pertsheim kennen. Wenn mehrere Männer, wie diese beyde, in der Pfalz wären, ich söhnte mich, wie ich glaube, mit der reformirten Geistlichkeit dort am Rhein ganz wieder aus. Ich wüßte nicht, was ich darum gäbe, daß Pastor Braun das Betragen der Franzosen -- Doch wir sind und blei- ben deswegen doch Freunde.
Weil ich so nahe an meinem Geburtsorte war, wollte ich einmal dahin gehen und meine gute Mut- ter besuchen. Es war zwar aufs schärfste verboten, jemand aus den Kantonuirungsquartieren heraus zu lassen weiter als eine halbe Stunde: allein mein Hauptmann wirkte mir die Erlaubniß, meine Mut- ter zu besuchen, bey dem General Wolfframs- dorf aus, und ich lief noch in der Nacht, so daß ich gegen zwey Uhr in Wendelsheim ankam. Ich hatte den Schulmeister Forcher herausgepocht, um von diesem zu erfahren, wo meine Mutter wohl wohnte. Diese ehrliche Haut und mein ehemali- ger Kumpan bey meinen Jugendstreichen war herz- lich froh, daß er mich wieder sah, und begleitete mich zu meiner Mutter. Die gute Alte konnte an- fänglich vor Thränen nicht reden, als sie aber der Sprache wieder mächtig ward, bewies sie mir ihre Freude über meinen Besuch durch tausend Manie- ren. Auch meine alte Tante lebte noch. Man er- stickte mich beynahe mit Fragen; und wenn ich alles
pertsheim kennen. Wenn mehrere Maͤnner, wie dieſe beyde, in der Pfalz waͤren, ich ſoͤhnte mich, wie ich glaube, mit der reformirten Geiſtlichkeit dort am Rhein ganz wieder aus. Ich wuͤßte nicht, was ich darum gaͤbe, daß Paſtor Braun das Betragen der Franzoſen — Doch wir ſind und blei- ben deswegen doch Freunde.
Weil ich ſo nahe an meinem Geburtsorte war, wollte ich einmal dahin gehen und meine gute Mut- ter beſuchen. Es war zwar aufs ſchaͤrfſte verboten, jemand aus den Kantonuirungsquartieren heraus zu laſſen weiter als eine halbe Stunde: allein mein Hauptmann wirkte mir die Erlaubniß, meine Mut- ter zu beſuchen, bey dem General Wolfframs- dorf aus, und ich lief noch in der Nacht, ſo daß ich gegen zwey Uhr in Wendelsheim ankam. Ich hatte den Schulmeiſter Forcher herausgepocht, um von dieſem zu erfahren, wo meine Mutter wohl wohnte. Dieſe ehrliche Haut und mein ehemali- ger Kumpan bey meinen Jugendſtreichen war herz- lich froh, daß er mich wieder ſah, und begleitete mich zu meiner Mutter. Die gute Alte konnte an- faͤnglich vor Thraͤnen nicht reden, als ſie aber der Sprache wieder maͤchtig ward, bewies ſie mir ihre Freude uͤber meinen Beſuch durch tauſend Manie- ren. Auch meine alte Tante lebte noch. Man er- ſtickte mich beynahe mit Fragen; und wenn ich alles
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pertsheim kennen. Wenn mehrere Maͤnner, wie
dieſe beyde, in der Pfalz waͤren, ich ſoͤhnte mich,
wie ich glaube, mit der reformirten Geiſtlichkeit
dort am Rhein ganz wieder aus. Ich wuͤßte nicht,
was ich darum gaͤbe, daß Paſtor Braun das
Betragen der Franzoſen — Doch wir ſind und blei-
ben deswegen doch Freunde.
Weil ich ſo nahe an meinem Geburtsorte war,
wollte ich einmal dahin gehen und meine gute Mut-
ter beſuchen. Es war zwar aufs ſchaͤrfſte verboten,
jemand aus den Kantonuirungsquartieren heraus
zu laſſen weiter als eine halbe Stunde: allein mein
Hauptmann wirkte mir die Erlaubniß, meine Mut-
ter zu beſuchen, bey dem General Wolfframs-
dorf aus, und ich lief noch in der Nacht, ſo daß
ich gegen zwey Uhr in Wendelsheim ankam. Ich
hatte den Schulmeiſter Forcher herausgepocht,
um von dieſem zu erfahren, wo meine Mutter wohl
wohnte. Dieſe ehrliche Haut und mein ehemali-
ger Kumpan bey meinen Jugendſtreichen war herz-
lich froh, daß er mich wieder ſah, und begleitete
mich zu meiner Mutter. Die gute Alte konnte an-
faͤnglich vor Thraͤnen nicht reden, als ſie aber der
Sprache wieder maͤchtig ward, bewies ſie mir ihre
Freude uͤber meinen Beſuch durch tauſend Manie-
ren. Auch meine alte Tante lebte noch. Man er-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/342>, abgerufen am 22.11.2024.
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