Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

sonst der Wittwensitz der Pfalzgräfinnen war. Der
verstorbene Heidelberger Rektor Andreä hat eine
lesenswürdige Abhandlung, Baccararum palatinum
geschrieben, worin der Liebhaber der Alterthümer
und der Naturgeschichte manches zu seinem Unter-
richte und Vergnügen finden kann.

Ich kann mir es noch nicht recht erklären, war-
um die Franzosen uns so ganz ungehindert über
den Rhein gehen, und bis Kreuznach und Strom-
berg vorrücken ließen. Es war wohl blos Sorglo-
sigkeit ihrer Anführer, und gar zu großes Zutrauen
des Generals Neuwinger auf seine Schanze bey
Kreuznach und auf die Postirungen bey Stromberg
und Bingen. Bey Stromberg und Bingen kostete
es den Preußen wenig Mühe, die Franzosen weg-
zujagen: ein panischer Schreck hatte sie einmal be-
fallen.

Der Leutnant Govin vom Bataillon Schenk,
jezt Wedel, den ich von Halle aus persönlich
kannte, verlohr ohnweit Stromberg sein Leben.
Er hätte sich durch die Flucht oder durch Ergebung
an die Franzosen retten können, aber er wehrte sich,
bis er der Uebermacht erlag. Selbst der Feind hat
von diesem jungen Helden mit Achtung und Be-
wunderung gesprochen. Ich erzählte lange hernach
die bewiesene Tapferkeit dieses Offiziers in Gegen-

Dritter Theil. X

ſonſt der Wittwenſitz der Pfalzgraͤfinnen war. Der
verſtorbene Heidelberger Rektor Andreaͤ hat eine
leſenswuͤrdige Abhandlung, Baccararum palatinum
geſchrieben, worin der Liebhaber der Alterthuͤmer
und der Naturgeſchichte manches zu ſeinem Unter-
richte und Vergnuͤgen finden kann.

Ich kann mir es noch nicht recht erklaͤren, war-
um die Franzoſen uns ſo ganz ungehindert uͤber
den Rhein gehen, und bis Kreuznach und Strom-
berg vorruͤcken ließen. Es war wohl blos Sorglo-
ſigkeit ihrer Anfuͤhrer, und gar zu großes Zutrauen
des Generals Neuwinger auf ſeine Schanze bey
Kreuznach und auf die Poſtirungen bey Stromberg
und Bingen. Bey Stromberg und Bingen koſtete
es den Preußen wenig Muͤhe, die Franzoſen weg-
zujagen: ein paniſcher Schreck hatte ſie einmal be-
fallen.

Der Leutnant Govin vom Bataillon Schenk,
jezt Wedel, den ich von Halle aus perſoͤnlich
kannte, verlohr ohnweit Stromberg ſein Leben.
Er haͤtte ſich durch die Flucht oder durch Ergebung
an die Franzoſen retten koͤnnen, aber er wehrte ſich,
bis er der Uebermacht erlag. Selbſt der Feind hat
von dieſem jungen Helden mit Achtung und Be-
wunderung geſprochen. Ich erzaͤhlte lange hernach
die bewieſene Tapferkeit dieſes Offiziers in Gegen-

Dritter Theil. X
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0333" n="321"/>
&#x017F;on&#x017F;t der Wittwen&#x017F;itz der Pfalzgra&#x0364;finnen war. Der<lb/>
ver&#x017F;torbene Heidelberger Rektor <hi rendition="#g">Andrea&#x0364;</hi> hat eine<lb/>
le&#x017F;enswu&#x0364;rdige Abhandlung, <hi rendition="#aq">Baccararum palatinum</hi><lb/>
ge&#x017F;chrieben, worin der Liebhaber der Alterthu&#x0364;mer<lb/>
und der Naturge&#x017F;chichte manches zu &#x017F;einem Unter-<lb/>
richte und Vergnu&#x0364;gen finden kann.</p><lb/>
        <p>Ich kann mir es noch nicht recht erkla&#x0364;ren, war-<lb/>
um die Franzo&#x017F;en uns &#x017F;o ganz ungehindert u&#x0364;ber<lb/>
den Rhein gehen, und bis Kreuznach und Strom-<lb/>
berg vorru&#x0364;cken ließen. Es war wohl blos Sorglo-<lb/>
&#x017F;igkeit ihrer Anfu&#x0364;hrer, und gar zu großes Zutrauen<lb/>
des Generals <hi rendition="#g">Neuwinger</hi> auf &#x017F;eine Schanze bey<lb/>
Kreuznach und auf die Po&#x017F;tirungen bey Stromberg<lb/>
und Bingen. Bey Stromberg und Bingen ko&#x017F;tete<lb/>
es den Preußen wenig Mu&#x0364;he, die Franzo&#x017F;en weg-<lb/>
zujagen: ein pani&#x017F;cher Schreck hatte &#x017F;ie einmal be-<lb/>
fallen.</p><lb/>
        <p>Der Leutnant <hi rendition="#g">Govin</hi> vom Bataillon <hi rendition="#g">Schenk</hi>,<lb/>
jezt <hi rendition="#g">Wedel</hi>, den ich von Halle aus per&#x017F;o&#x0364;nlich<lb/>
kannte, verlohr ohnweit Stromberg &#x017F;ein Leben.<lb/>
Er ha&#x0364;tte &#x017F;ich durch die Flucht oder durch Ergebung<lb/>
an die Franzo&#x017F;en retten ko&#x0364;nnen, aber er wehrte &#x017F;ich,<lb/>
bis er der Uebermacht erlag. Selb&#x017F;t der Feind hat<lb/>
von die&#x017F;em jungen Helden mit Achtung und Be-<lb/>
wunderung ge&#x017F;prochen. Ich erza&#x0364;hlte lange hernach<lb/>
die bewie&#x017F;ene Tapferkeit die&#x017F;es Offiziers in Gegen-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Dritter Theil. X</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0333] ſonſt der Wittwenſitz der Pfalzgraͤfinnen war. Der verſtorbene Heidelberger Rektor Andreaͤ hat eine leſenswuͤrdige Abhandlung, Baccararum palatinum geſchrieben, worin der Liebhaber der Alterthuͤmer und der Naturgeſchichte manches zu ſeinem Unter- richte und Vergnuͤgen finden kann. Ich kann mir es noch nicht recht erklaͤren, war- um die Franzoſen uns ſo ganz ungehindert uͤber den Rhein gehen, und bis Kreuznach und Strom- berg vorruͤcken ließen. Es war wohl blos Sorglo- ſigkeit ihrer Anfuͤhrer, und gar zu großes Zutrauen des Generals Neuwinger auf ſeine Schanze bey Kreuznach und auf die Poſtirungen bey Stromberg und Bingen. Bey Stromberg und Bingen koſtete es den Preußen wenig Muͤhe, die Franzoſen weg- zujagen: ein paniſcher Schreck hatte ſie einmal be- fallen. Der Leutnant Govin vom Bataillon Schenk, jezt Wedel, den ich von Halle aus perſoͤnlich kannte, verlohr ohnweit Stromberg ſein Leben. Er haͤtte ſich durch die Flucht oder durch Ergebung an die Franzoſen retten koͤnnen, aber er wehrte ſich, bis er der Uebermacht erlag. Selbſt der Feind hat von dieſem jungen Helden mit Achtung und Be- wunderung geſprochen. Ich erzaͤhlte lange hernach die bewieſene Tapferkeit dieſes Offiziers in Gegen- Dritter Theil. X

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/333
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/333>, abgerufen am 22.11.2024.