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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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konnte. Ich benuzte diese Gelegenheit, und fand,
daß die Leute den Muth noch gar nicht verlohren
hatten. Les ennemis se retireront, et nous voila
libres,
riefen sie und pfiffen eins dazu.

Der Verfasser der Briefe eines Preußischen
Augenzeugen, welcher eben so, wie ich, den Feldzug
des Herzogs von Braunschweig mitgemacht hat,
erwähnet im ersten Packt einer sehr schönen Kauf-
mannsfrau in Verdun. Diese Dame habe ich auch
mehrmals gesehen, welches sehr leicht war, da sie
gewöhnlich am Fenster paradirte. Sie war, wie
mich dünkt, und wie sie auch vielen andern vorge-
kommen ist, eine vollendete Schönheit, aber auch
eine tüchtige Kokette. Anfangs flatterten unsere
jungen Offizierchen um sie herum, aber bald fan-
den sich recht große junge Herren -- ich sage,
junge Herren -- bey der Madame ein, und die
Offizierchen fuhren ab. -- Wie herablassend Ma-
dame gewesen sey -- weis ich nicht, sie hatte aber
recht viel Preußisches Gold. Ihr Mann hat als
Kaufmann das Ding so genau nicht genommen.

Andre Frauenzimmer in Verdun waren auch
nicht unerbittlich, ob ich gleich ihnen überhaupt
zur Ehre nachsagen muß, daß unter ihnen viele
Sittsamkeit herrschte.



konnte. Ich benuzte dieſe Gelegenheit, und fand,
daß die Leute den Muth noch gar nicht verlohren
hatten. Les ennemis ſe retireront, et nous voilà
libres,
riefen ſie und pfiffen eins dazu.

Der Verfaſſer der Briefe eines Preußiſchen
Augenzeugen, welcher eben ſo, wie ich, den Feldzug
des Herzogs von Braunſchweig mitgemacht hat,
erwaͤhnet im erſten Packt einer ſehr ſchoͤnen Kauf-
mannsfrau in Verdun. Dieſe Dame habe ich auch
mehrmals geſehen, welches ſehr leicht war, da ſie
gewoͤhnlich am Fenſter paradirte. Sie war, wie
mich duͤnkt, und wie ſie auch vielen andern vorge-
kommen iſt, eine vollendete Schoͤnheit, aber auch
eine tuͤchtige Kokette. Anfangs flatterten unſere
jungen Offizierchen um ſie herum, aber bald fan-
den ſich recht große junge Herren — ich ſage,
junge Herren — bey der Madame ein, und die
Offizierchen fuhren ab. — Wie herablaſſend Ma-
dame geweſen ſey — weis ich nicht, ſie hatte aber
recht viel Preußiſches Gold. Ihr Mann hat als
Kaufmann das Ding ſo genau nicht genommen.

Andre Frauenzimmer in Verdun waren auch
nicht unerbittlich, ob ich gleich ihnen uͤberhaupt
zur Ehre nachſagen muß, daß unter ihnen viele
Sittſamkeit herrſchte.



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[139/0151] konnte. Ich benuzte dieſe Gelegenheit, und fand, daß die Leute den Muth noch gar nicht verlohren hatten. Les ennemis ſe retireront, et nous voilà libres, riefen ſie und pfiffen eins dazu. Der Verfaſſer der Briefe eines Preußiſchen Augenzeugen, welcher eben ſo, wie ich, den Feldzug des Herzogs von Braunſchweig mitgemacht hat, erwaͤhnet im erſten Packt einer ſehr ſchoͤnen Kauf- mannsfrau in Verdun. Dieſe Dame habe ich auch mehrmals geſehen, welches ſehr leicht war, da ſie gewoͤhnlich am Fenſter paradirte. Sie war, wie mich duͤnkt, und wie ſie auch vielen andern vorge- kommen iſt, eine vollendete Schoͤnheit, aber auch eine tuͤchtige Kokette. Anfangs flatterten unſere jungen Offizierchen um ſie herum, aber bald fan- den ſich recht große junge Herren — ich ſage, junge Herren — bey der Madame ein, und die Offizierchen fuhren ab. — Wie herablaſſend Ma- dame geweſen ſey — weis ich nicht, ſie hatte aber recht viel Preußiſches Gold. Ihr Mann hat als Kaufmann das Ding ſo genau nicht genommen. Andre Frauenzimmer in Verdun waren auch nicht unerbittlich, ob ich gleich ihnen uͤberhaupt zur Ehre nachſagen muß, daß unter ihnen viele Sittſamkeit herrſchte.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/151>, abgerufen am 24.11.2024.