das Ding näher erzählen. Herr von H... hatte in der Gesellschaft seiner Schwester einige Bekanntschaf- ten gemacht und dies ohne den Herrn von F... und mich. Wir beide schwärmten lieber herum und mach- ten Connässansen mit jungen Fentchen auf Koffee- häusern und Kneipen.
Eines Abends kamen wir spät zu Hause und fanden den Herrn von H... beinahe wie verrückt: er faselte wirklich, sprach von nichts als Sternen, silbernem Mond, Sympathie und andern Faxen. Wir lachten ihn aus. Endlich brach er aus vollem Herzen los und gestand, daß ihn das Feuer der Au- gen einer Subrette, welche bei einem gewissen vor- nehmen Herrn diene, bezaubert hätte. Ich rieth ihm, an das Mädchen zu schreiben, weil eine Schrei- berei in solchen Fällen vortreflich wirke. Ich bot mich auch an, seinen Brief zu bestellen, doch ohne zu glauben, daß ich einen Auftrag dieser Art von ihm ernstlich erhalten würde. Allein mein Herr Ba- ron hielt mich beim Wort. Er künstelte einen fran- zösischen Brief zusammen, den ich hernach orthogra- phisch berichtigen mußte, und beschrieb darin der Dulzinea seinen Herzensdrang recht Siegwartisch. Ich mußte, so sehr ich mich sträubte, die Bestellung übernehmen; aber da entstand ein Skrupel bei mir: Wie, dachte ich, wenn der Herr der Subrette dich grob abweisen, vielleicht gar insultiren läßt, was
das Ding naͤher erzaͤhlen. Herr von H... hatte in der Geſellſchaft ſeiner Schweſter einige Bekanntſchaf- ten gemacht und dies ohne den Herrn von F... und mich. Wir beide ſchwaͤrmten lieber herum und mach- ten Connaͤſſanſen mit jungen Fentchen auf Koffee- haͤuſern und Kneipen.
Eines Abends kamen wir ſpaͤt zu Hauſe und fanden den Herrn von H... beinahe wie verruͤckt: er faſelte wirklich, ſprach von nichts als Sternen, ſilbernem Mond, Sympathie und andern Faxen. Wir lachten ihn aus. Endlich brach er aus vollem Herzen los und geſtand, daß ihn das Feuer der Au- gen einer Subrette, welche bei einem gewiſſen vor- nehmen Herrn diene, bezaubert haͤtte. Ich rieth ihm, an das Maͤdchen zu ſchreiben, weil eine Schrei- berei in ſolchen Faͤllen vortreflich wirke. Ich bot mich auch an, ſeinen Brief zu beſtellen, doch ohne zu glauben, daß ich einen Auftrag dieſer Art von ihm ernſtlich erhalten wuͤrde. Allein mein Herr Ba- ron hielt mich beim Wort. Er kuͤnſtelte einen fran- zoͤſiſchen Brief zuſammen, den ich hernach orthogra- phiſch berichtigen mußte, und beſchrieb darin der Dulzinea ſeinen Herzensdrang recht Siegwartiſch. Ich mußte, ſo ſehr ich mich ſtraͤubte, die Beſtellung uͤbernehmen; aber da entſtand ein Skrupel bei mir: Wie, dachte ich, wenn der Herr der Subrette dich grob abweiſen, vielleicht gar inſultiren laͤßt, was
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das Ding naͤher erzaͤhlen. Herr von H... hatte in
der Geſellſchaft ſeiner Schweſter einige Bekanntſchaf-
ten gemacht und dies ohne den Herrn von F... und
mich. Wir beide ſchwaͤrmten lieber herum und mach-
ten Connaͤſſanſen mit jungen Fentchen auf Koffee-
haͤuſern und Kneipen.
Eines Abends kamen wir ſpaͤt zu Hauſe und
fanden den Herrn von H... beinahe wie verruͤckt:
er faſelte wirklich, ſprach von nichts als Sternen,
ſilbernem Mond, Sympathie und andern Faxen.
Wir lachten ihn aus. Endlich brach er aus vollem
Herzen los und geſtand, daß ihn das Feuer der Au-
gen einer Subrette, welche bei einem gewiſſen vor-
nehmen Herrn diene, bezaubert haͤtte. Ich rieth
ihm, an das Maͤdchen zu ſchreiben, weil eine Schrei-
berei in ſolchen Faͤllen vortreflich wirke. Ich bot
mich auch an, ſeinen Brief zu beſtellen, doch ohne
zu glauben, daß ich einen Auftrag dieſer Art von
ihm ernſtlich erhalten wuͤrde. Allein mein Herr Ba-
ron hielt mich beim Wort. Er kuͤnſtelte einen fran-
zoͤſiſchen Brief zuſammen, den ich hernach orthogra-
phiſch berichtigen mußte, und beſchrieb darin der
Dulzinea ſeinen Herzensdrang recht Siegwartiſch.
Ich mußte, ſo ſehr ich mich ſtraͤubte, die Beſtellung
uͤbernehmen; aber da entſtand ein Skrupel bei mir:
Wie, dachte ich, wenn der Herr der Subrette dich
grob abweiſen, vielleicht gar inſultiren laͤßt, was
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/66>, abgerufen am 24.11.2024.
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