins Bordelzelt, und wir fingen an *) *) Von den Deutſchen zu unſrer Zeit heißt es im III. St. des Neuen grauen Ungeheuers S. 129: „Hoher Sinn und Freyheit liegen nicht in unſerm Charakter, wohl aber kleinliche Schmeicheley und niedrige Rachſucht. — Der Deutſche iſt uͤberall veraͤchtlich geworden: der Franzoſe nennt ihn lourd Allemand, der Englaͤnder German dogg, der Ruſſe Iwan Iwanowitſch, und der Italiaͤner hat eine laͤcherliche Marke, die il Tedesco heißt. Warum? weil in allen dieſen Laͤndern der Deutſche ſich zu jedem Geſchaͤfte brauchen ließ, wozu auch der unehrlichſte Eingebohrne zuviel Ehre hatte. Alle Voͤlker haben etwas fuͤr die Freyheit ge- than, nur der Deutſche nicht: im Gegentheil, wo es auf Un- terdruͤckung ausging, waren deutſche Lohnknechte die Werk- zeuge — in Amerika, u. ſ. w.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/398
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/398>, abgerufen am 06.06.2024.