Ich habe einmal einen ganz närrischen Grund- satz, nach welchem ich überall und in allen Stücken zu Werke gehe. Ich glaube nämlich, daß jeder Mensch, dem die Natur Augen, Ohren und Nase gegeben hat, darum mit seinen Augen auch sehen, mit seinen Ohren auch hören, und mit seiner Nase auch riechen müsse, und daß er fremder Sinne nicht nöthig habe, wenn seine eignen noch in brauchbarem Stande sind. Gern rede ich mit Männern von Erfahrung und Kenntnissen, aber das ist auch alles: ich lasse mir von Keinem etwas aufbinden oder auf- dringen. Ich weiß, daß die größten Feldherren von Agamemnon an bis auf den Herzog von Braunschweig und den Prinzen von Co- burg gewaltige Schnitzer begangen haben im Krie- ge, Schnitzer, worüber sich jezt der geringste Kor- poral wundert. Daher habe ich folgenden Grund- satz niemals als unumstößlich annehmen können: Was dieser oder jener große General that, das war recht gethan: Denn sonst müßte ich ja auch die Belagerung von Maynz für ein Meisterstück halten; und das war sie doch wohl nicht!
Was die Herren Philosophen betrift, die allein weise sind, wie sie meynen: so bin ich überzeugt, daß Marcus Tullius recht hat, wenn er spricht: es sey nichts so abgeschmackt, das nicht
Ich habe einmal einen ganz naͤrriſchen Grund- ſatz, nach welchem ich uͤberall und in allen Stuͤcken zu Werke gehe. Ich glaube naͤmlich, daß jeder Menſch, dem die Natur Augen, Ohren und Naſe gegeben hat, darum mit ſeinen Augen auch ſehen, mit ſeinen Ohren auch hoͤren, und mit ſeiner Naſe auch riechen muͤſſe, und daß er fremder Sinne nicht noͤthig habe, wenn ſeine eignen noch in brauchbarem Stande ſind. Gern rede ich mit Maͤnnern von Erfahrung und Kenntniſſen, aber das iſt auch alles: ich laſſe mir von Keinem etwas aufbinden oder auf- dringen. Ich weiß, daß die groͤßten Feldherren von Agamemnon an bis auf den Herzog von Braunſchweig und den Prinzen von Co- burg gewaltige Schnitzer begangen haben im Krie- ge, Schnitzer, woruͤber ſich jezt der geringſte Kor- poral wundert. Daher habe ich folgenden Grund- ſatz niemals als unumſtoͤßlich annehmen koͤnnen: Was dieſer oder jener große General that, das war recht gethan: Denn ſonſt muͤßte ich ja auch die Belagerung von Maynz fuͤr ein Meiſterſtuͤck halten; und das war ſie doch wohl nicht!
Was die Herren Philoſophen betrift, die allein weiſe ſind, wie ſie meynen: ſo bin ich uͤberzeugt, daß Marcus Tullius recht hat, wenn er ſpricht: es ſey nichts ſo abgeſchmackt, das nicht
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Ich habe einmal einen ganz naͤrriſchen Grund-
ſatz, nach welchem ich uͤberall und in allen Stuͤcken
zu Werke gehe. Ich glaube naͤmlich, daß jeder
Menſch, dem die Natur Augen, Ohren und Naſe
gegeben hat, darum mit ſeinen Augen auch ſehen,
mit ſeinen Ohren auch hoͤren, und mit ſeiner Naſe
auch riechen muͤſſe, und daß er fremder Sinne nicht
noͤthig habe, wenn ſeine eignen noch in brauchbarem
Stande ſind. Gern rede ich mit Maͤnnern von
Erfahrung und Kenntniſſen, aber das iſt auch alles:
ich laſſe mir von Keinem etwas aufbinden oder auf-
dringen. Ich weiß, daß die groͤßten Feldherren
von Agamemnon an bis auf den Herzog von
Braunſchweig und den Prinzen von Co-
burg gewaltige Schnitzer begangen haben im Krie-
ge, Schnitzer, woruͤber ſich jezt der geringſte Kor-
poral wundert. Daher habe ich folgenden Grund-
ſatz niemals als unumſtoͤßlich annehmen koͤnnen:
Was dieſer oder jener große General that, das
war recht gethan:
Denn ſonſt muͤßte ich ja auch die Belagerung von
Maynz fuͤr ein Meiſterſtuͤck halten; und das war
ſie doch wohl nicht!
Was die Herren Philoſophen betrift, die allein
weiſe ſind, wie ſie meynen: ſo bin ich uͤberzeugt,
daß Marcus Tullius recht hat, wenn er
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/372>, abgerufen am 25.11.2024.
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