Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Brion: Werden sie nicht auch über die Im-
pertinenz des Befehlers erboßen, und alles aufbie-
then, um seiner Usurpation zu trotzen? *)

Ich: Nicht anders!

Brion: Nun, so mußten alle Franzosen das
auch thun über die Impertinenz und die Usurpa-
tion eines fremden Generals, der viel zu schwach,
und noch weit von ihren Gränzen war; und ihrer
ganzen Nation in einem so gebietherischen Tone
Gesetze vorschrieb, als wenn er wirklich mit seinen
Soldaten zu Halberstadt, oder mit seinen Leibeig-
nen zu thun gehabt hätte. Ist das nicht an dem?

Ich: Ja wohl -- aber --

Brion: Ich verstehe schon, wohin das Aber
zielt: doch davon nachher. Unsere Ehre, wie un-
ser Recht, war durch dieses widersinnige und zweck-
widrige Manifest vor der ganzen Welt compromit-
tirt. Mußte nun nicht der feste Vorsatz bey jedem
braven Ehr- und Rechtliebenden Franzosen rege wer-
den, der Großsprecherey des Herzogs und der dar-
auf folgenden Gewaltthätigkeit aufs thätigste zu
widerstehen? Legte also nicht selbst das Herzogliche
Manifest den haltbarsten Grund zu dem thätlichen

*) Zwang erbittert die Schwärmer immer, aber bekehrt
sie nie: sagt Sekretär Wurm in Kabale und Liebe von Schiller.
Warum große Herren auf einige Wahrheiten der Natur nicht
mehr Rücksicht nehmen mögen! Uebertriebne Kunst fällt doch
durch und wird verächtlich, oder empört.

Brion: Werden ſie nicht auch uͤber die Im-
pertinenz des Befehlers erboßen, und alles aufbie-
then, um ſeiner Uſurpation zu trotzen? *)

Ich: Nicht anders!

Brion: Nun, ſo mußten alle Franzoſen das
auch thun uͤber die Impertinenz und die Uſurpa-
tion eines fremden Generals, der viel zu ſchwach,
und noch weit von ihren Graͤnzen war; und ihrer
ganzen Nation in einem ſo gebietheriſchen Tone
Geſetze vorſchrieb, als wenn er wirklich mit ſeinen
Soldaten zu Halberſtadt, oder mit ſeinen Leibeig-
nen zu thun gehabt haͤtte. Iſt das nicht an dem?

Ich: Ja wohl — aber —

Brion: Ich verſtehe ſchon, wohin das Aber
zielt: doch davon nachher. Unſere Ehre, wie un-
ſer Recht, war durch dieſes widerſinnige und zweck-
widrige Manifeſt vor der ganzen Welt compromit-
tirt. Mußte nun nicht der feſte Vorſatz bey jedem
braven Ehr- und Rechtliebenden Franzoſen rege wer-
den, der Großſprecherey des Herzogs und der dar-
auf folgenden Gewaltthaͤtigkeit aufs thaͤtigſte zu
widerſtehen? Legte alſo nicht ſelbſt das Herzogliche
Manifeſt den haltbarſten Grund zu dem thaͤtlichen

*) Zwang erbittert die Schwaͤrmer immer, aber bekehrt
ſie nie: ſagt Sekretaͤr Wurm in Kabale und Liebe von Schiller.
Warum große Herren auf einige Wahrheiten der Natur nicht
mehr Ruͤckſicht nehmen moͤgen! Uebertriebne Kunſt faͤllt doch
durch und wird veraͤchtlich, oder empoͤrt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0037" n="25"/>
        <p><hi rendition="#g">Brion</hi>: Werden &#x017F;ie nicht auch u&#x0364;ber die Im-<lb/>
pertinenz des Befehlers erboßen, und alles aufbie-<lb/>
then, um &#x017F;einer U&#x017F;urpation zu trotzen? <note place="foot" n="*)">Zwang <hi rendition="#g">erbittert</hi> die Schwa&#x0364;rmer immer, aber <hi rendition="#g">bekehrt</hi><lb/>
&#x017F;ie nie: &#x017F;agt Sekreta&#x0364;r Wurm in Kabale und Liebe von <hi rendition="#g">Schiller</hi>.<lb/>
Warum große Herren auf einige Wahrheiten der Natur nicht<lb/>
mehr Ru&#x0364;ck&#x017F;icht nehmen mo&#x0364;gen! Uebertriebne Kun&#x017F;t fa&#x0364;llt doch<lb/>
durch und wird vera&#x0364;chtlich, oder empo&#x0364;rt.</note></p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Nicht anders!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Brion</hi>: Nun, &#x017F;o mußten alle Franzo&#x017F;en das<lb/>
auch thun u&#x0364;ber die Impertinenz und die U&#x017F;urpa-<lb/>
tion eines fremden Generals, der viel zu &#x017F;chwach,<lb/>
und noch weit von ihren Gra&#x0364;nzen war; und ihrer<lb/>
ganzen Nation in einem &#x017F;o gebietheri&#x017F;chen Tone<lb/>
Ge&#x017F;etze vor&#x017F;chrieb, als wenn er wirklich mit &#x017F;einen<lb/>
Soldaten zu Halber&#x017F;tadt, oder mit &#x017F;einen Leibeig-<lb/>
nen zu thun gehabt ha&#x0364;tte. I&#x017F;t das nicht an dem?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Ja wohl &#x2014; aber &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Brion</hi>: Ich ver&#x017F;tehe &#x017F;chon, wohin das <hi rendition="#g">Aber</hi><lb/>
zielt: doch davon nachher. Un&#x017F;ere Ehre, wie un-<lb/>
&#x017F;er Recht, war durch die&#x017F;es wider&#x017F;innige und zweck-<lb/>
widrige Manife&#x017F;t vor der ganzen Welt compromit-<lb/>
tirt. Mußte nun nicht der fe&#x017F;te Vor&#x017F;atz bey jedem<lb/>
braven Ehr- und Rechtliebenden Franzo&#x017F;en rege wer-<lb/>
den, der Groß&#x017F;precherey des Herzogs und der dar-<lb/>
auf folgenden Gewalttha&#x0364;tigkeit aufs tha&#x0364;tig&#x017F;te zu<lb/>
wider&#x017F;tehen? Legte al&#x017F;o nicht &#x017F;elb&#x017F;t das Herzogliche<lb/>
Manife&#x017F;t den haltbar&#x017F;ten Grund zu dem tha&#x0364;tlichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0037] Brion: Werden ſie nicht auch uͤber die Im- pertinenz des Befehlers erboßen, und alles aufbie- then, um ſeiner Uſurpation zu trotzen? *) Ich: Nicht anders! Brion: Nun, ſo mußten alle Franzoſen das auch thun uͤber die Impertinenz und die Uſurpa- tion eines fremden Generals, der viel zu ſchwach, und noch weit von ihren Graͤnzen war; und ihrer ganzen Nation in einem ſo gebietheriſchen Tone Geſetze vorſchrieb, als wenn er wirklich mit ſeinen Soldaten zu Halberſtadt, oder mit ſeinen Leibeig- nen zu thun gehabt haͤtte. Iſt das nicht an dem? Ich: Ja wohl — aber — Brion: Ich verſtehe ſchon, wohin das Aber zielt: doch davon nachher. Unſere Ehre, wie un- ſer Recht, war durch dieſes widerſinnige und zweck- widrige Manifeſt vor der ganzen Welt compromit- tirt. Mußte nun nicht der feſte Vorſatz bey jedem braven Ehr- und Rechtliebenden Franzoſen rege wer- den, der Großſprecherey des Herzogs und der dar- auf folgenden Gewaltthaͤtigkeit aufs thaͤtigſte zu widerſtehen? Legte alſo nicht ſelbſt das Herzogliche Manifeſt den haltbarſten Grund zu dem thaͤtlichen *) Zwang erbittert die Schwaͤrmer immer, aber bekehrt ſie nie: ſagt Sekretaͤr Wurm in Kabale und Liebe von Schiller. Warum große Herren auf einige Wahrheiten der Natur nicht mehr Ruͤckſicht nehmen moͤgen! Uebertriebne Kunſt faͤllt doch durch und wird veraͤchtlich, oder empoͤrt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/37
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/37>, abgerufen am 21.11.2024.