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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Widerstande, den er vom 20ten September 1792 an,
immer empfunden hat?

Ich: Also war es ja wohl eben so unpolitisch,
als unmoralisch, so ein Manifest an Frankreich er-
gehen zu lassen!

Brion: Das versteht sich von selbst, wenn
nämlich sonst, wie ich vermuthe, kein geheimer
Grund das Manifest bewirkt hat. Denn wäre
der Herzog ohne alles Manifest, unter der bloßen
Erklärung, daß er die unterbrochene Ruhe in Frank-
reich mit Hülfe aller Ruheliebenden Franzosen,
wiederherstellen wollte, zu uns gekommen: so hätte
man denken können, daß aus seiner Unternehmung
doch noch etwas Gutes für den armen bedrängten
Bürger und Landmann entspringen dürfte. Aber so
erklärte er geradehin, daß er kein Gesetz wolle gelten
lassen, als den unbedingten Willen Ludwigs des
Sechszehnten; und da konnte wohl ein Distelkopf
einsehen, daß man uns alsdann wieder unter das
also und allgemein verhaßte Joch des Hofes, des
Adels, der Pfaffen, der Finanziers und alles
andern Lumpengesindels gewaltsam zurückpreschen
würde: und da hätte man sollen ruhig sitzen, oder
gar noch hülfreiche Hand mit anlegen?

Ich: Wohl nicht -- aber --

Brion: Jezt ein Wort auf Ihr Aber. Nicht
wahr, Sie wollen sagen, daß der Herzog auf den

Widerſtande, den er vom 20ten September 1792 an,
immer empfunden hat?

Ich: Alſo war es ja wohl eben ſo unpolitiſch,
als unmoraliſch, ſo ein Manifeſt an Frankreich er-
gehen zu laſſen!

Brion: Das verſteht ſich von ſelbſt, wenn
naͤmlich ſonſt, wie ich vermuthe, kein geheimer
Grund das Manifeſt bewirkt hat. Denn waͤre
der Herzog ohne alles Manifeſt, unter der bloßen
Erklaͤrung, daß er die unterbrochene Ruhe in Frank-
reich mit Huͤlfe aller Ruheliebenden Franzoſen,
wiederherſtellen wollte, zu uns gekommen: ſo haͤtte
man denken koͤnnen, daß aus ſeiner Unternehmung
doch noch etwas Gutes fuͤr den armen bedraͤngten
Buͤrger und Landmann entſpringen duͤrfte. Aber ſo
erklaͤrte er geradehin, daß er kein Geſetz wolle gelten
laſſen, als den unbedingten Willen Ludwigs des
Sechszehnten; und da konnte wohl ein Diſtelkopf
einſehen, daß man uns alsdann wieder unter das
alſo und allgemein verhaßte Joch des Hofes, des
Adels, der Pfaffen, der Finanziers und alles
andern Lumpengeſindels gewaltſam zuruͤckpreſchen
wuͤrde: und da haͤtte man ſollen ruhig ſitzen, oder
gar noch huͤlfreiche Hand mit anlegen?

Ich: Wohl nicht — aber —

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wahr, Sie wollen ſagen, daß der Herzog auf den

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[26/0038] Widerſtande, den er vom 20ten September 1792 an, immer empfunden hat? Ich: Alſo war es ja wohl eben ſo unpolitiſch, als unmoraliſch, ſo ein Manifeſt an Frankreich er- gehen zu laſſen! Brion: Das verſteht ſich von ſelbſt, wenn naͤmlich ſonſt, wie ich vermuthe, kein geheimer Grund das Manifeſt bewirkt hat. Denn waͤre der Herzog ohne alles Manifeſt, unter der bloßen Erklaͤrung, daß er die unterbrochene Ruhe in Frank- reich mit Huͤlfe aller Ruheliebenden Franzoſen, wiederherſtellen wollte, zu uns gekommen: ſo haͤtte man denken koͤnnen, daß aus ſeiner Unternehmung doch noch etwas Gutes fuͤr den armen bedraͤngten Buͤrger und Landmann entſpringen duͤrfte. Aber ſo erklaͤrte er geradehin, daß er kein Geſetz wolle gelten laſſen, als den unbedingten Willen Ludwigs des Sechszehnten; und da konnte wohl ein Diſtelkopf einſehen, daß man uns alsdann wieder unter das alſo und allgemein verhaßte Joch des Hofes, des Adels, der Pfaffen, der Finanziers und alles andern Lumpengeſindels gewaltſam zuruͤckpreſchen wuͤrde: und da haͤtte man ſollen ruhig ſitzen, oder gar noch huͤlfreiche Hand mit anlegen? Ich: Wohl nicht — aber — Brion: Jezt ein Wort auf Ihr Aber. Nicht wahr, Sie wollen ſagen, daß der Herzog auf den

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/38>, abgerufen am 21.11.2024.