"Denkst du, dummer Kerl, daß F... so ein Flegel ist, und dich zu einer Reise beschwazt und am Ende dich bezahlen läßt? Meinst du, daß F.... nicht so 'n Bettel für Kleinigkeit hält? Rede mir kein Wort weiter, oder hol mich der Teufel! wir erzürnen uns." -- Ich bin überhaupt dem edlen Baron F... viel schuldig: werd's aber freilich in diesem Leben wol nicht bezahlen können: anzeigen muß ichs indeß doch, damit er sieht, daß ich seine Wohltha- thaten nicht vergessen habe.
Wir brachten noch einige Tage äusserst ver- gnügt in Strasburg zu, und machten uns alsdann auf den Weg nach Wendelsheim.
Mein Vater empfing uns sehr freundlich und mit einer Herzhaftigkeit, welche ich lange an ihm nicht gesehen hatte. Das Ding drang mir in die Seele. Am ersten Abend fing F... an, eine Apo- logie für mich zu machen; aber mein Vater versicher- te, daß er alles vergessen habe, daß er nichts sehn- licher wünsche, als meine Besserung; versorgt und glücklich würde ich schon werden, wenn ich nur woll- te klug seyn. Ich hätte nun meine Hörner abgelau- fen und könnte schon aus eigner Erfahrung Klug- heitsregeln hernehmen. -- Mein Vater sprach noch viel über diese Materie, und seine Worte machten damals Eindruck auf mich; aber leider nicht für die Dauer. Hernach bat er den Baron, ihm anzuzei-
„Denkſt du, dummer Kerl, daß F... ſo ein Flegel iſt, und dich zu einer Reiſe beſchwazt und am Ende dich bezahlen laͤßt? Meinſt du, daß F.... nicht ſo 'n Bettel fuͤr Kleinigkeit haͤlt? Rede mir kein Wort weiter, oder hol mich der Teufel! wir erzuͤrnen uns.“ — Ich bin uͤberhaupt dem edlen Baron F... viel ſchuldig: werd's aber freilich in dieſem Leben wol nicht bezahlen koͤnnen: anzeigen muß ichs indeß doch, damit er ſieht, daß ich ſeine Wohltha- thaten nicht vergeſſen habe.
Wir brachten noch einige Tage aͤuſſerſt ver- gnuͤgt in Strasburg zu, und machten uns alsdann auf den Weg nach Wendelsheim.
Mein Vater empfing uns ſehr freundlich und mit einer Herzhaftigkeit, welche ich lange an ihm nicht geſehen hatte. Das Ding drang mir in die Seele. Am erſten Abend fing F... an, eine Apo- logie fuͤr mich zu machen; aber mein Vater verſicher- te, daß er alles vergeſſen habe, daß er nichts ſehn- licher wuͤnſche, als meine Beſſerung; verſorgt und gluͤcklich wuͤrde ich ſchon werden, wenn ich nur woll- te klug ſeyn. Ich haͤtte nun meine Hoͤrner abgelau- fen und koͤnnte ſchon aus eigner Erfahrung Klug- heitsregeln hernehmen. — Mein Vater ſprach noch viel uͤber dieſe Materie, und ſeine Worte machten damals Eindruck auf mich; aber leider nicht fuͤr die Dauer. Hernach bat er den Baron, ihm anzuzei-
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„Denkſt du, dummer Kerl, daß F... ſo ein Flegel
iſt, und dich zu einer Reiſe beſchwazt und am Ende
dich bezahlen laͤßt? Meinſt du, daß F.... nicht ſo
'n Bettel fuͤr Kleinigkeit haͤlt? Rede mir kein Wort
weiter, oder hol mich der Teufel! wir erzuͤrnen
uns.“ — Ich bin uͤberhaupt dem edlen Baron
F... viel ſchuldig: werd's aber freilich in dieſem
Leben wol nicht bezahlen koͤnnen: anzeigen muß ichs
indeß doch, damit er ſieht, daß ich ſeine Wohltha-
thaten nicht vergeſſen habe.
Wir brachten noch einige Tage aͤuſſerſt ver-
gnuͤgt in Strasburg zu, und machten uns alsdann
auf den Weg nach Wendelsheim.
Mein Vater empfing uns ſehr freundlich und
mit einer Herzhaftigkeit, welche ich lange an ihm
nicht geſehen hatte. Das Ding drang mir in die
Seele. Am erſten Abend fing F... an, eine Apo-
logie fuͤr mich zu machen; aber mein Vater verſicher-
te, daß er alles vergeſſen habe, daß er nichts ſehn-
licher wuͤnſche, als meine Beſſerung; verſorgt und
gluͤcklich wuͤrde ich ſchon werden, wenn ich nur woll-
te klug ſeyn. Ich haͤtte nun meine Hoͤrner abgelau-
fen und koͤnnte ſchon aus eigner Erfahrung Klug-
heitsregeln hernehmen. — Mein Vater ſprach noch
viel uͤber dieſe Materie, und ſeine Worte machten
damals Eindruck auf mich; aber leider nicht fuͤr die
Dauer. Hernach bat er den Baron, ihm anzuzei-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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