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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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über zwei Jahre das Glück gehabt, daß er mich zu
Hause stäts beschäftiget und immer nüchtern gefunden
hat. Die Zufriedenheit, die er darüber bezeugte, war
mir ein süßer Lohn, und spornte mich zum Ausdauern
im Guten fernerhin an.

Alle Gelage konnte ich indessen nicht ganz mei-
den: und wer würde das fordern! Ich konnte nicht
immer ungestöhrt zu Hause arbeiten, hatte nicht im-
mer mit Studenten zu thun, und den Herrn Bis-
pink wollte ich bei seinen Beschäftigungen nicht zu
oft stöhren: also ging ich zu Zeiten und gehe noch
auf den Keller, oder in eine andere honette Gesell-
schaft, wo ich Leute antreffe, die nicht alle Augen-
blicke den lieben Gott, das liebe himmlische Väter-
chen, und dergleichen im Munde führen, oder die
sich nicht um alle Stadtmährlein, um alle Freiereien,
Schlägereien, Saufereien und dergleichen beküm-
mern. Auf dem Keller finde ich fast immer Leute,
mit denen man ein gescheutes Wort sprechen und sich
anständig, auch lehrreich unterhalten kann. Aber
die niedrigen Kneipen, die Knochenkammer und an-
dere heillose Löcher vermeide ich schon seit langer
Zeit. Ich schreibe dies blos für hallische Leser:
denn Auswärtige werden an dieser Apologie wenig
Behagen finden. Sie wissen, wenn man den Bo-
gen zu hoch spannt, bricht er, oder, wie der Latei-
ner sagt:


uͤber zwei Jahre das Gluͤck gehabt, daß er mich zu
Hauſe ſtaͤts beſchaͤftiget und immer nuͤchtern gefunden
hat. Die Zufriedenheit, die er daruͤber bezeugte, war
mir ein ſuͤßer Lohn, und ſpornte mich zum Ausdauern
im Guten fernerhin an.

Alle Gelage konnte ich indeſſen nicht ganz mei-
den: und wer wuͤrde das fordern! Ich konnte nicht
immer ungeſtoͤhrt zu Hauſe arbeiten, hatte nicht im-
mer mit Studenten zu thun, und den Herrn Bis-
pink wollte ich bei ſeinen Beſchaͤftigungen nicht zu
oft ſtoͤhren: alſo ging ich zu Zeiten und gehe noch
auf den Keller, oder in eine andere honette Geſell-
ſchaft, wo ich Leute antreffe, die nicht alle Augen-
blicke den lieben Gott, das liebe himmliſche Vaͤter-
chen, und dergleichen im Munde fuͤhren, oder die
ſich nicht um alle Stadtmaͤhrlein, um alle Freiereien,
Schlaͤgereien, Saufereien und dergleichen bekuͤm-
mern. Auf dem Keller finde ich faſt immer Leute,
mit denen man ein geſcheutes Wort ſprechen und ſich
anſtaͤndig, auch lehrreich unterhalten kann. Aber
die niedrigen Kneipen, die Knochenkammer und an-
dere heilloſe Loͤcher vermeide ich ſchon ſeit langer
Zeit. Ich ſchreibe dies blos fuͤr halliſche Leſer:
denn Auswaͤrtige werden an dieſer Apologie wenig
Behagen finden. Sie wiſſen, wenn man den Bo-
gen zu hoch ſpannt, bricht er, oder, wie der Latei-
ner ſagt:


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[475[477]/0479] uͤber zwei Jahre das Gluͤck gehabt, daß er mich zu Hauſe ſtaͤts beſchaͤftiget und immer nuͤchtern gefunden hat. Die Zufriedenheit, die er daruͤber bezeugte, war mir ein ſuͤßer Lohn, und ſpornte mich zum Ausdauern im Guten fernerhin an. Alle Gelage konnte ich indeſſen nicht ganz mei- den: und wer wuͤrde das fordern! Ich konnte nicht immer ungeſtoͤhrt zu Hauſe arbeiten, hatte nicht im- mer mit Studenten zu thun, und den Herrn Bis- pink wollte ich bei ſeinen Beſchaͤftigungen nicht zu oft ſtoͤhren: alſo ging ich zu Zeiten und gehe noch auf den Keller, oder in eine andere honette Geſell- ſchaft, wo ich Leute antreffe, die nicht alle Augen- blicke den lieben Gott, das liebe himmliſche Vaͤter- chen, und dergleichen im Munde fuͤhren, oder die ſich nicht um alle Stadtmaͤhrlein, um alle Freiereien, Schlaͤgereien, Saufereien und dergleichen bekuͤm- mern. Auf dem Keller finde ich faſt immer Leute, mit denen man ein geſcheutes Wort ſprechen und ſich anſtaͤndig, auch lehrreich unterhalten kann. Aber die niedrigen Kneipen, die Knochenkammer und an- dere heilloſe Loͤcher vermeide ich ſchon ſeit langer Zeit. Ich ſchreibe dies blos fuͤr halliſche Leſer: denn Auswaͤrtige werden an dieſer Apologie wenig Behagen finden. Sie wiſſen, wenn man den Bo- gen zu hoch ſpannt, bricht er, oder, wie der Latei- ner ſagt:

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 475[477]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/479>, abgerufen am 25.11.2024.