auf die andre Seite ins Lager ohnweit Bischofs- heim, wo der damalige Oberste von Rüchel das Oberkommando hatte. Hier war unser Dienst weit schwerer und gefährlicher, als auf der linken Seite. Doch, ich würde wohl unrecht thun, wenn ich die Vorfälle alle erzählen wollte, von welchen ich hier Augenzeuge gewesen bin. Leser vom kriegerischen Handwerk mögen das alles anderswo suchen; und die übrigen werden sich mit dem begnügen, was ich der allgemeinen Aufmerksamkeit werth halte. Eine vollständige, aber unpartheyische Beschrei- bung der Maynzer Belagerung haben wir ohnehin wohl schwerlich je zu erwarten. Ich sprach noch im verwichnen Sommer mit einem Ingenieur-Offizier der Oestreicher, und dieser Mann, welcher mir Kenner zu seyn schien, versicherte mich, daß auch aus der allergenauesten Angabe aller Operationen gegen Maynz wenig zu lernen, und noch weniger Ehre zu ernten sey: denn es seyen unzählige Fehler vorgefallen, welche bey andern Gelegenheiten sehr viel Unglück über die Belagerer hätten bringen kön- nen u. s. w. Ganz Unrecht schien mir der Inge- nieur nicht zu haben: denn wenn ich so überlege, wie man gegen die Festung verfuhr, so dünkt mich selbst, daß man manche mislungne Versuche hätte ausführen können, wenn man die Sache selbst nur besser eingeleitet hätte.
auf die andre Seite ins Lager ohnweit Biſchofs- heim, wo der damalige Oberſte von Ruͤchel das Oberkommando hatte. Hier war unſer Dienſt weit ſchwerer und gefaͤhrlicher, als auf der linken Seite. Doch, ich wuͤrde wohl unrecht thun, wenn ich die Vorfaͤlle alle erzaͤhlen wollte, von welchen ich hier Augenzeuge geweſen bin. Leſer vom kriegeriſchen Handwerk moͤgen das alles anderswo ſuchen; und die uͤbrigen werden ſich mit dem begnuͤgen, was ich der allgemeinen Aufmerkſamkeit werth halte. Eine vollſtaͤndige, aber unpartheyiſche Beſchrei- bung der Maynzer Belagerung haben wir ohnehin wohl ſchwerlich je zu erwarten. Ich ſprach noch im verwichnen Sommer mit einem Ingenieur-Offizier der Oeſtreicher, und dieſer Mann, welcher mir Kenner zu ſeyn ſchien, verſicherte mich, daß auch aus der allergenaueſten Angabe aller Operationen gegen Maynz wenig zu lernen, und noch weniger Ehre zu ernten ſey: denn es ſeyen unzaͤhlige Fehler vorgefallen, welche bey andern Gelegenheiten ſehr viel Ungluͤck uͤber die Belagerer haͤtten bringen koͤn- nen u. ſ. w. Ganz Unrecht ſchien mir der Inge- nieur nicht zu haben: denn wenn ich ſo uͤberlege, wie man gegen die Feſtung verfuhr, ſo duͤnkt mich ſelbſt, daß man manche mislungne Verſuche haͤtte ausfuͤhren koͤnnen, wenn man die Sache ſelbſt nur beſſer eingeleitet haͤtte.
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auf die andre Seite ins Lager ohnweit Biſchofs-
heim, wo der damalige Oberſte von Ruͤchel das
Oberkommando hatte. Hier war unſer Dienſt weit
ſchwerer und gefaͤhrlicher, als auf der linken Seite.
Doch, ich wuͤrde wohl unrecht thun, wenn ich die
Vorfaͤlle alle erzaͤhlen wollte, von welchen ich hier
Augenzeuge geweſen bin. Leſer vom kriegeriſchen
Handwerk moͤgen das alles anderswo ſuchen; und
die uͤbrigen werden ſich mit dem begnuͤgen, was
ich der allgemeinen Aufmerkſamkeit werth halte.
Eine vollſtaͤndige, aber unpartheyiſche Beſchrei-
bung der Maynzer Belagerung haben wir ohnehin
wohl ſchwerlich je zu erwarten. Ich ſprach noch im
verwichnen Sommer mit einem Ingenieur-Offizier
der Oeſtreicher, und dieſer Mann, welcher mir
Kenner zu ſeyn ſchien, verſicherte mich, daß auch
aus der allergenaueſten Angabe aller Operationen
gegen Maynz wenig zu lernen, und noch weniger
Ehre zu ernten ſey: denn es ſeyen unzaͤhlige Fehler
vorgefallen, welche bey andern Gelegenheiten ſehr
viel Ungluͤck uͤber die Belagerer haͤtten bringen koͤn-
nen u. ſ. w. Ganz Unrecht ſchien mir der Inge-
nieur nicht zu haben: denn wenn ich ſo uͤberlege,
wie man gegen die Feſtung verfuhr, ſo duͤnkt mich
ſelbſt, daß man manche mislungne Verſuche haͤtte
ausfuͤhren koͤnnen, wenn man die Sache ſelbſt nur
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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