vorwärts machten, und hernach wieder eine Stunde, auch wohl länger, im Kothe herum stille lagen, wie die Schweine. Ich wurde, so wenig mich sonst Strapatzen niederbeugen, auf diesem elenden Marsche so unmuthig, daß ich meine Lage verwünschte, und gewiß, wäre ich nicht so erschöpft gewesen, zu den Franzosen übergangen wäre, so sehr ich die Desertion sonst auch hasse.
Endlich erreichten wir ein Dorf, l'Entree ge- nannt, worin der König sein Hauptquartier nahm, und wobey wir unser Lager aufschlagen sollten. Aber unsre Packpferde waren aus Furcht vor den Fran- zosen zurückgeblieben, und wir mußten nun da un- ter dem freyen Himmel liegen bleiben bis Nachts zwölf Uhr. Wir machten freilich Feuer an und holten dazu aus dem Dorfe l'Entree heraus, was wir in der finstern Nacht von Holz finden konnten -- Stühle, Bänke, Tische und anderes Geräthe. Aber diese Feuer, so höllenmäßig sie auch aussahen, waren doch nicht hinlänglich, uns gegen den fürch- terlichen Wind, und den abscheulichen Regen zu sichern.
Dieser Regen fing sogleich an, als wir die Zelter aufgerichtet, und uns auf die blanke Erde -- denn Stroh konnten wir in der Nacht doch nicht holen -- hineingelegt hatten, und er wurde so heftig, daß das Wasser von allen Seiten in die Zelter eindrang
vorwaͤrts machten, und hernach wieder eine Stunde, auch wohl laͤnger, im Kothe herum ſtille lagen, wie die Schweine. Ich wurde, ſo wenig mich ſonſt Strapatzen niederbeugen, auf dieſem elenden Marſche ſo unmuthig, daß ich meine Lage verwuͤnſchte, und gewiß, waͤre ich nicht ſo erſchoͤpft geweſen, zu den Franzoſen uͤbergangen waͤre, ſo ſehr ich die Deſertion ſonſt auch haſſe.
Endlich erreichten wir ein Dorf, l'Entrée ge- nannt, worin der Koͤnig ſein Hauptquartier nahm, und wobey wir unſer Lager aufſchlagen ſollten. Aber unſre Packpferde waren aus Furcht vor den Fran- zoſen zuruͤckgeblieben, und wir mußten nun da un- ter dem freyen Himmel liegen bleiben bis Nachts zwoͤlf Uhr. Wir machten freilich Feuer an und holten dazu aus dem Dorfe l'Entrée heraus, was wir in der finſtern Nacht von Holz finden konnten — Stuͤhle, Baͤnke, Tiſche und anderes Geraͤthe. Aber dieſe Feuer, ſo hoͤllenmaͤßig ſie auch ausſahen, waren doch nicht hinlaͤnglich, uns gegen den fuͤrch- terlichen Wind, und den abſcheulichen Regen zu ſichern.
Dieſer Regen fing ſogleich an, als wir die Zelter aufgerichtet, und uns auf die blanke Erde — denn Stroh konnten wir in der Nacht doch nicht holen — hineingelegt hatten, und er wurde ſo heftig, daß das Waſſer von allen Seiten in die Zelter eindrang
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vorwaͤrts machten, und hernach wieder eine
Stunde, auch wohl laͤnger, im Kothe herum ſtille
lagen, wie die Schweine. Ich wurde, ſo wenig
mich ſonſt Strapatzen niederbeugen, auf dieſem
elenden Marſche ſo unmuthig, daß ich meine Lage
verwuͤnſchte, und gewiß, waͤre ich nicht ſo erſchoͤpft
geweſen, zu den Franzoſen uͤbergangen waͤre, ſo
ſehr ich die Deſertion ſonſt auch haſſe.
Endlich erreichten wir ein Dorf, l'Entrée ge-
nannt, worin der Koͤnig ſein Hauptquartier nahm,
und wobey wir unſer Lager aufſchlagen ſollten. Aber
unſre Packpferde waren aus Furcht vor den Fran-
zoſen zuruͤckgeblieben, und wir mußten nun da un-
ter dem freyen Himmel liegen bleiben bis Nachts
zwoͤlf Uhr. Wir machten freilich Feuer an und
holten dazu aus dem Dorfe l'Entrée heraus, was
wir in der finſtern Nacht von Holz finden konnten
— Stuͤhle, Baͤnke, Tiſche und anderes Geraͤthe.
Aber dieſe Feuer, ſo hoͤllenmaͤßig ſie auch ausſahen,
waren doch nicht hinlaͤnglich, uns gegen den fuͤrch-
terlichen Wind, und den abſcheulichen Regen zu
ſichern.
Dieſer Regen fing ſogleich an, als wir die Zelter
aufgerichtet, und uns auf die blanke Erde — denn
Stroh konnten wir in der Nacht doch nicht holen —
hineingelegt hatten, und er wurde ſo heftig, daß
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/153>, abgerufen am 21.11.2024.
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