nen Antheil an unserm Zufall. Auf unsere Frage, wie es mit uns werden würde? erwiederte er: das käme darauf an, ob der Gouverneur die Sache un- tersuchen würde, oder nicht. Im letztern Falle würde das Ding nicht viel zu bedeuten haben; im erstern aber könnte eine Strafe von einigen Mona- ten Arrest noch immer als gelinde angesehen wer- den. Mit diesem Trost verließ er uns, versprach aber für uns zu thun, was er könnte; wenig stens wollte er mit dem wachhabenden Officier sprechen, daß er nicht stark auf Genugthuung dringen möchte.
Wir waren sehr en peine, als plötzlich ein Weinhändler von Frankfurt am [M]ain in unsere pri- son trat und uns ankündigte, daß wir frei wären und man uns in einer halben Stunde entlassen wür- de. Dieser Mann, Herr Wehsarg, war ein Freimaurer; er hatte im Löwen auch nebst noch ei- nem Freimaurer logirt. Mich kannte er schon längst; denn sein Vetter war Pfarrer in unserer Grafschaft -- einer von den wenigen, die das Hirn nicht erfroren hatten -- und den Baron hatte er in Metz erst kennen lernen. Sobald er unser Spekta- kel erfahren hatte, war er gleich zu Officiren gegan- gen, die auch macons waren. Bei diesen sollicitirte er für uns und war so glücklich, daß das schon be- stellte Verhör abgesagt und die Sache unterdrückt
nen Antheil an unſerm Zufall. Auf unſere Frage, wie es mit uns werden wuͤrde? erwiederte er: das kaͤme darauf an, ob der Gouverneur die Sache un- terſuchen wuͤrde, oder nicht. Im letztern Falle wuͤrde das Ding nicht viel zu bedeuten haben; im erſtern aber koͤnnte eine Strafe von einigen Mona- ten Arreſt noch immer als gelinde angeſehen wer- den. Mit dieſem Troſt verließ er uns, verſprach aber fuͤr uns zu thun, was er koͤnnte; wenig ſtens wollte er mit dem wachhabenden Officier ſprechen, daß er nicht ſtark auf Genugthuung dringen moͤchte.
Wir waren ſehr en peine, als ploͤtzlich ein Weinhaͤndler von Frankfurt am [M]ain in unſere pri- ſon trat und uns ankuͤndigte, daß wir frei waͤren und man uns in einer halben Stunde entlaſſen wuͤr- de. Dieſer Mann, Herr Wehſarg, war ein Freimaurer; er hatte im Loͤwen auch nebſt noch ei- nem Freimaurer logirt. Mich kannte er ſchon laͤngſt; denn ſein Vetter war Pfarrer in unſerer Grafſchaft — einer von den wenigen, die das Hirn nicht erfroren hatten — und den Baron hatte er in Metz erſt kennen lernen. Sobald er unſer Spekta- kel erfahren hatte, war er gleich zu Officiren gegan- gen, die auch macons waren. Bei dieſen ſollicitirte er fuͤr uns und war ſo gluͤcklich, daß das ſchon be- ſtellte Verhoͤr abgeſagt und die Sache unterdruͤckt
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nen Antheil an unſerm Zufall. Auf unſere Frage,
wie es mit uns werden wuͤrde? erwiederte er: das
kaͤme darauf an, ob der Gouverneur die Sache un-
terſuchen wuͤrde, oder nicht. Im letztern Falle
wuͤrde das Ding nicht viel zu bedeuten haben; im
erſtern aber koͤnnte eine Strafe von einigen Mona-
ten Arreſt noch immer als gelinde angeſehen wer-
den. Mit dieſem Troſt verließ er uns, verſprach
aber fuͤr uns zu thun, was er koͤnnte; wenig
ſtens wollte er mit dem wachhabenden Officier
ſprechen, daß er nicht ſtark auf Genugthuung
dringen moͤchte.
Wir waren ſehr en peine, als ploͤtzlich ein
Weinhaͤndler von Frankfurt am Main in unſere pri-
ſon trat und uns ankuͤndigte, daß wir frei waͤren
und man uns in einer halben Stunde entlaſſen wuͤr-
de. Dieſer Mann, Herr Wehſarg, war ein
Freimaurer; er hatte im Loͤwen auch nebſt noch ei-
nem Freimaurer logirt. Mich kannte er ſchon
laͤngſt; denn ſein Vetter war Pfarrer in unſerer
Grafſchaft — einer von den wenigen, die das Hirn
nicht erfroren hatten — und den Baron hatte er in
Metz erſt kennen lernen. Sobald er unſer Spekta-
kel erfahren hatte, war er gleich zu Officiren gegan-
gen, die auch macons waren. Bei dieſen ſollicitirte
er fuͤr uns und war ſo gluͤcklich, daß das ſchon be-
ſtellte Verhoͤr abgeſagt und die Sache unterdruͤckt
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/64>, abgerufen am 24.11.2024.
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